„Übergang zur Elektromobilität gestalten“

Interview mit Jan Treede, Geschäftsführer der Feinwerktechnik Otto Harrandt GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Treede, welche Ereignisse waren in der Unternehmensgeschichte besonders wichtig?

Jan Treede: Das Unternehmen wurde nach seiner Gründung 1958 über 40 Jahre lang vom Gründer Otto Harrandt geführt. 1999 ging es an vier neue Inhaber über, die die Internationalisierung vorangetrieben und das Unternehmen zum Weltmarktführer in der Montage und Vermessung von Kolben für Verbrennungsmotoren im Mikrometerbereich gemacht haben. 2015 übernahm eine Investmentgesellschaft, die nochmals viel investiert hat. Das weitere Wachstum hat den Umzug in ein neues Gebäude erfordert, das 2017 in Betrieb genommen wurde. Hier in Leutenbach, wo wir rund 100 Mitarbeiter beschäftigen, befindet sich auch die Produktion, also alles Made in Germany. Von hier aus liefern wir auf alle Kontinente, auf denen Autos gefertigt werden. Denn aktuell hängen wir zu 100% am Verbrennungsmotor.

Wirtschaftsforum: ...was sich vermutlich ändern wird?

Jan Treede: Allerdings. 2021 ist für uns ein Break. Der Verbrennungsmotor hat im Pkw keine Zukunft mehr. Deshalb haben wir uns neu aufgestellt und Produkte zur Qualitäts- und Prozessüberprüfung bei der Montage von Elektromotoren entwickelt. Dazu zählen Module zur Vermessung und Prüfung der Schichtdicke von Isolierungen und Hairpins für Elektromotoren. Außerdem entwickeln wir Montage- und Prüfmodule für die Herstellung von Batterien, aber auch Brennstoffzellen. Denn das batterie-elektrische Fahrzeug wird in einigen Bereichen wie Schwerlastverkehr eine Übergangslösung sein.

Wirtschaftsforum: Sind Sie ausschließlich im Bereich Mobilität tätig?

Jan Treede: Nein, wir stellen zum Beispiel auch Roboterzellen zum Be- und Entladen her, die überall eingesetzt werden können, wo hohe Stückzahlen gefertigt werden. Unsere Spezialität ist das Prüfen mit verschiedenen Sensoriken in Bereichen, in denen es um hohe Genauigkeit geht. Hier sind wir zunehmend auch in anderen Branchen wie Aerospace oder der Spezial-Elektrofertigung tätig.

Wirtschaftsforum: Wann und mit welchem Hintergrund sind Sie zu Harrandt gekommen?

Jan Treede: Ich bin seit November als Geschäftsführer für Technik und Vertrieb im Unternehmen. Ursprünglich komme ich aus der Automotivebranche und war in den letzten 20 Jahren vor allem in der Automatisierungstechnik tätig, unter anderem bei Bosch, Bosch Rexroth und Schneider Electric. Mein Wunsch war es, wieder die Verantwortung für komplette Maschinen zu übernehmen statt nur für Komponenten. Mechanik und Mechatronik sind die Stärken im deutschen Maschinenbau. Dies und das Thema Automotive begeistern mich schon seit meiner Jugend.

Wirtschaftsforum: Welche He-rausforderungen sehen Sie aktuell, und welche Impulse wollen Sie dem Unternehmen geben?

Jan Treede: Der Wandel vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb ist sehr spannend, da alle Prozesse neu gedacht werden. Der Qualitätsanspruch der Kunden in diesem Bereich ist extrem hoch. Wir bieten wirklich Hightech an und forschen und kooperieren viel mit Partnern. Die neuen Techniken bedürfen immer weniger Mechanik und mehr Software. Das ist auch für uns ein signifikanter Strukturwandel. Gerade arbeiten wir zum Beispiel an einer eigenen Cloudlösung. Wir haben schon vor 20 Jahren für unsere Prüfmodule neuronale Software entwickelt. Dies müssen wir nun in die Elektromobilfertigung transportieren. Dazu werden wir Mitarbeiter mit neuen Kernkompetenzen benötigen.

Wirtschaftsforum: Was macht Harrandt aus Ihrer Sicht so erfolgreich?

