Folien im Kreislauf

Interview mit Thomas Rose, Geschäftsführer der Anton Debatin GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Rose, DEBATIN hat eine lange Geschichte. Können Sie uns einen kurzen Überblick über die Entwicklung insbesondere in den letzten Jahren geben?

Thomas Rose: DEBATIN wurde 1923 als papierverarbeitendes Unternehmen gegründet, es wird nächstes Jahr 100 Jahre alt. Wir sind sehr stolz, so lange am Markt zu sein und werden dieses Ereignis gebührend begehen. In den 1950er- und 1960er-Jahren stieg man in die Folienverarbeitung ein. Seit den 1990er-Jahren produzieren wir Sicherheitstaschen für Geld und Wertgegenstände. 2018 hat die Anton Debatin GmbH mit weiteren Unternehmen die DERIBA Group gegründet. Der Zukauf der Firma L.E.S.S. in Frankreich 2019 war für DEBATIN der direkte Einstieg in die Fertigung und den Vertrieb von Verpackungen für biologische Proben. Der Bereich Medical ist ein interessanter Markt und wir sehen in ihm eine große Zukunftsperspektive. Diese Produkte laufen bei uns unter dem Namen DEBAMED. DEBATIN ist seit drei Generationen im Familienbesitz. Seit 2013 bin ich im Unternehmen und seit 2014 Geschäftsführer.

Wirtschaftsforum: Welche Idee stand hinter der Gründung der DERIBA Group?

Thomas Rose: Der Hintergrund war, innerhalb der Gruppe, die inzwischen aus sieben Firmen besteht, Synergieeffekte im Bereich der Folienverarbeitung und -extrusion sowie des Recyclings nutzen zu können. Wir haben dadurch einen eigenen Folien-Recyclingkreislauf: Aus zugekauften, bereits verwendeten Folien wird PCR-Granulat – PCR steht für Post Consumer Recycling – hergestellt, aus dem wieder Folien extrudiert werden. Diese werden in verschiedenen Unternehmen der Gruppe beispielsweise zur Herstellung von Versandtaschen für den Onlinemarkt, Sicherheitstaschen oder Taschen für den Medical-Bereich konfektioniert. Das ist für uns eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Wir können aber auch unseren Kunden geschlossene Kreislaufsysteme anbieten, wenn es wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll ist.

Wirtschaftsforum: Das spricht dafür, dass Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen einen hohen Stellenwert hat. Dabei haftet Kunststoff ein nicht so gutes Image an ...

Thomas Rose: Das ist richtig. Aber er ist für die Gesellschaft genauso wichtig wie Papier, welches in Bezug auf Nachhaltigkeit ebenfalls kritisch betrachtet werden muss. Es ist nicht die Frage, ob Folie oder Papier besser oder schlechter ist, sondern vielmehr die Frage: Für welche Anwendung ist welches Material besser geeignet, um Verpackungs-, Transport- und Schutzfunktionen zu erfüllen? Im Übrigen ist nicht die Verpackung das generelle Grundübel, sondern vielmehr der menschliche Umgang damit. Die Verpackungen gehören in die Abfallbehälter und nicht in die Natur. Das gilt generell für jede Verpackung. Nachhaltigkeit ist eines von drei großen Themen, mit denen wir uns seit einigen Jahren intensiv beschäftigen. Ein weiteres ist das Employer Branding. Wir legen großen Wert auf die Ausbildung, um uns für die Zukunft Mitarbeitende aus den eigenen Reihen zu entwickeln. Unsere Quote an Auszubildenden liegt bei durchschnittlich 8 bis 10%. Das dritte wichtige Thema ist Digitalisierung. In diesen Bereich investieren wir viel, aktuell etwa in ein neues CRM-System - mit künstlicher Intelligenz.

Wirtschaftsforum: Wie hat sich DEBATIN in den letzten Jahren, die ja durch Corona geprägt waren, wirtschaftlich entwickelt?

