„Jedes Element des Energiemixes ist wichtig!“
Interview mit Jens Albartus, Geschäftsführer der Weltec Biopower GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Albartus, die Planung und Errichtung von Biogas- und Biomethananlagen gilt als eher langwieriges Unterfangen. Woraus ergibt sich die besonders hohe Komplexität Ihres Geschäftsfeldes?
Jens Albartus: Die Komplexität beginnt schon damit, dass unsere Kunden mit den unterschiedlichsten Problemstellungen an uns herantreten. Es ist dann unsere Aufgabe, die individuelle Situation unseres jeweiligen Partners im Dialog mit ihm detailliert zu analysieren, um anschließend eine verfahrenstechnische Lösung zu skizzieren – und erst, wenn der Kunde von der Wirtschaftlichkeit des Gesamtkonzepts überzeugt ist, beginnt überhaupt das länderspezifische Genehmigungsverfahren, das mit seinen ganz eigenen Fallstricken behaftet ist. Vom ersten Austausch mit dem Kunden bis zur Anlieferung des Materials auf die jeweilige Baustelle vergehen damit im Durchschnitt mittlerweile etwas mehr als zwei Jahre – und bis zur Produktion der ersten Energie ziehen noch einmal weitere zwölf Monate ins Land.
Wirtschaftsforum: Lohnt sich dieser Aufwand dennoch?
Jens Albartus: Mit der richtigen Planung und Umsetzung sind Biogas- und Biomethananlagen nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich nachhaltig. Dabei gehen die Möglichkeiten dieser Technologie im Übrigen weit über die landwirtschaftlichen Anwendungsfelder hinaus, die in Mitteleuropa im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Kürzlich haben wir beispielsweise eine Anlage für einen Milchpulverhersteller aus Uruguay entwickelt und errichtet, der die organischen Abfälle aus seinen Fertigungsprozessen wiederaufbereiten und als Energie nutzbar machen wollte. Am Schluss konnten wir für dieses Projekt ein detailliertes Konzept mit einem Gasbrenner zur Wärmegewinnung, einem Blockheizkraftwerk zur Stromerzeugung und einer Anlage zur Umwandlung der Gärreste in Einstreumaterial konzipieren und fertigstellen.
Wirtschaftsforum: Ließe sich ein solches Projekt auch anderswo verwirklichen?
Jens Albartus: In diesem Beispiel liegt sicherlich auch eine Perspektive für den deutschen Markt. Dabei ist die Biogasthematik auch in anderen Erdteilen viel stärker reststoff- als landwirtschaftsgetrieben. Japan, das eine ähnliche demografische Struktur wie Deutschland aufweist –, ein recht kleines, aber bevölkerungsreiches Land mit hohem Fleischkonsum – hat schon lange erkannt, dass sich tierische Exkremente, die in der Viehhaltung als Abfallprodukte entstehen, sehr gut zur Energiegewinnung nutzen lassen. Auch ein solches Projekt haben wir bereits betreut: Dabei konnten wir für unseren ostasiatischen Kunden eine Lösung entwickeln, bei der die Gärreste zu Düngemitteln umgewandelt wurden, die so wiederum der Landwirtschaft zugeführt werden konnten. Das übrige Inputmaterial wurde indes zu Klarwasser aufbereitet, das wieder bedenkenlos in die Umwelt abgelassen werden konnte.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle werden Biogasanlagen im Energiemix der Zukunft neben Wind- und Solarkraftwerken spielen?
Jens Albartus: Die Probleme von Windkraft- und Solaranlagen sind allgemein bekannt: Mit beiden Methoden lässt sich nicht kontinuierlich auf einem fixen Niveau Strom erzeugen. Zwar kann Strom natürlich mittels Batterien gespeichert werden, doch die Kapazitäten, die erforderlich wären, um ganz Deutschland mit Wind- und Solarenergie zu versorgen, sind perspektivisch meines Wissens schwer darstellbar. Ich möchte das wohlgemerkt nicht als Schelte dieser Branchen missverstanden wissen: Ich bin selbst viele Jahre für einen Energieanbieter tätig gewesen und habe große Achtung vor den wissenschaftlichen und unternehmerischen Leistungen in diesen Branchen. Doch aus meiner Sicht ist genauso klar, dass die Biogas- und Biomethan-Technologie aus der Stromversorgung der Zukunft nicht wegzudenken ist, weil sie besser speicherbar und insbesondere viel besser steuerbar ist. Leider wird sie gerade von der Politik aus meiner Sicht sträflich vernachlässigt und ich würde mir wünschen, dass auch die öffentliche Diskussion über die verschiedenen Methoden der nachhaltigen Energieerzeugung produktiver geführt wird. Denn bei der Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft brauchen wir viel weniger Gegeneinander und viel mehr Miteinander. Jedes Element des Energiemixes ist wichtig.