Impact Investing: Die Energiewende aktiv mitgestalten
Interview mit Kai Jacobsen, Leiter Unternehmenskommunikation der Prokon Regenerative Energien eG
Wirtschaftsforum: Herr Jacobsen, Prokon ist die größte Energiegenossenschaft Deutschlands. Wie ist das Unternehmen zu dem geworden, was es heute ist?
Kai Jacobsen: Die Wurzeln von Prokon reichen 28 Jahre zurück. Begonnen hat man in Itzehoe als idealistisches Projektierungbüro für atomfreie Energieerzeugung. Über die Jahre wuchs das Unternehmen, musste dann aber 2015 nach einer tragischen Insolvenz einen Neustart vornehmen. 35.000 Mitglieder gründeten Prokon als Genossenschaft neu und führten so das substanzielle Geschäft mit Offshore-Windparks weiter. Im Vergleich zu anderen Anbietern haben wir das Unternehmen sehr divers entlang der Wertschöpfungskette aufgestellt, mit eigener Projektierung, Wartung und Betrieb, Erzeugung und Vermarktung. Inzwischen konnten wir über 5.000 Mitglieder über unsere Leistung neu hinzugewinnen.
Wir sind ein fairer, transparenter und konzernunabhängiger Gestalter der Energiewende mit einer klaren Mission: Wir beteiligen die Bürger an der Energiewende, indem sie als Mitglieder über Mitbestimmung und Dividende partizipieren. Seit 2018 schütten wir Gewinne aus, mit einer Dividende zwischen drei und fünf Prozent. 2022 war, durch die Energiepreiskrise, ein besonders Ausnahmejahr.
Wirtschaftsforum: Sie engagieren sich in Windparkprojekten. Wo beginnt Ihre Wertschöpfungskette und bis wohin reicht sie?
Kai Jacobsen: Wir verfolgen einen umfassenden Ansatz. Konkret bedeutet dies, dass wir Windparks planen, errichten und betreiben und die Windenergie bis hin zur Versorgung an den Endkunden vermarkten. Inzwischen betreiben wir 400 Windenergieanlagen. Insgesamt sind es 71 Windparks in Deutschland, Finnland und Polen mit einer Gesamtleistung von über 800 kW pro Jahr. Das bedeutet jährlich über eine Milliarde Kilowattstunden an nachhaltigem Ökostrom.
Wirtschaftsforum: Bitte geben Sie uns doch Beispiele aus Ihrem Portfolio.
Kai Jacobsen: Unser erster Windpark entstand in Schleswig-Holstein, mit insgesamt acht Anlagen. Aktuell steht der Park kurz vor dem Repowering. Unsere größten Windparks in Deutschland betreiben wir in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Unser Flaggschiff im Ausland ist der Windpark Hedet in Finnland mit 18 Anlagen und 81 MW. Auch der größte Onshore-Windpark in Finnland, in Mutkalampi, mit 69 Anlagen und einer Leistung von 404 MW wurde von Prokon projektiert.
Wirtschaftsforum: Sind Sie auch im Bereich anderer erneuerbarer Energieformen aktiv?
Kai Jacobsen: Wir beschäftigen uns inzwischen auch mit den Themen Photovoltaik und Biomethan. Photovoltaik ist naheliegend, da wir für unsere Windparks Flächen sichern. Wir haben bereits erste Photovoltaik-Freiflächenanlagen errichtet und verfügen über entsprechende Kompetenz. Wir planen auch in Richtung Batterie- und Speicherlösungen. Darüber hinaus ist man an uns herangetreten, eine spezielle Biomethan-Erzeugungsanlage für Landwirte in Regionen mit hohen Nitratbelastungen zu entwickeln. Hier geht es um Kreislaufwirtschaft. Allerdings betrachten wir Biogas eher als Brückentechnologie.
Wirtschaftsforum: Was sind Eckpunkte Ihrer Strategie für die nächsten Jahre?
Kai Jacobsen: Wir setzen auf resilientes Wachstum, nicht zuletzt auch bedingt durch unsere eigene Geschichte. Deshalb gehen wir immer vorsichtig mit neuen Themen und Trends um, zum Beispiel mit dem Thema Wasserstoff. Bei uns zählt nicht Shareholder Value um jeden Preis. Wir setzen auf Sicherheit. Unseren Mitgliedern geht es nicht um monetäre, sondern um Impact-Rendite. Sie wollen etwas bewirken. Vor dem Hintergrund der steigenden Zinsen wird das Impact-Modell in nächster Zeit auch wirtschaftlich interessanter werden. Wir möchten umweltbewusse, private Investoren von Impact Investing überzeugen und Vertrauen in das Konzept und in unser Unternehmen aufbauen. Unser Unternehmensmodell ist partizipativ aufgebaut. Wir beziehen die Bürger in den Transformationsprozess der Energiewirtschaft mit ein. Dies führt auch zu einer allgemeinen Akzeptanzsteigerung gegenüber Windenergie. Die Einstellung zum Windpark vor der Haustür ist anders, wenn man selbst daran beteiligt ist.
Wirtschaftsforum: Für Wachstum braucht man Mitarbeiter. Wie begegnen Sie dem Thema Personalmangel?
Kai Jacobsen: Das Thema ist eine große Herausforderung. Wir möchten unsere Produktionskapazitäten verdoppeln. Entsprechend sind wir auf der Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch hier gilt unsere Strategie, Vertrauen und langfristige Beziehungen aufzubauen. Nicht zuletzt ist unser Unternehmensmodell genossenschaftlich. Die damit verbundenen Werte sind unsere Guideline.