Wie man die Wasserversorgung digital macht
Interview mit Martin Lange, Geschäftsleitung Vertrieb und Marketing BEULCO GmbH & Co. KG
Wirtschaftsforum: Herr Lange, BEULCO gehört zu den europaweit führenden Anbietern von Lösungen für eine sichere Trinkwasserversorgung. Was genau umfasst das Leistungsspektrum Ihres Unternehmens?
Martin Lange: Wir bieten Systeme in den Bereichen Hausanschlusstechnik und mobile Wasserverteilung, zum Beispiel für Märkte oder Veranstaltungen. Außerdem haben wir ein Programm für die Industrie und OEM-Hersteller. Neu im Sortiment sind Desinfektionslösungen, die wir unter dem Namen BEUCO Clean vermarkten, und intelligente, digitale Wasserversorgungssysteme.
Wirtschaftsforum: Sie sind seit über 70 Jahren in diesem Markt aktiv. Wie hat alles angefangen?
Martin Lange: Karl Beul hat das Unternehmen im Jahr 1950 gegründet. In einer kleinen Werkstatt in Attendorn hat er mit der Produktion von Messingarmaturen und Rohrverbindungen für die Wasserversorgung begonnen. Bei uns schwingt diese Tradition noch mit, aber über die Jahre hat sich das Portfolio erweitert. Inzwischen ist die dritte Generation der Familie Beul am Ruder. Axel Beul hat 2009 alle Anteile übernommen, um die Firma für die Familie und die Mitarbeiter zu erhalten. Außerdem hat er externe Geschäftsführer eingesetzt, um ein professionelles Management zu gewährleisten.
Wirtschaftsforum: Wie hat sich dies geäußert?
Martin Lange: Es ging von da an deutlich strategischer zu. 2012 haben wir BEULCO Change eingeführt, eine Strategie für die Umsetzung von abteilungsübergreifenden Projekten. 2015 kam BEULCO in Motion als umfassende Unternehmensstrategie: Was wollen wir, wo wollen wir hin? In der Folge haben wir neue Produktbereiche aufgebaut und darüber hinaus externe Produkte von namhaften Herstellern in das Sortiment integriert.
Wirtschaftsforum: Inwieweit spielt die Digitalisierung in Ihrem Bereich eine Rolle?
Martin Lange: Damit beschäftigt sich unsere aktuelle Strategie: BEULCO 2025. Das ist im Kern eine Digitalisierungsstrategie. Dabei geht es um Industrie 4.0, Automatisierung, Produktionsoptimierung und Effizienzsteigerung, aber auch um einen abteilungsübergreifenden kulturellen Wandel. Agiles Arbeiten, Prozessoptimierung und Innovationen vorantreiben sind hier die Stichpunkte. Man muss die gesamte Organisation mitnehmen; Digitalisierung heißt Offenheit und Transparenz. Seit zwei Jahren führen wir regelmäßig Open-Space-Veranstaltungen durch, um alle Mitarbeitenden einzubeziehen. Digitalisierung bedeutet für uns eine ganzheitliche Transformation des Unternehmens. Wir sind zum Beispiel in unserer Branche inzwischen Vorreiter im E-Commerce. Darüber hinaus digitalisieren wir immer mehr Produkte; daraus entstand iQ Water Solutions, unsere Marke für digitale Systeme für eine intelligente Wasserversorgung. So haben wir uns im Laufe der Zeit vom Hersteller von Messingkomponenten zum Komplettanbieter von Lösungen für eine sichere, effiziente Trinkwasserversorgung entwickelt.
Wirtschaftsforum: Können Sie ein Beispiel geben für digitale Wasserversorgungssysteme?
Martin Lange: Unser iQ TrackIT Standrohrmanagement ermöglicht Wasserversorgern eine umfassende Standrohr- und Vertragsverwaltung. So lassen sich zum Beispiel Beeinträchtigungen des Trinkwassers oder des Verteilungsnetzes schnell identifizieren. Das ist aber erst der Anfang. Die digitale Transformation ist ein andauernder Prozess, das Fundament steht und jetzt errichten wir das Gebäude. In manchen Bereichen sind wir schon auf dem Dach. Die Nachfrage bei Kunden für smarte digitale Lösungen steigt, gerade große Wasserversorger tun jetzt etwas. Wir sind ein digitaler Treiber in unserer Branche.
Wirtschaftsforum: Neben den digitalen Lösungen haben Sie einen zweiten Geschäftsbereich neu aufgebaut: BEULCO Clean. Was verbirgt sich dahinter?
Martin Lange: BEULCO Clean beinhaltet Lösungen für die Trinkwasserhygiene und Desinfektion. Mit der Pandemie ist die Nachfrage nach Desinfektionslösungen sprunghaft angestiegen. Unser Basisgeschäft war relativ stabil, außer im Bereich mobile Wasserversorgung, da es ja kaum noch Feste und Veranstaltungen gab. Aber den Rückgang konnten wir durch den Bereich Desinfektion mehr als ausgleichen. Wir hatten schon länger Desinfektionsmittel für Trinkwasser, zum Beispiel für Standrohre, aber vor zwei Jahren haben wir erkannt, dass mehr dahintersteckt. Wir haben deshalb einen staatlich anerkannten Desinfektor ausgebildet und innerhalb von nur sechs Wochen eine eigene Marke aufgebaut, mit allem, was dazugehört, inklusive Vertrieb. Unsere Desinfektionsmittel gibt es heute zum Beispiel in jedem DM-Drogeriemarkt in Deutschland. Innerhalb kürzester Zeit hatten wir einen Vertrag. Letztes Jahr haben wir zusätzlich ökologische Reinigungsmittel auf den Markt gebracht, Cockpitreiniger fürs Auto und Fahrradreiniger. Der ganze Bereich ist ein riesiger Wachstumsmarkt, in den wir gerade erst reinstoßen.
Wirtschaftsforum: Welchen Stellenwert hat das Thema Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen?
Martin Lange: Das wird ganz klar immer wichtiger. Im OEM-Geschäft verwenden wir zum Beispiel nur hochfeste, bleifreie Werkstoffe. Wir erarbeiten derzeit eine Nachhaltigkeitsstrategie. Bei allem, was wir tun, geht es um Trinkwasser, unser wichtigstes Lebensmittel. Unsere Grundmaterialien, Rotguss und Messing, halten 30 bis 40 Jahre und sind zu 100% recycelbar. Am Anfang stehen wir noch bei der Verpackung, noch füllen wir Kunststoffflaschen ab. Als wir letztes Jahr mit dem Abfüllen begonnen haben, gab es keine anderen Flaschen mehr. Wir mussten Millionen Flaschen in China einkaufen. In Zukunft möchten wir regionaler einkaufen und vielleicht ganz weg von Flaschen. Wir sehen hier auch unsere gesellschaftliche Verantwortung, als Teil der Region und als Arbeitgeber.
Wirtschaftsforum: Welche weiteren Schritte planen Sie für die Zukunft?
Martin Lange: Vor allem im Bereich der digitalen Lösungen den Schritt schaffen, über den Status ‚Proof of Concept‘ hinaus die Kunden zu überzeugen und so verstärkt in den Markt zu kommen. Darüber hinaus das Segment BEULCO Clean mit Desinfektionslösungen weiter auszubauen, weg von Pandemie-getrieben hin zu einem Geschäftsbereich, der sich selbst trägt. Unser Ansatz ist immer, Trinkwasser noch sicherer und sauberer zu machen und in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen. Dazu möchten wir beitragen. Dafür soll man uns weltweit kennen, als Lösungspartner für Trinkwasserprobleme.