Obstbauer zu sein, ist zu einem echten Verwaltungsakt geworden
Interview mit Enno Glantz, Geschäftsführer der Erdbeerhof Glantz GbR
Wirtschaftsforum: Herr Glantz, Ihre Familie ist schon seit mehr als 300 Jahren in der Landwirtschaft tätig. Warum wurde ausgerechnet die Erdbeere Königin auf Ihren Anbauflächen?
Enno Glantz: Weil mein Vater ein mutiger Kerl war. Er musste damals in den 1950er-, 1960er-Jahren volles Risiko gehen – denn mit Kühen und ein bisschen Getreide hätte er wirtschaftlich auf Dauer keinen Erfolg haben können. Zusammen mit dem Pflanzenzüchter Prof. Reinhold von Sengbusch begann er mit dem professionellen Erdbeeranbau, für den er erst etwas belächelt wurde. Doch er leistete echte Pionierarbeit und später taten es ihm viele nach. Als ich den Hof in den Siebzigern übernahm, war klar: Die Erdbeere ist und bleibt unsere Hauptkultur – auch wenn wir inzwischen zusätzlich Himbeeren anbauen und Weihnachtsbaumplantagen haben.
Wirtschaftsforum: Sie führen den Erdbeerhof seit 1972. Wenn Sie die unternehmerischen Herausforderungen damals und heute vergleichen müssten: Was hat sich geändert?
Enno Glantz: Das Leben ist einfach schneller geworden. Entsprechend fix und flexibel muss man heutzutage als Unternehmer agieren, ohne dabei seine mittel- bis langfristige Strategie aus den Augen zu verlieren. Und während ich früher oft draußen auf den Feldern unterwegs war, verbringe ich heute viel Zeit am Schreibtisch. Denn Gesetze und Verordnungen engen uns Landwirte ganz schön ein. Obstbauer zu sein, ist zu einem echten Verwaltungsakt geworden.
„Während ich früher oft draußen auf den Feldern unterwegs war, verbringe ich heute viel Zeit am Schreibtisch. Obstbauer zu sein, ist zu einem echten Verwaltungsakt geworden." Enno GlantzGeschäftsführer der Erdbeerhof Glantz GbR
Wirtschaftsforum: Der Erdbeerhof Glantz geht mit der Zeit, ist beispielsweise auf Facebook zu finden und bietet einen Online-Shop. Erreichen Sie ohne diese Kanäle potenzielle Kunden nicht mehr?
Enno Glantz: Die meisten unserer Kunden erreichen wir noch immer durch unseren Direktvertrieb. Mund-zu-Mund-Propaganda ist für uns das Entscheidendste. Erzählt einer, dass die Erdbeeren von Glantz toll schmecken, ist das die wertvollste Werbung. Auch Veranstaltungen wie unser traditionelles Hoffest im Sommer oder das Tannenbaumschlagen in der Weihnachtszeit sind kundenbindend. Aber natürlich haben wir die Digitalisierung auf dem Zettel und wissen, dass das Internet heutzutage eine große Rolle spielt. Gerade bei der jüngeren Generation. Es ist also eine Selbstverständlichkeit, dass auch wir mit der Zeit gehen und Plattformen wie Facebook nutzen, um unsere Kunden mit Infos zu versorgen und auf den Erdbeerhof aufmerksam zu machen.
Wirtschaftsforum: Das Bienensterben durch den Einsatz von Pestiziden hat es als Thema bis in den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg geschafft. Inwiefern ist dieses Phänomen für Sie bereits ein Problem? Was müsste sich auf gesetzliches Basis noch ändern?
Enno Glantz: Alle heutzutage zugelassenen Insektizide und Pestizide gelten als bienenungefährlich. Dennoch gibt es ganz klar Handlungsbedarf. Wobei es mir an dieser Stelle sehr wichtig ist, zu sagen, dass die Schuld am Bienensterben nicht allein bei den Bauern und ihren Pflanzenschutzmitteln liegt. Auch die Versiegelung der Landschaft, die Luftverschmutzung durch Verkehr oder dass insgesamt viel einseitiger angebaut wird, spielt dabei eine große Rolle. Früher wurde ich auf meinen Feldern von Schmetterlingen und Co regelrecht umgerannt – das ist heute leider nicht mehr so. Deswegen versuche ich, etwas für die Insektenvielfalt zu tun, indem ich freiwillig vier Meter breite Blühstreifen rund um die Glantz-Selbstpflückfelder angelegt habe. Es sollte in meinen Augen aber zur gesetzlichen Pflicht werden, einen Teil der Ackerflächen zugunsten solcher Blühstreifen stillzulegen. Die Bauern müssten für den dadurch fehlenden Ertrag jedoch eine Entschädigung vom Staat bekommen. Das wäre eine vernünftige Verordnungspolitik.
„Alle heutzutage zugelassenen Insektizide und Pestizide gelten als bienenungefährlich. Dennoch gibt es ganz klar Handlungsbedarf." Enno GlantzGeschäftsführer der Erdbeerhof Glantz GbR
Wirtschaftsforum: Es gibt über 20 Arten von Erdbeeren mit unterschiedlichen Sorten: Welche ist denn Ihr persönlicher Favorit und warum?
Enno Glantz: Die Erdbeer-Vielfalt ist wirklich beeindruckend und jede einzelne Sorte hat etwas Besonderes an sich. Auf dem Erdbeerhof Glantz werden derzeit sechs verschiedene Sorten angebaut: Flair, Magnum, Elianny, Faith, Malwina und Florentina. Mir persönlich schmeckt die Sorte „Malwina“ am besten, die mich mit ihren großen, süßen, mittelrot-glänzenden Früchten bis heute begeistert. Aber die anderen sind ihr dicht auf den Fersen.
Text: Markus Büssecker; Fotos: ©dreysse.com