Im Eldorado des Automobilgewerbes

Interview mit Bernd Baldus, Geschäftsführer der Autowelt Ebert

Wirtschaftsforum: Herr Baldus, derzeit betreibt die Autowelt Ebert 13 Autohäuser in der Bergstraße, im Odenwald und im Rhein-Neckar-Raum – also in einer der wirtschaftsstärksten Regionen Deutschlands. Liegt darin zugleich einer Ihrer wichtigsten Standortvorteile?

Bernd Baldus: Ich habe zuvor in Lübeck gelebt und kannte die Gegend nur vom Hörensagen und Vorbeifahren: die malerischen Burgen, die Kulturstadt Heidelberg, die BASF in Ludwigshafen. Ich hatte ja keine Ahnung, welche Kaufkraft und welch enorme Wirtschaftsstärke in dieser Region verwurzelt sind – und zwar weit über die klingenden Namen der großen multinationalen Industriebetriebe hinaus: Denn das Rückgrat dieser besonders attraktiven Lebensbedingungen bildet vielmehr das dichte Netz aus mittelständischen Familienunternehmen und größeren wie kleineren Handwerksbetrieben, die aus dieser Region mit ihren hohen Löhnen und verlässlichen Perspektiven ein Eldorado für das Automobilgewerbe machen.

Wirtschaftsforum: Trotzdem waren die Autohaus Ebert GmbH, die Mercedes-Benz und verwandte Marken vertreibt, sowie die Ebert Automobile GmbH, die als Händler der Marken Škoda, Dodge, Ram und SsangYong auftritt, vor etwa zehn Jahren in Schieflage geraten.

Bernd Baldus: Die Gründe dieser Entwicklung waren vielschichtig. Ich habe damals im Zuge der Übernahme die Investoren beraten und in den Folgejahren als Geschäftsführer zusammen mit meinem Team das unbändige Potenzial freigesetzt, das in diesem Unternehmen geschlummert hatte. Das wichtigste Element dieses Turnarounds bestand wahrscheinlich darin, allen Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, sich an den Stellen zu verwirklichen, in denen ihre jeweiligen Stärken liegen. Denn der beste Kundenbetreuer und effektivste Verkäufer ist nicht unbedingt auch der geschickteste Handwerker für Reparatur- oder Kundendienstarbeiten und umgekehrt. Natürlich hat auch der wirtschaftlich besonders attraktive Standort in der mittelständischen Herzkammer Europas seinen Teil zur Gesundung unseres Unternehmens beigetragen. So wurden aus fünf Betrieben inzwischen 13, während sich unsere Belegschaft aus damals circa 200 Mitarbeitern inzwischen verdoppelt hat.

Wirtschaftsforum: Tendenz weiter steigend.

Bernd Baldus: Zum 1.Oktober 2022 haben wir einen sehr erfolgreichen Ford-Händler übernommen, dessen Juniorchef uns als Geschäftsführer erhalten bleiben wird. Dieser gewachsene Familienbetrieb wird jedoch in der nahen Zukunft nicht unsere einzige Akquisition bleiben. Derzeit planen wir für die nächsten Monate die Übernahme mehrerer weiterer Ford-Händler, um vor dem Hintergrund der derzeitigen allgemeinen Konsolidierung in unserem Markt als starke Unternehmensgruppe bestehen zu können.

Wirtschaftsforum: Geht dieser klare Wachstumskurs durch weitere Zukäufe nicht mit der Gefahr einher, dass das Unternehmen als Ganzes schwerer steuerbar wird?

