Projektmanagement als Schlüssel der Bauwirtschaft
Interview mit Dr. Stefan Reimoser, Business Development Executive, Teil der Geschäftsführung der Turner & Townsend GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Dr. Reimoser, Turner & Townsend ist heute ein weltweit führendes Beratungsunternehmen im Bau- und Immobiliensektor. Wie hat sich Ihr Unternehmen in Deutschland entwickelt?
Dr. Stefan Reimoser: Turner & Townsend ist ein englisches Unternehmen, das 1946 gegründet wurde. In Deutschland sind wir seit dem Jahr 2000 aktiv – damals noch als Joint Venture mit Siemens Real Estate. Aus den anfangs 25 Mitarbeitenden sind heute rund 450 geworden, eingebettet in eine globale Organisation mit über 20.000 Kollegen. Wir sind Dienstleister für Projekt- und Kostenmanagement in allen Bereichen des Bauens – von Infrastruktur über Industrie bis hin zu Rechenzentren und Kulturprojekten.
Wirtschaftsforum: Welche wirtschaftliche Dimension hat dieses Wachstum heute erreicht?
Dr. Stefan Reimoser: Unser Jahresumsatz bewegt sich mittlerweile in Richtung 3 Milliarden EUR. Einen wesentlichen Anteil daran hatte der jüngste Merger mit dem Projektmanagementgeschäft von CBRE, durch den fast 10.000 Mitarbeitende zu uns gestoßen sind. Damit sind wir im internationalen Vergleich die Nummer 1 in unserem Segment – mit einer deutlichen Marktführerschaft.
Wirtschaftsforum: Digitalisierung prägt heute nahezu jedes Bauprojekt. Welche Rolle spielt sie für Ihr Unternehmen?
Dr. Stefan Reimoser: Ohne digitale Prozesse ist modernes Projektmanagement nicht mehr denkbar. Wir investieren stark in Softwarelösungen, Datenmanagement und Cybersicherheit. Nur wenn Projekte digital gesteuert und transparent dokumentiert werden, lassen sich Kosten und Termine zuverlässig einhalten. Gleichzeitig sehen wir in der Digitalisierung eine Chance, die Produktivität der Branche insgesamt zu steigern. Wir beobachten zudem die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz, etwa für vorausschauende Planung oder Datenanalysen, und sehen darin ein großes Potenzial für die Zukunft.
Wirtschaftsforum: Nachhaltigkeit und ESG gewinnen ebenfalls an Bedeutung. Wie positioniert sich Turner & Townsend in diesem Bereich?
Dr. Stefan Reimoser: Nachhaltigkeit ist für uns kein Nebenthema, sondern fester Bestandteil unserer Unternehmensstrategie. Wir stehen für Vielfalt, Inklusion und verantwortungsbewusstes Handeln – sowohl in unseren Projekten als auch in unserer Unternehmenskultur. ESG-Kriterien sind ein klarer Maßstab für die Zukunftsfähigkeit unserer Branche, und daran orientieren wir uns konsequent.
Wirtschaftsforum: Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell für die Branche – und wie reagieren Sie darauf?
Dr. Stefan Reimoser: Die Bauwirtschaft leidet an mangelnder Produktivität, kleinteiligen Vergaberegeln und einer Überregulierung, die Innovation ausbremst. Hinzu kommen der Fachkräftemangel und die wachsende Komplexität durch Normen und Haftungsfragen. Auch geopolitische Faktoren spielen eine Rolle – so mussten wir etwa unser Büro in Moskau schließen, was zeigt, wie stark externe Einflüsse den Markt beeinflussen können. Wir begegnen all dem, indem wir international diversifizieren, auf starke Partnerschaften setzen und durch Professionalität Vertrauen schaffen. Nur wenn Teams über reine Vertragsgrenzen hinaus zusammenarbeiten, entstehen belastbare Ergebnisse.
Wirtschaftsforum: Sie engagieren sich sowohl über Projekte hinaus in der Öffentlichkeitsarbeit als auch bei Branchenevents. Welche Impulse möchten Sie damit setzen – und was treibt Sie persönlich an?
Dr. Stefan Reimoser: Neben unserer Projektarbeit engagieren wir uns aktiv in der Kommunikation, etwa durch Fachartikel, Verbandsarbeit oder eigene Formate wie den Global Cost Report mit regelmäßigen Webinaren. Solche Plattformen sind wichtig, um aktuelle Themen in den Dialog zu bringen und die Branche weiterzuentwickeln. Mich persönlich motiviert dabei der Wunsch, Dinge zu gestalten und das Bauen in Deutschland professioneller, transparenter und effizienter zu machen.








