„Auf den Stuhl des Kunden setzen“

Interview mit Frank Goebbels, Geschäftsführer der JOKARI GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Goebbels, erzählen Sie uns doch zunächst etwas über die Geschichte des Unternehmens.

Frank Goebbels: JOKARI wurde von dem Elektromeister Josef Krampe gegründet. Er hatte einen kleinen Laden und hat festgestellt, dass es Probleme mit der Abisolierung von Kabeln gab. Er entwickelte dafür ein Messer, für das er 1966 ein Patent beam. Krampe war ein Erfinder ‘by heart’. Er suchte sich Vertriebspartner und baute eine Produktion auf. Heute sind wir in der dritten Generation inhabergeführt und immer noch Spezialisten rund um das Abisolieren von Leitungen. Das Unternehmen entstand aus der Praxis für die Praxis: Aus einer Problemstellung wurde ein Werkzeug entwickelt. Das ist auch heute noch so.

Wirtschaftsforum: Die Energiekrise ist für viele Industrieunternehmen eine große Herausforderung. Wie ist das bei Ihnen?

Frank Goebbels: Was die Energieversorgung betrifft, sind wir seit Langem effizient aufgestellt und leben Nachhaltigkeit schon immer. Als der Gründer die Produktion für Kunststoffspritzguss etabliert hat, hat er mit der Abwärme aus dem Wasserbecken in der Produktion sein Haus geheizt. Seit 2004 heizen wir das gesamte Gebäude mit Wärmepumpen, und alle Hallendächer sind seit 2005 mit Photovoltaik ausgestattet. Unsere Werkzeuge sind besonders langlebig und bestehen aus nachhaltigem Material. Auch die Verpackung ist aus 100% recyceltem PET.

Wirtschaftsforum: Und wie sehr trifft Sie die Lieferkettenproblematik?

Frank Goebbels: Nicht so sehr, Wir haben viele lokale Lieferanten und zudem eine neue Halle gebaut, um Rohmaterial für fast ein halbes Jahr vorhalten zu können. So können wir unsere Lieferfähigkeit sicherstellen.

Wirtschaftsforum: Welche Produkte stellen Sie genau her?

Frank Goebbels: Wir produzieren Werkzeug für Profis zur Abisolierung und Entmantelung für alle Typen von Kabeln und Leitungen mit einem Außendurchmesser von 0,12 mm bis 70 mm. Unser Sortiment umfasst mehr als 80 verschiedene Werkzeuge, insbesondere Kabelmesser, Entmanteler und Automatikzangen für die Industrie. Im vergangenen Jahr haben wir ein Werkzeug für die Automatisierung, die Sensor Special, gelauncht. Diese automatische Abisolierzange kann viele Leitungen aus den Bereichen Sensorik, Motor und Netzwerk ohne Fehler sauber abisolieren. Wir verkaufen über eine Million Werkzeuge im Jahr. Aktuell beschäftigt uns das herausfordernde Thema Solarenergie.

Wirtschaftsforum: Wodurch überzeugen JOKARI und seine Produkte?

Frank Goebbels: Unser Ansatz ist immer noch die Praxis; wir sind Problemlöser. Unser Ziel ist, dem Anwender die Arbeit so problemlos und sicher wie möglich zu machen. Unsere Werkzeuge sind schnell und zuverlässig und noch dazu 100% made in Germany. Sie sind von nachhaltiger Qualität und enthalten keine Schadstoffe. Von der Werkzeugentwicklung bis zur Montage haben wir alles im Haus. Bei der Vormontage werden wir von mehreren Behindertenwerkstätten unterstützt.

Wirtschaftsforum: Verkaufen Sie auch ins Ausland?

Frank Goebbels: Ja, wir exportieren in über 100 Länder. Der DACH-Markt ist für uns am wichtigsten; das wird wohl auch so bleiben. Hier kennt man uns. Erst einmal wollen wir in Europa wachsen, und identifizieren die Märkte, die dafür in Frage kommen. Jedes Land hat andere Kabel, in Polen und Amerika gibt es beispielsweise Flachleitungen. Die nord- und südamerikanischen Märkte sind wichtig, dort suchen wir Partner. Auch in Asien gibt es Ansatzpunkte.

Wirtschaftsforum: Was macht Ihrer Meinung nach JOKARI seit Jahrzehnten so erfolgreich?

Frank Goebbels: Wir versuchen immer, uns auf den Stuhl unseres Kunden zu setzen, um herauszufinden, was er braucht. Seit vielen Jahren halten wir den Kontakt zu unseren Kunden und sind auf allen Kanälen ansprechbar. Wir haben Leute aus der Praxis, die den Anwendern zuhören. Die Kommunikation mit dem Anwender ist uns wichtig, auch im direkten Kontakt auf der Messe.

Wirtschaftsforum: Wie sieht es in Ihrem Bereich mit dem Fachkräftemangel aus?

Frank Goebbels: Es handelt sich nicht nur um Fachkräftemangel, sondern um Personalmangel. Besonders schwierig ist es, Montagekräfte zu gewinnen. Wir freuen uns aber, dass wir Flüchtlingen aus der Ukraine Arbeitsplätze bieten konnten. Bei unserem Employer Branding setzen wir auf unser gutes Miteinander und das attraktive Arbeitsumfeld. Wir ermöglichen zum Beispiel flexibles Arbeiten und damit, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Das führt dazu, dass die Leute Spaß an ihrer Arbeit haben und die Fluktuation gering ist.

