Digitalisierung in der Röntgentechnik
Interview mit Lennart Schulenburg, Commercial Director und Gesellschafter der VisiConsult X-ray Systems & Solutions GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Schulenburg, wie ist die VisiConsult X-ray Systems & Solutions GmbH entstanden?
Lennart Schulenburg: Die Gründung des Unternehmens erfolgte durch meinen Vater im Jahr 1996. Er war Leiter für die Softwareentwicklung beim Röntgenwerk Seifert und als sich die Technologie vom analogen zum digitalen Röntgen entwickelte, machte er sich auf diesem Gebiet selbstständig. 2010 haben wir unseren Hauptsitz in Stockelsdorf errichtet und fünf Jahre später sind mein Bruder und ich offiziell in das Unternehmen eingestiegen. Innerhalb von fünf Jahren ist die Anzahl der Mitarbeiter von 25 auf 100 gewachsen und wir haben Niederlassungen in den USA und China errichtet. Mittlerweile sind wir in der Branche international als Spezialist für Röntgen-Standardkabinen und kundenspezifische Sonderanlagen anerkannt.
Wirtschaftsforum: Warum haben Sie sich dazu entschieden, in den Familienbetrieb einzusteigen?
Lennart Schulenburg: Seit ich mich erinnern kann, habe ich Zeit im Unternehmen verbracht. Familienunternehmen sind eine Herausforderung, da es nicht immer einfach ist, wenn sich Familie und Beruf vermischen. Bei uns läuft es aber sehr positiv, auch weil wir ganz intensiv daran arbeiten. Ich sehe es eher so, dass mein Bruder und ich unsere eigenen Wege gehen und nicht einfach nur in die Fußstapfen unseres Vaters treten. Wir sind ganz unterschiedliche Charaktere und finden unseren idealen Weg, indem wir professionell und proaktiv an Lösungen arbeiten. Ein Familienunternehmen zu sein ist unser Erfolgsgeheimnis, aber es ist nicht immer nur einfach. Unser Motto ist ‘Making the World a safer place’. Unsere Technologie stellt sicher, dass Menschen nicht zu Schaden kommen, und das ist ein sehr befriedigendes Gefühl.
Wirtschaftsforum: In welchen Bereichen werden Ihre Röntgenlösungen eingesetzt?
Lennart Schulenburg: Unsere Röntgentechnik kommt in der Industrie zum Einsatz, um Bauteile für Kunden wie BMW, Boeing oder VW auf mögliche Defekte zu testen, oder im Bereich der öffentlichen Sicherheit für Geräte zur mobilen Bombenentschärfung sowie zur Fundgepäck- und Grenzkontrolle. Wir haben eine Standardpalette, aber unser größter Bereich ist der Sondermaschinenbau. Bedürfnisse sind oft sehr speziell und dass wir diese bedienen können, ist unsere größte Stärke.
Wirtschaftsforum: Wie schaffen Sie es, sich vom Wettbewerb abzuheben?
Lennart Schulenburg: Es ist in der Branche sehr ungewöhnlich, dass wir überhaupt kundenspezifische Lösungen anbieten. Unsere Flexibilität und Qualität sind einzigartig. Im Gegensatz zu Wettbewerbern sind wir sehr kundenorientiert und können durch unseren Status als Familienunternehmen viel mehr auf Kundenzufriedenheit achten als auf Quartalszahlen. Wir sind in den letzten drei Jahren Top-Wachstumschampion in Deutschland im Bereich Maschinenbau geworden. 2019 haben wir den Mittelstandspreis für Schleswig-Holstein bekommen, seit 2020 tragen wir das Siegel „Weltmarktführer“ der IHK.
Wirtschaftsforum: Seit der Gründung setzen Sie auf digitales Röntgen. Wie hat sich die Technologie weiterentwickelt?
Lennart Schulenburg: Die Digitalisierung der Prozesse unserer Kunden ist seit der Gründung unser Fokus. Die Industrie 4.0 und zerstörungsfreie Werkstoffprüfung 4.0 sind bei unseren Kunden aktuelle Themen. Wir haben eine Zukunftsagenda entwickelt, die Cloud-Lösungen, autonome Robotik, Automatisierung, Computertomografie und künstliche Intelligenz enthält. Der Markt erfordert Automatisierung und vor allem Systeme, die zwar im Hintergrund komplex und vernetzt, aber für den Nutzer einfach zu bedienen sind. Noch sind 65% unserer Belegschaft Ingenieure, aber unsere eigene Automatisierungs- und Softwareabteilung wächst sehr schnell. Mit der Digitalisierung der Röntgentechnik sind wir als Softwareunternehmen gestartet, sind dann zum Maschinenbauer geworden und jetzt verlagert sich unser Fokus wieder eher in Richtung Software. Auch intern spielt die Digitalisierung eine große Rolle. Wir haben gerade ein Investitionsprojekt aufgelegt und investieren jetzt in neue Technologien wie Augmented Reality für den Einsatz im Service. Darüber hinaus investieren wir massiv in Prozessverbesserungen und planen außerdem einen Neubau. Wir sind bereits nachhaltig zertifiziert, haben Solarzellen auf dem Dach und verfügen über Wärmetauscher. Wir prüfen aktuell, ob wir nicht nur energieeffizient, sondern vollständig klimaneutral arbeiten können.
Wirtschaftsforum: Sie sind bereits weltweit aktiv und gehören zu den Innovationsführern im Markt. Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Lennart Schulenburg: Wir exportieren bereits 70% unserer Produkte weltweit, unter anderem auch in die USA und den gesamten asiatischen Raum. In diesem Jahr steht der Markteintritt in China an, schließlich ist das der wichtigste Wachstumsmarkt und daran wollen wir teilhaben. Darüber hinaus wollen wir unsere technischen Lösungen weiter ausbauen, gerade im Bereich Industrie 4.0.