Asphalt mit Augenmaß
Interview mit Mathias Glemser, Technischer Leiter der Gerst & Juchem Asphaltbau GmbH & Co.KG

Wirtschaftsforum: Herr Glemser, wie entstand Gerst & Juchem?
Mathias Glemser: Vor genau 25 Jahren kaufte die Firma Juchem, ein Bauunternehmen aus dem Hunsrück mit eigenen Steinbrüchen, ein Asphaltmischwerk in Landau, um so ihre Edelsplitte zu vertreiben. Um den produzierten Asphalt vermarkten zu können, wurde die Asphaltbaugesellschaft Gerst & Juchem in enger Zusammenarbeit mit der vor Ort ansässigen Unternehmensgruppe Gerst gegründet. Ich selbst bin Bauingenieur, 56 Jahre alt, arbeite seit 20 Jahren als Oberbauleiter, seit über fünf Jahren jetzt Technischer Leiter bei Gerst & Juchem. Von unseren 40 Mitarbeitenden arbeiten tatsächlich nur 13 in den Asphaltkolonnen, der Rest ist in den Baukolonnen und im Büro tätig. Wir machen mit dieser kompakten Truppe im Jahr etwa 14 Millionen EUR Umsatz.
Wirtschaftsforum: Wer sind Ihre Hauptkunden?
Mathias Glemser: Unsere Hauptkunden sind die Autobahn GmbH und die Landesbetriebe Mobilität in Speyer, Worms und Kaiserslautern. Dazu kommen die Nachbarstädte wie Landau/Pfalz, Neustadt/Weinstraße sowie Mannheim, Ludwigshafen und Karlsruhe und natürlich die umliegenden Gemeinden. Der Aktionsradius liegt bei etwa 100 km, weil der Asphalt trotz thermoisolierter Fahrzeuge irgendwann kalt wird. Von unseren Angeboten gehen 25% an öffentliche Auftraggeber – das sind meist Großprojekte. Die restlichen 75% sind kleinere Aufträge, vom Firmenhof bis zum Radweg.
Wirtschaftsforum: Wie behaupten Sie sich gegen die Großkonzerne?
Mathias Glemser: Wir arbeiten unbürokratisch und mit Augenmaß. Wenn bei einem Kunden der Untergrund nicht optimal vorbereitet ist, schauen wir uns das vorher an und klären mit ihm schon Tage vor der geplanten Ausführung, welche Vorleistungen von ihm noch zu erbringen sind, damit der Asphalteinbau auch gelingt. Andere würden es vielleicht darauf ankommen lassen, sprich die teuren Maschinentransporte veranlassen und das Mischgut an die Baustelle bringen, um dann festzustellen, dass kein Asphalteinbau möglich ist. Die entstehenden Stillstandskosten und die unvermeidbare Material-entsorgung würden dann dem Kunden in Rechnung gestellt. Das können wir uns nicht leisten, weil wir ja wieder für den Kunden arbeiten wollen. Der Markt ist seit vielen Jahren stark von großen, namhaften Konzernen dominiert. Wir sind tatsächlich einer der letzten mittelständigen Asphaltbauer in der Region. Aufgrund unserer pragmatischen Vorgehensweise arbeiten die örtlichen Firmen besonders bei kleineren Projekten deshalb oft bevorzugt mit uns zusammen.
Wirtschaftsforum: Wie hat sich das Geschäft verändert?
Mathias Glemser: Früher gab es reine Asphaltausschreibungen. Heute sind es kombinierte Tiefbaumaßnahmen – Erdarbeiten, Schotter, Bordsteine und Pflaster, alles gehört dazu. Deshalb haben wir eigene Baukolonnen für diese Vorarbeiten aufgebaut, die auch Verkehrssicherungsmaßnahmen ausführen. Bei Autobahnen lassen wir die Verkehrssicherung von Nachunternehmern ausführen – das ist uns zu aufwendig, mit all den Schutzwänden, über die wir in den großen Mengen gar nicht verfügen.
Wirtschaftsforum: Wie nachhaltig ist Asphaltbau heute?
Mathias Glemser: Das meiste Material kann recycelt werden. Abgefräste Beläge kommen ins Mischwerk und werden aufbereitet. In die untere Tragschicht kann viel Recyclingmaterial eingebracht werden, in der oberen Deckschicht in der Regel etwas weniger, weil dort zur gewünschten Aufhellung der Fahrbahn und zur optimalen Griffigkeit des neuen Belages vermehrt Edelsplitte aus Eigenproduktion verwendet werden. Früher, also bis Anfang der 1970er-Jahre, wurde noch mit Teer als Bindemittel gearbeitet, das ist jedoch giftig. Das heutige Bindemittel ‘Bitumen’, vereinfacht gesagt also der Klebstoff zwischen den einzelnen Sand- und Splittkörnern, ist dagegen absolut unbedenklich.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt die Digitalisierung?
Mathias Glemser: Eine entscheidende. Alle Angebote werden digital bearbeitet und bei allen großen Auftraggebern ausschließlich über deren eingerichtete und entsprechend geschützte Vergabeplattformen versendet. Auch die Abrechnung mit unseren Auftraggebern erfolgt inzwischen fast komplett digital. Bei der Kalkulation arbeiten junge Kollegen bereits mit KI-Unterstützung, die aus einer Datenbank heraus Preisvorschläge macht. Ich persönlich fühle mich dafür zu alt, aber es funktioniert erstaunlich gut!
Wirtschaftsforum: Wie sieht es mit Nachwuchskräften aus?
Mathias Glemser: Wir haben eine ideale Mischung. Die Jüngeren beherrschen die digitale Technik perfekt, aber ihnen fehlt die Erfahrung. Die Älteren kennen den Baustoff und sehen sofort, ob das Ergebnis stimmt. Diese Kombination funktioniert hervorragend.
Wirtschaftsforum: Wie wirkt sich die wirtschaftliche Lage aus?
Mathias Glemser: Die Veränderungen spüren wir deutlich. Dieses Jahr gab es die Situation, dass die Autobahn GmbH plötzlich keine neuen Projekte mehr ausschreiben durfte – das wurde zwar nach drei Wochen revidiert, aber solche Unsicherheiten sind schwierig. Im Asphaltbau selbst sind wir noch stabil, aber im Hochbau merken wir den Rückgang. Viele Außenanlagen für Industriebauten fallen weg, deshalb konzentrieren wir uns stärker auf den öffentlichen Bereich.
Wirtschaftsforum: Gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Mathias Glemser: Die Tunnelkette an der B10 bei Annweiler war spektakulär. Im Tunnel wird andere Technik eingesetzt, weil die Sattelzüge dort nicht kippen können. Ein besonderes Erlebnis hatten wir mit der Brandmeldeanlage. An einem Tag wurde sie vom Tunnelbetreiber etwas zu spät abgeschaltet und registrierte plötzlich zu hohe Temperaturen und Dampf durch den heißen Asphalt. Sofort gingen die Sprinkler an und unsere Mitarbeiter wurden komplett durchnässt. Diese unfreiwillige und unerwartete Reinigung von Personal und Geräten hat jedoch ein positives Fazit: Die zur Sicherheit aller installierten Sprinkleranlagen und Ventilatoren zur Entrauchung funktionieren in den Tunneln einwandfrei. Aktuell sind wir bis Ende November 2025 noch an einem Autobahnteilstück der Autobahn 65 zwischen Karlsruhe und Landau bei Wörth aktiv.











