Plasma statt Antibiotika
Interview mit Uwe Perbandt, Geschäftsführer der Viromed Medical GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Perbandt, welche Schritte waren aus heutiger Sicht entscheidend für Ihr Unternehmen?
Uwe Perbandt: Das Ganze begann 2004 mit einem persönlichen Erlebnis. Ich hatte einen kleinen Unfall und experimentierte mit Kaltplasma an meiner eigenen Wunde, weil ich keine Lust hatte zu desinfizieren. Mein Arzt war verblüfft – nach vier Wochen war alles zugewachsen, obwohl es normalerweise viel länger dauert. Das war der Startschuss. Beim Diabetischen-Fußsyndrom ist Kaltplasma nicht einfach etwas Neues oder Besseres – es ist der Goldstandard in der Dermatologie geworden. Jede Studie ohne Ausnahme zeigt die revolutionäre Wirkung auf die Wundheilung, und das ganz ohne Nebenwirkungen. Der größte Gegner unserer Idee waren nicht die Fachzeitschriften oder fehlende Studien – es war die Wundauflagen-Industrie: Eine chronische Druckwunde kostet im Schnitt 7.500 EUR pro Jahr, zwei Drittel davon für Wundauflagen. Beim diabetischen Fuß sind es 12.500 EUR. Dann kommen wir und schließen chronische Wunden zu 85% innerhalb von sechs Wochen, zu über 90% innerhalb von zehn Wochen. Das bedroht einen Milliardenmarkt.
Wirtschaftsforum: Sind es letztendlich nicht auch die Versicherer, die sich gegen neue Wege sträuben?
Uwe Perbandt: Interessanterweise zahlen die Privatkassen seit zwei Jahren mit Handkuss für die Kaltplasma-Behandlung. Sie haben erkannt: Ein Patient mit chronischer Wunde kostet 6.000 bis 8.000 EUR – da sagen sie lieber „machen Sie mal eine Plasma-Behandlung“. Mittlerweile zahlt auf Antrag auch jede gesetzliche Krankenkasse. Der Bewertungsausschuss hat die Leistung bereits bewertet – zwischen 20,98 und 35 EUR. Das ist ein Segen für den Patienten und ein Riesenpotenzial für Kosteneinsparungen bei den Kassen.
Wirtschaftsforum: Wie ist die heutige Aufstellung Ihres Unternehmens?
Uwe Perbandt: Wir haben unseren Hauptstandort in der Nähe von Hamburg mit der kompletten Manufaktur und Zentrale. Das Deutschlandgeschäft machen wir in vielen medizinischen Bereichen selbst, weil wir hervorragend vernetzt sind und sehr gutes medizinisches Marketing betreiben. Wir haben 2021 134 Millionen EUR Umsatz ohne klassischen Vertrieb gemacht. Im Ausland arbeiten wir mit Distributoren.
Wirtschaftsforum: Wie war die Entwicklung der letzten Jahre?
Uwe Perbandt: Der Umsatz steigt enorm an. Wir haben den Ärzten erst einmal erklärt, was kaltes atmosphärisches Plasma ist und was es kann. Wir haben täglich 20 bis 30 Anfragen von Ärzten, die ein Gerät haben wollen. Unser Erfolgsrezept: Wir lassen Ärzte das Gerät sechs Wochen kostenlos testen, inklusive der Verbrauchsmaterialien. Die Abschlussquote war 100% – jedes Mal. Wir haben zum Beispiel eine Werbeaktion mit 1.200 Heilpraktikern gemacht und 300 Praxen sofort ausgestattet. Wir arbeiten hier mit etwa 20 Leuten. Selbst wenn wir nächstes Jahr den Umsatz verzehnfachen, was sich andeutet, werden wir nicht viel mehr Personal brauchen. Wir haben uns bewusst für unser neues Gerät entschieden, das wie ein Quantensprung ist.
Wirtschaftsforum: Was ist das Besondere an Ihrem neuen Gerät?
Uwe Perbandt: Das alte Gerät wog 600 g und musste auf die Wunde aufgelegt werden. Das neue Gerät wiegt circa 160 g und wird wie ein Kugelschreiber geführt. Das Kaltplasma wird ohne Hautkontakt aufgebracht. Damit machen wir zum Beispiel Fußpilz in maximal zwei Behandlungen weg, Herpes am Mund ebenfalls in zwei Behandlungen. Das Gerät ist ein echtes Plug-and-Play-System und hält 45 Minuten mit einer Ladung.
Wirtschaftsforum: Sie arbeiten auch an Anwendungen für die Lunge?
Uwe Perbandt: Das ist unsere Revolution. Wir haben 600.000 schwere postoperative Infektionen pro Jahr in Deutschland, 21.000 Tote durch Infektionen, die nicht veröffentlicht werden. MRSA-Bakterien, gegen die kein Antibiotikum mehr wirkt, sind eine stille Pandemie. Mit unserem Pulmo-Plas können wir bei beatmeten Patienten die Todesrate von über 40% auf nahezu null senken. Wir töten innerhalb von 90 Sekunden alle Bakterien in der Lunge, auch MRSA.
Wirtschaftsforum: Was sind die Gründe für Ihren Erfolg und wo soll die Reise hingehen?
Uwe Perbandt: Ich habe das Problem früh erkannt und bin direkt zu Professor Welte nach Hannover gegangen, dem führenden Experten für Lungenmedizin weltweit. Anfangs hielt er meine Idee für Science Fiction, doch sie weckte sein Interesse. Heute arbeiten die MHH, das Helmholtz-Institut Braunschweig und die Uni Jena mit uns – ein Forschungsvorsprung von vier bis fünf Jahren. Inzwischen läuft es fast von allein: Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung hat erstmals über ein privates Unternehmen wie unseres veröffentlicht. Ärzte wenden sich von selbst an uns, und ein Gerät rechnet sich schon nach wenigen Patienten. Bis 2027 erwarte ich einen Aktienwert von mindestens 11 EUR.