Bernd Baldus: Risiken und Gefahren bestehen immer, gleichzeitig aber eben auch Chancen – und aus unserer Beobachtung heraus überwiegen bei diesem Schritt die Vorteile deutlich, gerade im Lichte des aktuellen Marktgeschehens. Denn wer als Händler oder Vertragswerkstatt bisher nur auf eine einzige Marke gesetzt hat, steht nun nicht selten vor einem deutlichen Problem. Doch wer ausgehend von einer starken Organisationsstruktur auf nachhaltiges Wachstum setzt und mit kundenzentrierter Servicebereitschaft sein Know-how effektiv einsetzen will, kann sich nun eine attraktive Positionierung am Markt erarbeiten und gleichzeitig seine Kostenstrukturen deutlich wirtschaftlicher gestalten. Denn die derzeitigen Marktbedingungen haben unweigerlich zur Folge, dass Autohäuser entweder deutlich wachsen müssen oder früher oder später in einem anderen Unternehmen aufgehen werden und in diesem Zuge dann als eigenständige Organisation aus dem Markt verschwinden. Für viele kleinere Marktteilnehmer ist auch die letztere Option mittlerweile nicht mehr unbedingt unattraktiv, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Belegschaft in einem anderen Unternehmen eine nachhaltige Perspektive eröffnet wird und die bestehenden Liegenschaften zu einem fairen Preis vermietet oder veräußert werden können. Bei Autowelt Ebert sehen wir in unserem kundenzentrierten, Know-how-fokussierten Ansatz derweil deutliches Wachstumspotenzial, das wir in den nächsten Jahren bedacht und nachhaltig umsetzen wollen.

Wirtschaftsforum: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit dieses Unterfangen auch zum Erfolg führt?

Bernd Baldus: Man braucht Mut und eine gute Mannschaft, die sich fachlich und professionell beständig weiterentwickelt. Dazu fördern wir in unserem Unternehmen einen permanenten Austausch, der stets über den eigenen unmittelbaren Aufgabenbereich hinausgeht. So setzen wir bei jeder unserer Marken auf einen Markenverantwortlichen, der auch stets ein oder zwei Betriebe führt und dort in seiner Eigenschaft als Mr. oder Mrs. Ebert vor Ort als unser Gesicht zum Kunden auftritt. Gleichzeitig fällt dieser Person auch eine Spartenfunktion in den Betrieben zu, sodass zwischen den Geschäftsleitungskollegen permanente Gesprächsfäden bestehen – eine wichtige Keimzelle für neue Ideen, mit denen wir uns beständig verbessern können.

Wirtschaftsforum: Was macht Ihre Autohäuser darüber hinaus zu einem attraktiven Arbeitsplatz?

Bernd Baldus: Viele Menschen, die heute für uns arbeiten, haben wir selbst ausgebildet – und mit unseren derzeit 60 Auszubildenden bleiben wir uns an dieser Stelle auch perspektivisch treu. Das sehr junge Durchschnittsalter unserer Belegschaft ist zugleich ein wichtiger Ausweis für unser attraktives Arbeitsumfeld – denn bei uns bekommen engagierte Mitarbeiterinnen aus einer inneren Überzeugung heraus verantwortungsvolle Aufgaben übertragen, die sie in anderen Unternehmen wahrscheinlich nicht oder erst viel später erhalten würden. Auch diese Entwicklung hat sich im Rahmen unseres Turnarounds ergeben. In einem sehr offenen Gespräch hat mir ein langjähriger Betriebsrat einmal gesagt: „Wenn man mich vor fünf Jahren gefragt hat, für wen ich arbeite, dann habe ich mich geschämt – heute bin ich stolz darauf.“ Eine bessere Bestätigung unserer Bemühungen könnten wir gar nicht bekommen. Nun geht es darum, unsere Präsenz in der Region weiter zu stärken, wobei wir auch über unser rein geschäftliches Wirken hinaus einen positiven Beitrag leisten wollen, etwa durch unsere Unterstützung der lokalen Vereinsarbeit. Schließlich sehen wir es als unsere Pflicht an, dieser attraktiven Region auch nachhaltig etwas zurückzugeben.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

Süßer Genuss mit grüner Vision

Interview mit Silvano Papa, Geschäftsführender Gesellschafter der Dolceamaro Srl

Süßer Genuss mit grüner Vision

Die Herstellung hochwertiger Süßwaren erfordert die Balance zwischen Tradition und moderner Technik. Die Dolceamaro Srl aus Mittelitalien meistert diese Symbiose seit über 50 Jahren und gilt als Vorreiter der Branche.…

