Mehrwert für Automation und Prüftechnik
Interview mit Peter Sauter, Geschäftsführer der ENGMATEC GmbH


Wirtschaftsforum: Herr Sauter, die ENGMATEC bezeichnet sich heute als ‘Systemintegrator für die Elektronikindustrie’.
Peter Sauter: Richtig. Unser Unternehmen ist knapp 30 Jahre alt und hat seinen Ursprung in der Herstellung von Prüfadaptern und Kontaktierlösungen für Leiterplatten und elektronische Baugruppen. Daraus hat sich ein Komplettangebot entwickelt – vom Test zugeführter Einzelkomponenten und Baugruppen über das Handling und die Prüfung bestückter Leiterplatten bis zur Montage und Endprüfung. Wir sind ein Systemintegrator, der eigene Produkte anbietet, können aber auch die verschiedensten Prozesse von Lieferanten integrieren. So sind wir jederzeit in der Lage, mit dem Kunden individuelle Lösungen zu entwickeln, um ihm zu einem noch wirtschaftlicheren Ergebnis zu verhelfen.
Wirtschaftsforum: In welchen Bereichen finden die Automatisierungslösungen der ENGMATEC Anwendung?
Peter Sauter: Automatisierung, Prüftechnik und Messtechnik gewinnen immer mehr an Bedeutung, insbesondere in der Industrietechnik, Sensorik und Sicherheitstechnik. In Zukunft werden unsere Automatisierungslösungen überdies in der Medizintechnik und in der Antriebstechnik immer wichtiger werden. Auch hier spielt der Mangel an Fachkräften eine Rolle.
Wirtschaftsforum: Am Standort Radolfzell verfügt die ENGMATEC über ein modernes Werk. Gibt es weitere Standorte?
Peter Sauter: Es gibt einen Tochterbetrieb in Rumänien für die Fertigung von Einzelkomponenten. Dort beschäftigt die ENGMATEC 27, in Deutschland 150 Mitarbeiter. Neben der Fertigung ist der Serviceanteil nicht zu unterschätzen, auch in Rumänien reichen unsere Leistungen von der Steuerungstechnik bis zur Roboterjustage. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen können wir davon ausgehen, dass die Montage kompletter Anlagen und Anlagenteile wieder mehr in Europa stattfinden wird; wir werden mit unseren Kunden zusammenwachsen. So planen wir, die Zusammenarbeit mit dem rumänischen Werk auszubauen, bestimmte Produkte dort zu fertigen und in Deutschland zu veredeln.
Wirtschaftsforum: Wie sehen Sie die ENGMATEC derzeit aufgestellt, wie sehen Sie Ihre Aufgabe?
Peter Sauter: Das Unternehmen war lange inhabergeführt und hat einige schwierige Jahre hinter sich. Mit dem Verkauf an die SCHAUENBURG International Gruppe begann 2019 die Konsolidierung, aktuell beträgt unser Jahresumsatz 30 Millionen EUR. Ich selbst bin seit eineinhalb Jahren dabei und als Geschäftsführer dafür verantwortlich, klare Strukturen und Prozesse zu schaffen. ENGMATEC steht für Qualität, Pioniergeist und technologisch führende Produkte. Jetzt gilt es die richtigen Projekte umzusetzen und die entsprechenden Kosten rechtzeitig zu kalkulieren. Auf diese Weise gelingt es uns, ein tragendes Gerüst zu schaffen, die wichtigen Trends zu erkennen und in unsere Anlagen zu inte-grieren. Für aktuelle Entwicklungen wie Batterietechnik, Hybrid- und Wasserstofftechnologien, die E-Mobilität und Changemanagement lassen sich von unseren Systemen im Zuge der Digitalisierung immer mehr relevante Daten ableiten, zum Beispiel was Verfügbarkeit, Energieeffizienz und Wiederverwendbarkeit angeht.
Wirtschaftsforum: Halten Sie es für richtig, dass Hersteller in Zukunft eher in Produktzyklen denken sollten?
Peter Sauter: Bei ENGMATEC gehen wir davon aus, dass die Stückzahlen der Hersteller insgesamt geringer werden, die Varianz sich aber erhöhen wird. Die Automotive-Industrie ist ein gutes Beispiel dafür, auch wenn sie nicht für alle Branchen steht. Man braucht hohe Flexibilität, um auf verschiedenste Kundenbedürfnisse reagieren zu können. Unser Ziel ist es, die Kunden immer bestmöglich zu bedienen. Die Energiekrise ist ein starker Treiber, besonders in Bezug auf die Digitalisierung von Gebäuden. Immer mehr mechatronische Systeme müssen in diesem Bereich gefertigt und geprüft werden. Wir sind da sehr gut aufgestellt und visieren weiteres Wachstum an.
Wirtschaftsforum: Haben sich durch die Coronakrise Veränderungen für ENGMATEC ergeben?
Peter Sauter: Als flexibles Unternehmen haben wir bei ENGMATEC schnell reagiert und die digitale Umstellung soweit nur möglich vollzogen. Das mobile Arbeiten hilft, Privates und die Arbeitswelt zu verbinden, ein Vorteil bei der Gewinnung von Arbeitskräften. Unsere Ausgaben für Reisetätigkeit sind zurückgegangen, das kommt uns nun in der Energiekrise und in Bezug auf den Klimaschutz entgegen. Die Führung ist jedoch aufwendiger geworden, und regelmäßige Treffen bleiben notwendig für den Zusammenhalt.
Wirtschaftsforum: Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft der ENGMATEC aus?
Peter Sauter: Der deutsche Mittelstand wird automatisieren müssen, auch im Sinne der Energieeffizienz. Indem wir unseren Kunden einen echten Mehrwert sichern, tragen wir zu ihrer Wettbewerbsfähigkeit bei. Damit wollen wir nicht nur in der Elektronik- und Zulieferindustrie, sondern vermehrt auch in der Sensorik und Medizintechnik punkten. Generell möchten wir nicht nur im Anlagenbau, sondern auch in der Fertigung auf mehrere Umsatzträgersäulen setzen. Damit sehen wir uns für die Zukunft gut gerüstet.