Innere Dynamik verstehen – menschlich und wirksam

Interview mit Karin Koerber, Geschäftsführerin der Klinik Menterschwaige

Wirtschaftsforum: Frau Koerber, was waren die wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung der Klinik Menterschwaige?

Karin Koerber: Die Gründung 1979 als gemeinnützige GmbH war ein bedeutender Schritt – damals mit 56 Betten in einem ehemaligen Lungenkrankenhaus im Perlacher Forst. Im Jahr 2017 haben wir mit einem Erweiterungsbau moderne Patientenzimmer und zusätzliche Therapieräume geschaffen. Heute verfügen wir über 62 stationäre Plätze. Ein weiterer Meilenstein war 1993 die Gründung unserer Psychiatrischen Institutsambulanz. Diese duale Versorgung – stationär und ambulant – ist für uns bis heute ein zentrales Element. Dass wir als Klinik zudem völlig unabhängig agieren, ohne Konzernzugehörigkeit oder Trägerstruktur, macht unsere Position auf dem Markt besonders.

Wirtschaftsforum: Was bedeutet diese Unabhängigkeit konkret für Ihre wirtschaftliche Aufstellung?

Karin Koerber: Sie bringt große Gestaltungsspielräume, aber auch Verantwortung mit sich. Wir sind auf uns allein gestellt und müssen wirtschaftlich solide agieren – da gibt es kein Auffangnetz. Das fordert uns, ermöglicht aber auch authentische Entscheidungen im Sinne unseres Behandlungskonzepts. Für eine Klinik unserer Größe ist das durchaus bemerkenswert. Gleichzeitig profitieren wir von Synergien innerhalb unserer eigenen Struktur – gerade durch die enge Verzahnung von stationärem und ambulantem Bereich.

Wirtschaftsforum: Wie ist Ihr Team aufgestellt?

Karin Koerber: Wir beschäftigen über 100 Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Berufsgruppen – von Ärzten, Pflegekräften, Psychologen und Psychotherapeuten bis hin zu Spezialtherapeuten für Bewegung, Tanz, Theater, Musik oder Kunst. Auch die Verwaltung und die Küche sind inhouse organisiert. Bemerkenswert ist vor allem die Loyalität: Viele Kollegen sind seit Jahrzehnten bei uns. Diese Kontinuität schafft eine besondere Atmosphäre – und ist in Zeiten des Fachkräftemangels ein echtes Alleinstellungsmerkmal.

Wirtschaftsforum: Wie stellt sich die wirtschaftliche Situation der Klinik derzeit dar?

Karin Koerber: Die letzten beiden Jahre waren wirtschaftlich zufriedenstellend, auch dank verschiedener Fördermittel, etwa aus dem Krankenhauszukunftsgesetz zur Digitalisierung oder für energetische Sanierungen. Allerdings sehe ich das nicht als selbstverständlich an. Derzeit arbeiten wir intensiv daran, unsere ambulanten Leistungen wirtschaftlich tragfähig aufzustellen. Es gibt noch Optimierungspotenzial, aber die Richtung stimmt. Für uns zählt langfristige Stabilität, nicht kurzfristiger Erfolg.

Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt Digitalisierung für Ihr Haus?

Karin Koerber: Eine große. Wir befinden uns mitten in einem Transformationsprozess, der alle Bereiche betrifft – von der Patientenaufnahme bis zur internen Kommunikation. Mein Ziel ist es, durch digitale Tools Prozesse zu verschlanken, die Mitarbeiter zu entlasten und gleichzeitig mehr Zeit für die eigentliche therapeutische Arbeit zu schaffen. Wichtig ist dabei: Digitalisierung darf nicht entmenschlichen. Der persönliche Kontakt und der Blick auf den ganzen Menschen bleiben bei uns zentral.

Wirtschaftsforum: Wie würden Sie das therapeutische Konzept beschreiben?

Karin Koerber: Wir arbeiten tiefenpsychologisch, psychoanalytisch und gruppendynamisch – ganz im Sinne der Dynamischen Psychiatrie. Das bedeutet: Wir stellen nicht nur Diagnosen, sondern betrachten den Menschen in seiner Gesamtheit – mit seiner Geschichte, seinen Potenzialen, seinem Umfeld. Das Gruppenkonzept, die Milieutherapie und das Prinzip der Mitgestaltung ziehen sich durch alle Ebenen. Dieser Ansatz zieht nicht nur Patienten an, sondern auch Mitarbeiter, die sich bewusst für diese Form von Arbeit entscheiden.

Wirtschaftsforum: Was treibt Sie persönlich an?

Karin Koerber: Mein Antrieb ist ganz klar: Ich möchte, dass diese Klinik wirtschaftlich gesund bleibt – weil das die Grundlage dafür ist, dass wir unser besonderes Behandlungskonzept auch langfristig sichern und weiterentwickeln können – für die Mitarbeiter, für die Patienten und für die Zukunft. Ich muss nicht im Rampenlicht stehen. Aber ich möchte die Voraussetzungen schaffen, dass hier weiter gute Arbeit geleistet werden kann. Unsere Lage ist außergewöhnlich – mitten im Perlacher Forst, aber dennoch stadtnah. Wenn es gelingt, den Altbau zu sanieren, energetisch zu modernisieren und die Infrastruktur weiter an die heutigen Anforderungen anzupassen, ist das für mich ein zentrales Etappenziel. Und ja – ich wünsche mir, dass wir irgendwann gemeinsam das 100-jährige Bestehen dieser besonderen Klinik feiern.

