Wo Daten ihren Ort finden
Interview mit Jürgen Schomakers, Geschäftsführer der Esri Deutschland GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Schomakers, wie würden Sie Esri Deutschland jemandem beschreiben, der noch nie von Ihrem Unternehmen gehört hat?
Jürgen Schomakers: Wir sind die Spezialisten für das ‘Wo’ in den Daten. Unsere Kernkompetenz liegt in der Entwicklung und Bereitstellung von Geoinformationssystemen, die es Unternehmen und Organisationen ermöglichen, räumliche Daten zu verarbeiten, zu analysieren und zu visualisieren. Das reicht von der klassischen Kartenerstellung bis hin zu komplexen Analysen für Standortentscheidungen oder Umweltmonitoring.
Wirtschaftsforum: Was macht Esri besonders im Vergleich zu anderen IT-Unternehmen?
Jürgen Schomakers: Was uns wirklich auszeichnet, ist die enorme Bandbreite unserer Einsatzgebiete. Wie ich gerne sage: Wenn Sie im Geobereich arbeiten, können Sie sich vom Weltall bis unter die Erde eigentlich jeden Tag mit einem neuen Umfeld beschäftigen. Wir sind kein klassisches IT-Unternehmen, das sich nur auf einen bestimmten Bereich wie CRM oder ERP spezialisiert. Unsere Kunden reichen von kleinen Landwirtschaftsbetrieben bis hin zu großen Versicherungskonzernen, von Kommunen bis zu Bundesbehörden.
Wirtschaftsforum: Wie ist Esri Deutschland strukturiert?
Jürgen Schomakers: Wir sind Teil eines globalen Netzwerks, aber mit einer besonderen Struktur. Anders als viele internationale Konzerne hat Esri sein weltweites Geschäft als Netzwerk mittelständischer Unternehmen aufgebaut. Esri Deutschland ist eine eigenständige GmbH, die bereits seit 1979 besteht. Wir besitzen auch die Esri Schweiz AG zu 100%. Zusammen beschäftigen wir 343 Mitarbeiter und erwarten in diesem Jahr einen Umsatz von 110 Millionen EUR.
Wirtschaftsforum: Esri wird oft als IT-Unternehmen wahrgenommen. Wie würden Sie Ihre Unternehmensidentität beschreiben?
Jürgen Schomakers: Wir bewegen uns tatsächlich in beiden Welten – IT und Geowissenschaften. Diese Kombination prägt fundamental unser Verständnis davon, wie wir als Unternehmen agieren und welche Verantwortung wir tragen. Als Geowissenschaftler sehen wir täglich, wie stark unser Planet gefordert ist. Wenn man sich vor Augen führt, dass die Weltbevölkerung von 2,5 Milliarden Menschen im Jahr 1950 auf prognostizierte 10 Milliarden im Jahr 2050 wachsen wird, wird die Dimension unserer Aufgabe deutlich. Diese Entwicklung wird massive Auswirkungen auf unseren Planeten haben. Als Unternehmen, das sich mit geografischen Daten beschäftigt, sehen wir uns in der besonderen Verantwortung, durch unsere Technologie zu einem besseren Verständnis dieser Herausforderungen beizutragen.
Wirtschaftsforum: Wie spiegelt sich diese Verantwortung in Ihrer Unternehmensstrategie wider?
Jürgen Schomakers: Nachhaltigkeit ist fest in unserer DNA verankert. Wir haben drei Kernbereiche definiert: Erstens wollen wir Unternehmen und Behörden smarter machen. Zweitens setzen wir uns für eine nachhaltige Zukunft ein, indem wir helfen, unsere Umwelt besser zu verstehen und zu schützen. Und drittens fördern wir Bildung und Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit. Der besondere Wert unserer Arbeit liegt dabei in der Analysefähigkeit: Durch frühzeitige Einbeziehung umfänglicher Daten können wir Entwicklungen erkennen, bevor sie zu Problemen werden. Unser Ziel ist es, durch Geoinformation kluge und nachhaltige Entscheidungen zu ermöglichen.
Wirtschaftsforum: Welche technologischen Entwicklungen werden die Zukunft von Esri prägen?
Jürgen Schomakers: Künstliche Intelligenz wird eine zentrale Rolle spielen. Wir entwickeln bereits eigene KI-Assistenten, die es ermöglichen werden, noch tiefere Erkenntnisse aus geografischen Daten zu gewinnen. Gleichzeitig wird KI die Nutzung von Geoinformationen demokratisieren, da komplexe Analysen durch einfache Fragen zugänglich werden. Wir bleiben dabei unserer Linie treu: Als privates, inhabergeführtes Unternehmen können wir uns auf langfristige Entwicklungen konzentrieren, ohne dem Druck der Finanzmärkte ausgesetzt zu sein.
Wirtschaftsforum: Wie gehen Sie mit dem Thema Fachkräftemangel um?
Jürgen Schomakers: Wir haben vor zwei Jahren ein Graduate-Programm eingeführt, das sich gezielt an Universitätsabsolventen richtet und auf sehr positive Resonanz stößt. Esri ist in der Geoinformationsbranche eine starke Marke. Allerdings müssen wir noch daran arbeiten, auch für Fachkräfte außerhalb der Geowissenschaften attraktiver zu werden, da wir eine breite Palette an Perspektiven bieten können.