Jan Treede: Als kleines Unternehmen nutzen wir unsere Agilität und Flexibilität, um schnell auf Kundenwünsche zu reagieren. Die Qualität im Mikrometerbereich wurde bei uns ganz konsequent umgesetzt, sodass sich der Kunde auf die Langlebigkeit der Maschine verlassen kann. Diese Kernkompetenzen müssen wir jetzt in neue Technologien transportieren.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Anlagen- und Maschinenbau

Der Zahn der Zeit

Interview mit Christoph Stark, Gründer und Geschäftsführer der imes-icore GmbH

Der Zahn der Zeit

In Eiterfeld entsteht Hightech für Zahnlabore in aller Welt. Die imes-icore GmbH hat sich in 23 Jahren zum technologischen Weltmarktführer für digitale Dentalfertigungssysteme entwickelt. Rund 18.000 Maschinen fräsen weltweit Zahnersatz.…

„Wir brauchen mehr Pragmatismus“

Interview mit René Rose Stüber, Geschäftsführerin der Leybold GmbH

„Wir brauchen mehr Pragmatismus“

Seit 175 Jahren entwickelt die Leybold GmbH aus Köln Vakuumtechnologien, die in Forschung, Industrie und Hightechprozessen unverzichtbar sind. Das Traditionsunternehmen ist heute Kompetenzzentrum für trockenlaufende Schraubenpumpen und Turbomolekularpumpen. Im Gespräch…

Vom Einmannbetrieb zur ­Serienfertigung

Interview mit Günter Peters, Geschäftsführer der Peters Maschinenbau GmbH & Co. KG

Vom Einmannbetrieb zur ­Serienfertigung

Fachkräftemangel, steigende Anforderungen an Nachhaltigkeit und der Trend zur Automatisierung stellen die industrielle Fertigung vor neue Aufgaben. Die Peters Maschinenbau GmbH & Co. KG reagiert darauf mit hoher Fertigungstiefe, digitalen…

Spannendes aus der Region Rems-Murr-Kreis

Digital denken, global handeln

Interview mit Lumir Boureanu, Geschäftsführer der compacer GmbH

Digital denken, global handeln

Krisensichere IT-Lösungen, internationale Großkunden, starke Wurzeln in Europa: Die compacer GmbH aus Gärtringen hat sich über zwei Jahrzehnte hinweg einen festen Platz im Bereich der Prozess- und Datenintegration erarbeitet. Doch…

Innovation aus der zweiten Reihe

Interview mit Maxim Theiss, Geschäftsführer der Scala Design Technische Produktentwicklung GmbH

Innovation aus der zweiten Reihe

Während viele Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stagnieren, hat Scala Design aus dem baden-württembergischen Gärtringen seinen Umsatz in vier Jahren mehr als verdoppelt. Das Geheimnis des 39 Jahre alten Familienunternehmens…

„Zufrieden, wenn der Kunde Geld verdient“

Interview mit Dr. Matthias Henyk, Geschäftsführer der Opelka GmbH

„Zufrieden, wenn der Kunde Geld verdient“

Die Opelka GmbH mit Sitz in Remseck am Neckar ist Spezialist für Maschinen zur Herstellung von Siedegebäck wie Berliner oder Donuts. Seit Anfang 2024 wird das Unternehmen von Dr. Matthias…

Das könnte Sie auch interessieren

Außerhalb der Komfortzone beginnt die Magie

Interview mit Jasmin Walser, Inhaberin und Geschäftsführerin der Hotel Vier Jahreszeiten GmbH

Außerhalb der Komfortzone beginnt die Magie

Jasmin Walser hat eine Vision: ein alpinsportliches Kompetenzzentrum, das Gäste bewusst aus ihrer Komfortzone holt. ‘DAS VIER’ bietet auf 1.700 m Höhe am Pitztaler Gletscher mehr als klassische Wellness –…

Mit Leidenschaft, Handwerk und Herzblut – Farbe fürs Leben!

Interview mit Nicole Burkhartsmaier, Geschäftsführerin der Burkhartsmaier Holding GmbH & Co. KG

Mit Leidenschaft, Handwerk und Herzblut – Farbe fürs Leben!

Von Maler- und Lackierarbeiten über Industrielackierungen bis hin zu Pulverbeschichtungen und Trockenbau – die Burkhartsmaier Firmengruppe bietet umfassende Lösungen für alle Anforderungen rund um Farbe und Gestaltung. „Es ist uns…

Vom Reststoff zur Ressource – eine Erfolgsgeschichte im Kreislauf

Interview mit Dirk Kopplow, Geschäftsführer und Benjamin Fiekens, Vertrieb der GVÖ Gebinde-Verwertungsgesellschaft der Mineralölwirtschaft mbH

Vom Reststoff zur Ressource – eine Erfolgsgeschichte im Kreislauf

Die Kreislaufwirtschaft ist längst mehr als ein ökologisches Ideal – sie ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Steigende Rohstoffpreise, strengere Umweltgesetze und das wachsende Bewusstsein für nachhaltiges Handeln verändern die Industrie grundlegend.…

TOP