Für reibungslose Abläufe im OP-Saal

Interview mit Hariet Dörling, Geschäftsführerin der M.E.D. Medical Products GmbH

Für reibungslose Abläufe im OP-Saal

Chirurgische Routineeingriffe wie Katarakt- oder Gelenkersatzoperationen ähneln zunehmend industriellen Abläufen, bei denen Effizienz und Konsistenz entscheidend sind. Die M.E.D. Medical Products GmbH hat sich darauf spezialisiert, Kliniken dabei zu unterstützen,…

Gemüsezüchtung im Wandel der Zeit

Interview mit Kerstin Sobottka, Geschäftsführerin der Rijk Zwaan Welver GmbH

Gemüsezüchtung im Wandel der Zeit

In Zeiten von Klimawandel, Schädlingen und Krankheiten steht die Saatgutbranche vor großen Herausforderungen. Die Rijk Zwaan Welver GmbH, die deutsche Niederlassung der weltweit tätigen Rijk Zwaan Zaadteelt en Zaadhandel B.V.…

Spannendes aus der Region Rhein-Neckar-Kreis

Heilung mit Fachkompetenz und Herz

Interview mit Prof. Dr. Günter Germann, Geschäftsführer der ETHIANUM Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG

Heilung mit Fachkompetenz und Herz

Für eine schnelle Genesung ist nach einem operativen Eingriff oder einer Krankheit neben sehr guter medizinischer Qualität auch das persönliche Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung. Aufgrund der aktuellen Herausforderungen gelingt es…

Düfte, die man sich leisten kann

Interview mit Leyla Lampe, Geschäftsführerin der ULRIC DE VARENS GmbH Deutschland

Düfte, die man sich leisten kann

Tolle Düfte bezahlbar machen, das ist das Anliegen des französischen Familienunternehmens Ulric de Varens. Seit mehr als 40 Jahren vertreibt es selbst produzierte Düfte – seit 20 Jahren auch in…

Präzision in der Medizintechnik

Interview mit Silas Kick, Prokurist und Head of Finance und Victoria Back, Marketing Managerin der CPM Precision GmbH

Präzision in der Medizintechnik

Die CPM Precision GmbH hat sich als Spezialist für die Herstellung hochpräziser Drehteile etabliert, die ausschließlich in der Medizintechnik Anwendung finden. Im Interview geben Silas Kick, Prokurist und Head of…

Das könnte Sie auch interessieren

Den Wandel im Autohandel meistern

Interview mit Labinot Coraj, Geschäftsführer der Coenen Motors GmbH

Den Wandel im Autohandel meistern

Die Automobilbranche steht vor tiefgreifenden Veränderungen – von der Digitalisierung über die Elektromobilität bis hin zu neuen Kundenerwartungen. Inmitten dieses Wandels behauptet sich die Coenen Motors GmbH, die den Menschen…

Wenn ein Rad in das  andere greift

Interview mit Patrick Janz, Geschäftsführer der Lesora GmbH

Wenn ein Rad in das andere greift

Dienstfahrräder liegen im Trend: Laut dem Bundesverband Zukunft Fahrrad sind in Deutschland mehr als zwei Millionen Dienstfahrräder im Einsatz. Kein Wunder, denn das Dienstrad bietet Arbeitgeber und Arbeitnehmer viele Vorteile,…

Ein eisenhartes Geschäft

Interview mit Sandra Weferling, Geschäftsführerin der Ludwig Ohlendorf GmbH & Co. KG

Ein eisenhartes Geschäft

Der alteingesessene Eisenwarenhandel Ludwig Ohlendorf GmbH & Co. KG hat in Braunschweig eine 132 Jahre alte Tradition. Noch heute ist das Familienunternehmen gefragter Ansprechpartner für Privat- und Geschäftskunden, wenn es…

TOP