„Weinbautradition bewahren und weiterentwickeln“
Interview mit Markus Nordhorn, Geschäftsführer der Weingut Hammel GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Nordhorn, das Weingut Hammel blickt auf eine über 300-jährige Geschichte zurück. Was bedeutet diese lange Tradition für Ihr heutiges unternehmerisches Selbstverständnis?
Markus Nordhorn: Unser Weingut besteht seit 1723 und wird seither durchgängig familiengeführt. Diese lange Tradition ist für uns Leitlinie und Verpflichtung zugleich. Tief verwurzelt in der Pfalz, einer Region mit lebendiger Weinbaukultur und starker Identität, bewirtschaften wir heute über 100 ha und füllen rund 1,3 Millionen Flaschen pro Jahr ab. Diese Herkunft gibt uns Stabilität – und den Mut, den Wandel aktiv zu gestalten.
Wirtschaftsforum: Wie ist das Unternehmen aktuell strukturiert, und worin liegt Ihr Alleinstellungsmerkmal?
Markus Nordhorn: Wir vertreiben unsere Weine über Lebensmitteleinzelhandel, Discount, Fachhandel und Gastronomie sowie über unseren Onlineshop und den Direktverkauf ab Hof. Besonders stark entwickelt sich das Endkundengeschäft – dank besserer Margen und der direkten, persönlichen Bindung zu unseren Kunden. Inhaltlich setzen wir auf emotionale Marken wie ‘Ein Tag am Meer’ oder ‘Ganz in Weiß’, die in Kombination mit hoher önologischer Qualität ein starkes Gesamtpaket bilden. Viele unserer Mitarbeiter sind seit über 20 Jahren im Unternehmen – ein eingespieltes, erfahrenes Team, das den Generationenwechsel engagiert mitträgt. Unsere Umsätze entwickeln sich stabil mit kontinuierlichem Zuwachs – gerade im aktuellen Marktumfeld ein ermutigendes und wichtiges Signal.
Wirtschaftsforum: Was ist Ihnen bei der Weinproduktion besonders wichtig?
Markus Nordhorn: Wir setzen auf fruchtbetonte, sortentypische Weine mit starkem Trinkfluss. Dafür lesen wir nachts und verarbeiten schonend bei kühlen Temperaturen – das sichert maximales Aroma. Mit wenig Holzeinsatz, aber viel Charakter entstehen Weine, die nicht nur schmecken, sondern auch emotional berühren – ob zur Hochzeit oder zum Feierabend.
Wirtschaftsforum: Wie reagieren Sie auf aktuelle wirtschaftliche Herausforderungen?
Markus Nordhorn: Die Coronazeit hat gezeigt, wie wichtig Diversifikation ist. Während die Gastronomie ausfiel, konnten wir durch unseren starken Online- und LEH-Vertrieb wachsen. Nach Corona verschob sich der Konsum zurück in die Gastronomie, aber insgesamt ist unser Absatz stabil – sogar leicht steigend. Die größte Herausforderung derzeit: Die Menschen geben weniger Geld für Wein aus. Gleichzeitig steigen unsere Produktionskosten. Hier gilt es, umso stärker auf Markenbildung und direkte Kundenbindung zu setzen.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und KI in Ihrem Betrieb?
Markus Nordhorn: Nachhaltigkeit beginnt für uns bei der täglichen Arbeit im Weinberg – mit einem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Wir setzen auf moderne Produktionsmethoden, prüfen kontinuierlich Digitalisierungsmöglichkeiten, etwa im Bereich Fermentationssteuerung oder Analyse. Künstliche Intelligenz ist für uns bisher kein operatives Thema, aber wir beobachten die Entwicklungen genau – etwa zur vorausschauenden Planung in der Weinlese oder beim Kundenmanagement.
Wirtschaftsforum: Welche Ziele verfolgen Sie im Export?
Markus Nordhorn: Der Export macht bisher nur einen kleinen Teil unseres Geschäfts aus – aber wir sehen darin viel Potenzial. Besonders mit unseren alkoholfreien Produkten, wie Lavendel-Rhabarber-Sekt, möchten wir international neue Zielgruppen erschließen – vor allem in Amerika. Wir arbeiten hier eng mit einem Partner in Lettland zusammen. Gerade in Zeiten, in denen Konsumverhalten sich ändert, ist das ein wertvoller Baustein für die Zukunft.
Wirtschaftsforum: Welche Vision haben Sie für das Weingut Hammel?
Markus Nordhorn: Wachstum ist für uns aktuell nicht oberste Priorität – vielmehr möchten wir unser derzeitiges Niveau stabil halten. Wenn es Expansion gibt, dann vorrangig über den Export. Ich bin noch neu in der Geschäftsführung und plane in Fünfjahresschritten. Für mich zählt nachhaltiges Wirtschaften, nicht kurzfristige Effekte. Der Generationenwechsel soll harmonisch erfolgen – ohne Brüche, sondern mit Kontinuität und Vertrauen im Team.
Wirtschaftsforum: Was treibt Sie persönlich an?
Markus Nordhorn: Ich bin nicht im Weingut aufgewachsen, sondern komme vom familien-eigenen Pferdebetrieb. Aber schon mit 16 war mir klar: Ich will Winzer werden. Die Liebe zur Natur hat mich angetrieben – und die Faszination für Wein als Kulturprodukt, das Menschen verbindet. Weinbau ist Kommunikation, Regionalität, Qualität. Ich sehe meine Aufgabe darin, diese Tradition zu bewahren, sie aber gleichzeitig zeitgemäß weiterzuentwickeln.