Wirtschaftsforum: Wie sieht Ihre langfristige Vision für die Klinik aus?

Karin Koerber: Wir wollen unsere Institutsambulanz ausbauen – mittelfristig mit erweiterten Öffnungszeiten von 8 bis 20 Uhr, vielleicht sogar an Wochenenden. Der Bedarf ist enorm, und wir wollen ihn verantwortungsvoll decken. Parallel dazu treiben wir die bauliche Sanierung des Altbestands voran – auch im Sinne der Nachhaltigkeit, mit Blick auf Hitzeschutz und Energieeffizienz. All das geschieht in enger Abstimmung mit den Mitarbeitern. Denn nur wer sich ernst genommen fühlt, bleibt auch langfristig – und das ist die Grundlage für unsere Zukunft.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

„Möbel muss man anfassen, fühlen, ausprobieren“

Interview mit Michael Kösters, Geschäftsführer über Möbel Ewald Kösters GmbH

„Möbel muss man anfassen, fühlen, ausprobieren“

Michael Kösters ist in einem Möbelhaus groß geworden – wortwörtlich. Heute führt er die Möbel Ewald Kösters GmbH in dritter Generation. Im Gespräch erzählt er, warum er trotz starker Konkurrenz…

Stark in steilem Gelände

Interview mit Ing. Johannes Loschek, Consultant der MM Forsttechnik GmbH

Stark in steilem Gelände

Die MM Forsttechnik GmbH mit Sitz im steirischen Frohn­leiten entwickelt hoch spezialisierte Seilgerätetechnik für die Holzbringung in anspruchsvollem Gelände. Entstanden aus dem heute größten privaten Forstbetrieb Österreichs, verbindet das Unternehmen…

Zukunft aus Holz bauen

Interview mit Georg Nef, Geschäftsführer der Vögeli Holzbau AG

Zukunft aus Holz bauen

Holz ist einer der ältesten Baustoffe – und aktueller denn je. Als nachwachsender Rohstoff verbindet er Nachhaltigkeit mit moderner Technik und präziser Vorfertigung. Ob historische Sanierung oder mehrgeschossiger Wohnungsbau: Holzbau…

Spannendes aus der Region München

Erlebnisse, die in Erinnerung bleiben

Interview mit Christian Nau, Geschäftsführer der Jochen Schweizer mydays Group

Erlebnisse, die in Erinnerung bleiben

In einer Zeit, in der materielle Geschenke oft in Vergessenheit geraten, gewinnen Erlebnisse zunehmend an Bedeutung. Erlebnisgutscheine bieten die Möglichkeit, einzigartige Momente zu verschenken – sei es ein Fallschirmsprung, eine…

Digitaler, effizienter und sinnstiftender

Interview mit Patrick Ruwolt, Geschäftsführer der Deutschmann Garten- und Landschaftsbau GmbH

Digitaler, effizienter und sinnstiftender

Der Garten- und Landschaftsbaubetrieb Deutschmann zählt zu den größeren in München und Umgebung und will in den nächsten Jahren weiter deutlich wachsen. Was ihn bewogen hat, das Unternehmen in Zeiten…

Effizienz in der Bauwirtschaft

Interview mit Dipl.-Ing. Falk Hartmann, Geschäftsführer der Catterfeld Welker GmbH

Effizienz in der Bauwirtschaft

Nachhaltige und klar kommunizierte Entscheidungen der Politik sind notwendig, damit die Bauwirtschaft sicher planen kann – zu diesem Ergebnis kommt Dipl.-Ing. Falk Hartmann, Geschäftsführer der Catterfeld Welker GmbH. Aktuellen Herausforderungen…

Das könnte Sie auch interessieren

Eine Behandlung aus einem Guss

Interview mit Prof. Dr. med. Martin Kriegmair, Geschäftsführer der Medical Team Clinic GmbH

Eine Behandlung aus einem Guss

Die Urologische Klinik München-Planegg bietet ihren Patienten das gesamte operative Behandlungsspektrum einschließlich sämtlicher adjuvanter Therapien in einem Haus an. Inhaber Prof. Dr. Martin Kriegmair erläuterte im Interview mit Wirtschaftsforum, warum…

„Neu heißt nicht gleich gut.“

Interview mit Dr. med. Sonja Sattler, Geschäftsführerin der Rosenparkklinik GmbH

„Neu heißt nicht gleich gut.“

Die Rosenparkklinik GmbH in Darmstadt ist eine Fachklinik für ästhetisch-operative Dermatologie und eine der ersten Adressen für minimalinvasive Gesichtsverjüngung, Fettabsaugung und Plastische Chirurgie in Deutschland. Geschäftsführerin Dr. med. Sonja Sattler…

Spitzenmedizin aus Wien – weltweit gefragt & geschätzt

Interview mit Thomas-Peter Ebm, Geschäftsführer der Wiener Privatklinik Betriebs-Ges.m.b.H. & Co. KG

Spitzenmedizin aus Wien – weltweit gefragt & geschätzt

Repräsentativer Standort im Herzen Wiens: Die traditionsreiche Wiener Privatklinik verbindet eindrucksvolle Architektur aus der Kaiserzeit mit moderner Infrastruktur für Spitzenmedizin auf internationalem Niveau…

TOP