Thomas Rose: Die Umsatzentwicklung war im letzten Jahr durchaus positiv. Allerdings spielen hier die Lieferengpässe und Preissteigerungen bei Rohstoffen ebenfalls eine Rolle, die wir an die Kunden weitergegeben haben. Das hat bei uns wie bei vielen anderen zu einem höheren Umsatz geführt. Corona hat sich bei uns in ganz unterschiedlicher Weise ausgewirkt. Im Medical-Bereich ist durch Covid der Transport von biologischen Proben stark angestiegen. Gleichzeitig haben wir den Trend zum bargeldlosen Bezahlen spürbar wahrgenommen, denn unsere DEBASAFE-Produkte sind Taschen, die hauptsächlich zum Transport von Geld verwendet werden. Unter dem Strich ist die Gesamtentwicklung der DEBATIN Gruppe – mit den beiden französischen Tochtergesellschaften DEBATIN Sarl und L.E.S.S. SAS – positiv.

Wirtschaftsforum: Was beschäftigt Sie denn aktuell besonders in Ihrer Funktion als Geschäftsführer?

Thomas Rose: In meiner Funktion ist es wichtig, am Unternehmen und nicht im Unternehmen zu arbeiten. Es geht heute vor allem darum, die Menschen aufgrund ihrer Fähigkeiten an die richtigen Stellen zu bekommen und ihnen Verantwortung zu übertragen, derer sie sich auch bewusst sind. Dass das ganz gut gelungen ist, hat sich gerade in der Coronazeit ausgezahlt, denn wir haben sehr viele leidenschaftliche und intrinsisch motivierte Mitarbeitende in allen Bereichen. Ich selbst habe mir mehr Freiräume geschaffen, die mir ermöglichen, für das Unternehmen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Der Sport, etwa in Form von Triathlon, ist für mich zum Ausgleich des beruflichen Alltags geworden. Ich muss geistig und körperlich fit sein, um die Anforderungen, die heute an mich gestellt werden, erfüllen zu können.

Wirtschaftsforum: Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für den Erfolg der letzten Jahre?

Thomas Rose: Seit 2015/2016 haben wir uns sehr stark mit dem Thema Mitarbeitende beschäftigt und im Hinblick auf Transparenz und Kommunikation viel verändert und verbessert. Wir haben die Mitarbeitenden animiert mitzuarbeiten und mitzugestalten. Als Geschäftsführer muss man akzeptieren, dass man nicht der Beste auf jedem Gebiet ist, man muss aber in der Lage sein zu erkennen, welches die richtigen Menschen für die jeweiligen Aufgaben sind. Uns ist es gelungen, unsere Mitarbeitenden weiterzuentwickeln und kompetente Menschen für uns zu gewinnen. Das hat bei ihnen für Vertrauen gesorgt und Leidenschaft und Motivation erzeugt. Das trägt dazu bei, dass die Menschen keine Angst vor Veränderungen haben und im Idealfall sogar die sich daraus ergebenden Chancen sehen und ergreifen.

Wirtschaftsforum: Wie würden Sie Ihre Unternehmenskultur beschreiben?

Thomas Rose: Ich bin seit neun Jahren im Unternehmen. In dieser Zeit hat sich die Kultur stetig weiterentwickelt. Da ich selbst nicht überall der Beste sein kann und bin, ist es umso wichtiger, eine gute Mannschaft zu formen. Wir haben mit externer Unterstützung unsere DEBAWERTE entwickelt, an denen wir uns auch messen lassen. Sie lauten Wertschätzung, Kooperation, Zuverlässigkeit, Zielorientierung und Multiperspektivität. Letzteres beispielsweise bedeutet, offen zu sein für Neues, den Mut zu haben, sich darauf einzulassen und über den Tellerrand hinauszuschauen. Bei uns arbeiten Menschen aus rund 30 Nationen, auch das erfordert Multiperspektivität im Umgang miteinander.

Wirtschaftsforum: Welche Visionen haben Sie für DEBATIN?

Thomas Rose: Ich möchte unseren eingeschlagenen Weg weiterverfolgen und dabei unsere Mitarbeitenden einbeziehen. Mein Wunsch ist ein gemeinschaftliches Verständnis von DEBATIN als DEBATEAM – in der ganzen DEBATIN Gruppe.

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