„Investitionen in die Infrastruktur sind das Fundament für morgen!“
Interview mit Shteryo Shterev, Geschäftsführer der Stadtwerke Barsinghausen GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Shterev, seit 60 Jahren kümmern sich die Stadtwerke Barsinghausen um die Sicherstellung der örtlichen Wasserversorgung; die Stadtwerke Stadtoldendorf, als deren Geschäftsführer Sie ebenfalls auftreten, bestehen schon seit über 120 Jahren – was hat sich in den beiden Traditionsunternehmen in den letzten Jahren verändert?
Shteryo Shterev: Eine der größten Weiterentwicklungen in Barsinghausen bestand im Einstieg in den Energievertrieb, der vor ungefähr zehn Jahren vollzogen wurde. So können wir nun die Gesamtheit der Versorgung mit Strom, Gas und Wasser abbilden und engagieren uns zudem in der Entwicklung nachhaltiger Wärmekonzepte sowie in der Errichtung von Photovoltaikanlagen, die wir teilweise auch in unmittelbarer Nähe zum jeweiligen Endkunden bauen, um die regenerativen Energien möglichst direkt am angedachten Verbrauchsort, etwa einem Industriekomplex mit entsprechend hohem Strombedarf, erzeugen zu können. Darüber hinaus investieren wir weiterhin stark in die Ertüchtigung der Wasserinfrastruktur und beginnen gerade mit der Errichtung eines neuen Wasserwerks.
Wirtschaftsforum: Welche Themen beschäftigen Sie derzeit besonders intensiv?
Shteryo Shterev: Die Wärme- und Energiewende wird unsere Aktivitäten in den nächsten Jahren sicherlich ganz entscheidend prägen. Als 100%iges Kommunalunternehmen mit einem satzungsgemäß definierten Aufgabenbereich fällt uns vor diesem Hintergrund auch bei der kommunalen Wärmeplanung eine Schlüsselrolle zu. Schon heute ist offensichtlich, dass es in diesem Zuge gerade bei kleineren Kommunen im ländlichen Raum keine Standardlösung geben wird, sondern dass wir vielmehr viele kleinere lokale Projekte entwickeln und realisieren müssen – ganz gleich, ob bei den konkreten Lösungen dann Wärmepumpen, lokale Wärmenetze oder punktuell auch Biomethananlagen im Fokus stehen werden. Neben einer entsprechenden Technologieoffenheit ist somit auch die unmittelbare Nähe zur eigentlichen Versorgungsregion eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass diese Transformation nachhaltig gelingen kann.
Wirtschaftsforum: Die Bedeutung von lokalen Stadtwerken wird damit trotz des intensiveren Wettbewerbs durch landesweit aktive Betreiber eher noch zunehmen?
Shteryo Shterev: Gerade in einer volatilen und schnelllebigen Welt, die tiefgreifende gesellschaftliche, wirtschaftliche und auch geopolitische Veränderungen erlebt, gibt es aus meiner Sicht nichts Besseres als ein gewachsenes lokalspezifisches Know-how direkt vor Ort sowie Mitarbeiter, die sich ihrer Region verbunden und verpflichtet fühlen. Natürlich bestimmen Themenfelder wie Digitalisierung, Prozessstandardisierung und auch die organisationale Weiterentwicklung unseres Unternehmens derzeit unser Tagesgeschäft, damit wir den Endverbrauchern auch unter den sich schnell verändernden Marktbedingungen weiterhin ein attraktives Angebot machen können – eine Herausforderung, der wir uns gerne stellen. Der Drive, die Motivation und die Erfahrung unserer Mitarbeiter sind und bleiben jedoch das unverrückbare Fundament, auf dem wir unsere Zukunft als lokaler Energieversorger aufbauen werden – und jeder, der einmal die Arbeiten bei der Herstellung von Versorgungsleitungen oder bei der Beseitigung von Störungen zu jeder Tages- und Nachtzeit aus nächster Nähe verfolgen konnte, weiß, welches Engagement in diesem Daily Business steckt.
Wirtschaftsforum: Wo liegen aus unternehmerischer Sicht die größten Herausforderungen, denen sich kommunale Versorgungsunternehmen stellen müssen?
Shteryo Shterev: Ich glaube, dass sich einige Genehmigungs- und Verfahrensprozesse verändern müssen, damit Stadtwerke und andere Versorgungsanbieter ihre Projekte zügiger umsetzen können, um so dauerhaft eine verlässliche Daseinsvorsorge garantieren zu können. Zudem wird man aus meiner Sicht mancherorts eine Diskussion über das wirtschaftliche Verhältnis zwischen den städtischen Betrieben und der Kommunalverwaltung führen müssen. Vergegenwärtigt man sich einschlägige Zahlen aus den Bilanzen von privatwirtschaftlichen Unternehmen, so ist eine Reinvestitionsquote in Höhe der Hälfte des jährlichen Betriebsergebnisses allgemein üblich. Dieses unternehmerische Verständnis wird kommunalen Betrieben jedoch oftmals nicht in gleicher Weise entgegengebracht und nicht immer ist eine ausreichende Bereitschaft vorhanden, entsprechende Gewinne in den Unternehmen zu belassen, damit sie zur Finanzierung von Investitionen zur Verfügung stehen. Diese sind aber gerade im Hinblick auf die Zukunft der Energie- und Wasserversorgung unabdingbar – und bilden die Grundlage für einen wirtschaftlich attraktiven Standort.