„Brauchen Verlässlichkeit in der Energiewende“
Interview mit Dipl.-Ing. (FH) Michael Raschemann, geschäftsführender Gesellschafter der Energiequelle GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Raschemann, Energiequelle ist Ihr ‘Kind’. Wie kam es zur Gründung des Unternehmens?
Michael Raschemann: Als ich Energiequelle gemeinsam mit meiner Frau Doreen und einem Kompagnon, Joachim Uecker, einem Banker, 1997 gegründet habe, war die Welt der erneuerbaren Energien noch sehr klein. Kaum einer hätte damit gerechnet, dass sie knapp 30 Jahre später so bedeutend für die Energieversorgung sein würden. Wir haben uns den Weg zugetraut. Ich hatte als Student schon vier Windenergieanlagen geplant und gebaut. Meine Frau hatte einen kaufmännischen Hintergrund. Der Plan war, dass wir Drei bis zur Rente ein kleines Büro betreiben wollten. Inzwischen sind wir um die 650 Mitarbeiter. Anfang der 2000er-Jahre haben wir gemerkt, dass es läuft. Um die immer wieder auftretenden energiepolitischen Stillstände in Deutschland auszugleichen, haben wir internationale Märkte hinzugenommen, zunächst Frankreich, Polen – wo wir zwischenzeitlich wieder ausgestiegen sind, weil die Randbedingungen nicht stimmten – und Finnland. Dann folgten Griechenland und Südafrika.
Wirtschaftsforum: Was ist Ihr Kerngeschäft?
Michael Raschemann: Den größten Anteil haben Windenergie und Photovoltaik, in dieser Reihenfolge. Bioenergie ist leider vom Gesetzgeber in der Diskussion zerrieben worden. Hier betreiben wir noch Anlagen, aber es gibt keinen Zubau. Unser Vorzeigeprojekt im Rahmen der Energiewende ist das bundesweit bisher einzige energieautarke Dorf Feldheim in Brandenburg mit 130 Einwohnern. Es ist vollständig an den Windpark und die Biogasanlage angekoppelt und bezieht von ihnen direkt Strom und Wärme. Das Projekt diente auch dazu, der Politik zu zeigen, dass wir die Verantwortung im Hinblick auf erneuerbare Energien jederzeit übernehmen können. Aus heutiger Sicht ist es auch ein wichtiges Beispiel dafür, was mit der Akzeptanz der Bevölkerung vor Ort möglich ist.
Wirtschaftsforum: Wie ist diese Akzeptanz zu erreichen, und was können Sie dazu beitragen?
Michael Raschemann: Vom Bund und vom Land gibt es eine Art Windenergieanlagensteuer, an der die Standortkommunen gewaltig partizipieren können. Für viele Bürgermeister ist das ein Grund, sich für Windenergie einzusetzen und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Als Ansprechpartner sind wir mit unseren 28 Niederlassungen, davon fast 20 in Deutschland, auf kurzen Wegen zu erreichen. Im Hinblick auf die Energiepolitik sorgen wir dafür, dass die Stimmen der erneuerbaren Energien gut hörbar sind, indem wir gemeinsam mit den Verbänden aufklären, im lokalen Bereich, aber auch auf Bundesebene. Auf diese Weise versuchen wir, die Energiewende bestmöglich zu begleiten.
Wirtschaftsforum: Wie würden Sie die politischen Rahmenbedingungen aktuell einordnen?