Wirtschaftsforum: Welche weiteren Pläne und Ziele haben Sie für das Unternehmen?

Frank Goebbels: Im Moment bereiten wir uns auf die Light + Building und die Kölner Eisenwarenmesse im März vor, wo wir neue Produkte präsentieren werden, und gehen auch dieses Jahr noch auf Messen. Langfristig wollen wir uns mit der Elektrifizierung der Gesellschaft mit entwickeln. Das Wichtigste ist, mit unserem Team gesund zu wachsen und weiter Spaß an der Arbeit zu haben.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Technik

TECHART:Zurück auf der Überholspur

Interview mit Benedict von Canal, Geschäftsführer der TECHART Automobildesign GmbH

TECHART:Zurück auf der Überholspur

Als Benedict von Canal Ende 2023 die operative Führung von TECHART übernahm, stand der renommierte Porsche-Veredler vor dem Aus. Heute ist das Unternehmen wieder stabil – digitaler, fokussierter und mutiger…

Professioneller Partner für militärische Logistik

Interview mit Martin Rohde, Geschäftsführer der CONDOK GmbH

Professioneller Partner für militärische Logistik

In einer zunehmend instabilen Weltordnung gewinnen Fragen der Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit zunehmend an Bedeutung. Auch Deutschland sieht sich angesichts der aktuellen Weltlage zur Aufrüstung gezwungen – die Bundeswehr soll wieder…

Werte, Wandel, Weitblick:  Ein Unternehmen im Aufbruch

Interview mit Sebastian Scheuvens, Geschäftsführer der FAS – Flüssiggas-Anlagen GmbH

Werte, Wandel, Weitblick: Ein Unternehmen im Aufbruch

Technologische Kompetenz ist wichtig, doch längst nicht mehr genug. Die FAS Flüssiggas-Anlagen GmbH aus Salzgitter zeigt eindrucksvoll, wie ein mittelständisches Unternehmen mit Kundennähe, Mitarbeiterorientierung und klaren Werten erfolgreich in eine…

Spannendes aus der Region Kreis Coesfeld

Nie wieder Schadsoftware – garantiert

Interview mit Torsten Valentin, Geschäftsführer der seculution GmbH

Nie wieder Schadsoftware – garantiert

In Zeiten, in denen Virenscanner regelmäßig versagen und Ransomware-Angriffe ganze Behörden lahmlegen, braucht es neue Denkweisen in der IT-Sicherheit. Die seculution GmbH aus Werl geht mit ihrem radikal anderen Ansatz…

Die Bewegungskünstler

Interview mit Ralph Breuer, Geschäftsführer der Stromag GmbH

Die Bewegungskünstler

Sie sind unscheinbar, spielen aber in unterschiedlichsten Industrien eine Schlüsselrolle, weil sie im Hintergrund für den reibungslosen Betrieb von Windkraftanlagen, Landmaschinen, Aufzügen, Krananlagen oder Motoren sorgen: schaltbare Kupplungen, Bremsen, hochelastische…

Vom Stall bis zur Wallbox – Energie intelligent nutzen

Interview mit Dipl.-Ing. Andreas Kulke, Gründer und Geschäftsführer der alcona Automation GmbH

Vom Stall bis zur Wallbox – Energie intelligent nutzen

Die Landwirtschaft steht unter Druck – wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich. Gleichzeitig boomt die Elektromobilität, und auch die Energiewende verlangt nach innovativen Lösungen. Genau an diesen Schnittstellen positioniert sich die alcona…

Das könnte Sie auch interessieren

Mehr als ein Koffer: ein Statement

Interview mit Bernd Georgi, Geschäftsführer der Floyd GmbH

Mehr als ein Koffer: ein Statement

Als Bernd Georgi 2019 gemeinsam mit Geschäftspartner Horst Kern die ersten Koffer unter der Marke Floyd auf den Markt brachte, stand die Welt kurz vor einer Pandemie – ein denkbar…

Schreibwaren im Umbruch – Vielfalt als Stärke

Interview mit Felix Bredenkamp, Geschäftsleiter und Kai Wysocki, Teamleiter Vertrieb der Stanger Produktions- und Vertriebs GmbH

Schreibwaren im Umbruch – Vielfalt als Stärke

Ob Schreibwaren, Klebstoffe oder Markierungssprays – die Stanger Produktions- und Vertriebs GmbH aus Espelkamp ist seit Jahrzehnten als vielseitiger Anbieter im Markt präsent. Heute gehört das Unternehmen zur französischen Technima-Gruppe…

Mobilität mit Anspruch: Markenstärke trifft Zukunft

Interview mit Frank Döhring, Vorsitzender Geschäftsführer der Jürgens GmbH

Mobilität mit Anspruch: Markenstärke trifft Zukunft

Seit über 100 Jahren ist die Jürgens Gruppe fester Bestandteil der Automobilwelt in Südwestfalen – mit Mercedes-Benz als Partner der ersten Stunde. Heute präsentiert sich das Familienunternehmen als regional verankerter…

TOP