Ein Nischenkönig in Familienhand
Interview mit Ann-Dorothée Büsche, Geschäftsführerin der semiQuarz GmbH

Wirtschaftsforum: Frau Büsche, semiQuarz spielt ganz vorne mit in einer Nischenbranche, und das als Familienunternehmen. Können Sie für unsere Leser kurz die Meilensteine Ihrer Unternehmensentwicklung aufzeigen?
Ann-Dorothée Büsche: Mein Vater und ein Freund haben Mitte der 1990er-Jahre zunächst unabhängig voneinander zwei auf Quarzglas spezialisierte Unternehmen gegründet. Die Firmen haben sich im Leistungsportfolio sehr gut ergänzt und auch geografisch hatte man sich jeweils im Norden und Süden Deutschlands aufgestellt. Quarzglas ist gerade im Maschinenbau ein wichtiger Bestandteil, und in diese Richtung sollte es dann gehen, man hatte sich über internationale Produktqualifizierungen für Anlagenhersteller schnell auf dem Markt etabliert. Ende 2013 kam es dann zur Zusammenführung der beiden Unternehmen unter einem Dach.
Heute stehen hinter der semiQuarz weiterhin zwei Familien als Gesellschafter, auch ich und meine Geschwister. Im Sinne der Unternehmensnachfolge waren wir schon seit Schulzeiten involviert.
Wirtschaftsforum: Heute bieten Sie ein breites Leistungsportfolio gerade für Schlüsselindustrien an. Welche Branchen bedienen Sie mit welchen Leistungen?
Ann-Dorothée Büsche: Wichtigste Industrie ist für uns die Halbleiterindustrie, denn hier wird für die Chip-Herstellung Quarzglas benötigt. Mit Infineon und Bosch auf Expansionskurs und geplanten Niederlassungen von TSMC und Intel in Deutschland wird das sicher in naher Zukunft auch so bleiben. Wir sind auch in der Medizintechnik gut aufgestellt, der Beleuchtungs- und Photovoltaikindustrie, Chemie und Forschung. Für komplexe Quarzglasbauteile sind Zeichnungen die entscheidende Grundlage, und diese stellen uns unsere Kunden, mit unserer Unterstützung, zur Verfügung. Ein Reparatur- und Reinigungsservice rundet unser Portfolio ab.
Wirtschaftsforum: Kann man sagen, dass Sie in dieser besonderen Nische heute Taktgeber sind?
Ann-Dorothée Büsche: Wir sind heute der größte Lieferant für Quarzglasprodukte in Europa, vielleicht gibt es noch fünf vergleichbare Wettbewerber. Das Made in Europe ist dabei definitiv das, was uns ausmacht. Wir definieren uns über Qualität und Zuverlässigkeit, haben mit unseren 150 Mitarbeitern gut ausgebildete Kräfte an Bord und arbeiten mit hochwertigem Rohmaterial und Produktionsgasen. Unsere Liefertreue und geringe Reklamationsrate zeigt sicher sehr gut, warum wir den Taktstock schwingen und Kunden immer wieder auf uns zurückkommen. Letztlich hilft es bestimmt auch, dass wir als Geschäftsführung in die direkte Beratung mit dem Kunden gehen.
Wirtschaftsforum: Bei solch guter Marktpositionierung stellt sich dennoch die Frage, wie semiQuarz durch die Krisen gekommen ist?
Ann-Dorothée Büsche: Corona war für uns eher ein Auftrieb, denn klar: Die IT boomte mit der Notwendigkeit, digital und mobil zu arbeiten, der Anlagenbau für die Chipherstellung wurde befeuert, auch die Nachfrage nach Ersatzteilen. Mit den kriegerischen Konflikten und der Energiekrise sieht das Ganze dann schon anders aus, denn wir sind ein energieintensiver Sektor und mussten mit erhöhten Produktionspreisen in die Fertigung gehen. Mit Unsicherheiten umzugehen kennen wir, denn es gibt immer Wellen im Markt. Aber der psychologische Faktor dieser neuen weltpolitischen Vorzeichen schwingt ja für die Zukunft überall mit.
Wirtschaftsforum: Wie ist semiQuarz denn in den großen Zukunftsthemen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und KI aufgestellt?
Ann-Dorothée Büsche: In einer energieintensiven Branche ist Nachhaltigkeit natürlich auch um Kosten zu senken ein Thema, denn wir zahlen ja für Emissionen. Wir besitzen die ISO-Zertifizierung 14001 für Umwelt, bauen aus, wo wir können, setzen zum Beispiel zunehmend auf Photovoltaik-Strom und Wärmepumpen-Einsatz und verdampfen benutztes Wasser aus unserer Reinigung selbst. Die Digitalisierung hilft sicherlich dabei, von der Arbeit mit Papier wegzukommen und etwa auf E-Rechnungen umzusatteln oder die Dokumentationen in der Produktion über Tablets abzubilden. KI ist dann wieder ein komplexeres Thema. Man darf nicht vergessen, dass wir keine Serienfertigung machen und viele Arbeiten per Hand stattfinden. Das macht eine Automatisierung eher schwierig.
Wirtschaftsforum: Das bedeutet dann für semiQuarz, dass qualifizierte Mitarbeiter nach wie vor essenziell sind. Wie sieht es beim Thema Fachkräftemangel und Nachwuchs bei Ihnen aus?
Ann-Dorothée Büsche: Das ist auch bei uns herausfordernd, zumal wir eine erklärungsbedürftige Branche sind. Nachwuchs gewinnen wir gern über Jobmessen, wo Interessenten über eine VR-Brille in die Produktion gelangen und in einen Chat mit einem Kollegen gehen können. Weiterhin setzen wir auf Quereinsteiger: Bei uns arbeiten mittlerweile viele fachfremde Kollegen sehr erfolgreich mit. Ein entscheidender Faktor ist sicher aber ein Grundsatz, dem sich semiQuarz als Familienunternehmen früh verschrieben hat: Alt und Jung arbeiten nebeneinander und lernen voneinander. Damit können wir gut in die Zukunft gehen und wie eine deutsche Eiche stabil, langsam und beständig wachsen.