Michael Raschemann: In Deutschland hat sich unter der alten Regierung viel zum Positiven entwickelt, was die Haltung zu Erneuerbaren, die Gesetzlichkeit und die Genehmigungsgeschwindigkeit betrifft. Wenn Sie heute einen geeigneten Standort auf der grünen Wiese haben, brauchen Sie mindestens ein Jahr, um alles zu kartieren, was dort krabbelt und fliegt, ein weiteres zur Genehmigungsbeschaffung und etwa ein halbes Jahr, bis Sie den Einspeisezuschlag im Rahmen der Ausschreibung bekommen haben. Zwei weitere Jahre dauert es, bis die Windmühlen dann stehen und sich drehen. Von der Idee bis zur Inbetriebsetzung kann man ungefähr mit fünf Jahren rechnen. Das ist nicht schön, aber schon relativ beschleunigt. Dass heute viele Genehmigungen erteilt werden und es viele baureife Projekte gibt, führt bei den Herstellern zu längeren Wartezeiten. Mit diesen fünf Jahren kommen wir als Branche klar, denn alle müssen sich erst auf den erhöhten Bedarf einstellen. Derzeit haben wir eine Handvoll Projekte in der Errichtung, etwa doppelt so viele in der Vorbereitung und mehrere Hundert in der Entwicklung, die in den kommenden fünf bis sechs Jahren baureif werden.
Wirtschaftsforum: Hätten Sie im Hinblick auf die Energiewende einen Wunsch an die Politik?
Michael Raschemann: Wir brauchen Verlässlichkeit in kontinuierlich gute Randbedingungen, damit Prozesse und Produkte immer weiter optimiert und dadurch günstiger Strom und günstige Wärme produziert werden können. Die Energiewende ist langwierig. Spitzenpolitiker denken aber oft in kurzen Wahlperioden, in denen die Energiewende nicht zu schaffen ist, und trauen sich nicht, etwas aufs Gleis zu setzen, dessen Früchte sie nicht mehr ernten werden. In der Gesamtbevölkerung ist der Klimaschutz sehr viel verwurzelter als einen die Politik glauben machen möchte. Der Erde ist es egal, wie warm es ist. Aber die kleine Schicht des Globus, die Menschen und Tiere brauchen, um zu existieren, ist so empfindlich, dass man auch den hohen Aufwand betreiben muss dessen es bedarf, um unsere Lebensgrundlage zu sichern. Nicht nur für unser Leben, sondern auch für die Generationen, für die wir Verantwortung tragen.
Wirtschaftsforum: Wie vermitteln Sie Ihre Werte den Mitarbeitern?
Michael Raschemann: Indem wir sie leben. In den letzten fünf Jahren sind wir um rund 300 Leute gewachsen. Viermal im Jahr richten wir für neue Mitarbeiter einen Willkommenstag aus. Am zweiten Tag fahren wir mit ihnen immer nach Feldheim, um dort zu demonstrieren, für welche Werte wir stehen. Wir werben nicht nur mit Slogans, sondern mit Tatsächlichkeit.
Wirtschaftsforum: Sie sagten, die Entwicklung zu einem so großen Unternehmen war eigentlich nicht geplant. Was hat dazu geführt, dass Energiequelle so erfolgreich wurde?
Michael Raschemann: Wir sind immer bodenständig geblieben, nicht nur im Umgang miteinander, sondern auch im Außenverhältnis mit allen Stakeholdern. Der menschliche Umgang mit allen am Projekt Beteiligten ist uns wichtig. Wir kommunizieren auf Augenhöhe. Entscheidend war aber auch die Ausweitung auf andere Nationen und dass wir uns zum richtigen Zeitpunkt zu Klimawandel und Klimaschutz sowie den daraus abgeleiteten Maßnahmen bekannt haben. So konnten wir die Projekte für Investoren am Markt interessant machen. Für sie war die Investition in die Erneuerbaren dadurch nicht nur ein philanthropischer Schritt, etwas Gutes zu tun, sondern auch ein wirtschaftlicher und nachhaltiger Schritt.
Wirtschaftsforum: Eine so sinnvolle Arbeit leisten zu können muss sehr motivierend sein?
Michael Raschemann: Absolut. Nicht nur ich, auch viele Mitarbeitende erzählen ihren Kindern zu Hause mit Stolz, was sie tagtäglich tun. Neugier schaffen und die Energiewende in die Haushalte hinein zu tragen, ist uns ein großes Anliegen. Deshalb veranstalten wir auch regelmäßig Schulprojekttage. Oft melden sich danach Eltern bei uns, die uns auch gern besuchen möchten.