Mit Radiopharmaka Leben verbessern

Interview mit Jens Junker, CEO der ROTOP Pharmaka GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Junker, die Herstellung von Radiopharmaka hat bei ROTOP eine lange Tradition. Wie verlief die Entwicklung hin zum heutigen Unternehmen?

Jens Junker: An unserem heutigen Standort, an dem sich sowohl unsere Produktionsstätten als auch das Entwicklungslabor befinden, wird bereits seit 1958 im Bereich der Nuklearmedizin geforscht. Zu DDR-Zeiten war hier ein Institut angesiedelt, das sich auf diesen Bereich spezialisiert hatte. Der Standort selbst verfügte zudem über einen Forschungsreaktor, was die Entwicklung und Herstellung radioaktiver Sub-stanzen ermöglichte – Produkte, die auch ins westliche Ausland exportiert wurden. Nach der Wiedervereinigung übernahm ein großes Pharmaunternehmen die Labore und Produktionsanlagen. 1996 wurde die Produktion eingestellt. Ein Produkt aus dem früheren Portfolio war noch patentgeschützt – die Lizenz dafür haben wir erworben und 2000 die ROTOP Pharmaka gegründet. Wir sind letztendlich ein Spin-off und ha­ben auf privater Basis das Know­-how des Instituts wieder aufleben lassen. Viele ehemalige Institutsmitarbeiter haben dabei entscheidend mitgewirkt. Im Jahr 2010 haben wir auf dem Campus des heutigen Helmholtz-Zen-trums Dresden – auf dem ebenfalls das ursprüngliche Institutsgebäude stand – unsere eigenen Entwicklungslabore und Produktionsstätten errichtet. Der große Vorteil dieses traditionsreichen Standorts: Der Umgang mit radioaktiven Stoffen hat hier lange Tradition. Viele der notwendigen Strahlenschutzgenehmigungen waren deshalb bereits vorhanden – eine wichtige Voraussetzung für unsere Arbeit. 

Wirtschaftsforum: Was genau stellen Sie an diesem Standort her?

Jens Junker: Wir haben hier zunächst Radiopharmaka hergestellt, die erst einmal nicht radioaktiv sind. Die radioaktive Komponente wird erst kurz vor der Anwendung in der nuklearmedizinischen Einrichtung ergänzt. Unsere Kunden beziehen diese Komponente von unserem Partner in Warschau. Ein wichtiger Meilenstein war der Aufbau einer weiteren Produktionslinie im Jahr 2016, mit der wir unsere Kapazitäten deutlich erweitern konnten. Seit 2020 produzieren wir am Standort auch radioaktive Ready-to-use-Patientendosen für die Parkinson-Diagnostik, bei denen die radioaktive Substanz bereits bei uns vor Ort abgefüllt wird. Die Logistik stellt dabei eine besondere Herausforderung dar: Aufgrund der kurzen Halbwertszeit muss das Produkt innerhalb von 18 Stunden beim Endkunden eintreffen.

Wirtschaftsforum: Welche Ihrer Produkte sind darüber hinaus hervorzuheben?

Jens Junker: Ein besonderes Highlight ist ein diagnostisches Produkt zur Identifikation der sogenannten Wächterlymphknoten bei Brustkrebs – ein entscheidender Schritt für die Wahl der geeigneten weiteren Behandlung. In diesem Bereich sind wir Marktführer. Kürzlich haben wir außerdem in Großbritannien die Zulassung für ein weiteres Diagnostikum erhalten – ein SPECT-Produkt zur Früherkennung von Prostatakrebs. Damit ermöglichen wir deutlich mehr Männern eine schnellere und präzisere Diagnose – ein entscheidender Fortschritt, insbesondere weil heute wirksame Therapien zur Verfügung stehen. Darüber hinaus unterstützen wir mit unserer Auftragsentwicklung und der Durchführung klinischer Studien dabei, innovative Krebstherapien in Europa schneller zur Zulassung und damit zu den Patienten zu bringen.

Wirtschaftsforum: Was macht ROTOP als Unternehmen so erfolgreich?

Jens Junker: Unser Erfolg basiert auf unserer ausgeprägten Kundenorientierung. Wir verstehen uns als Problemlöser für unsere Kunden und sind jederzeit ansprechbar, um ihre individuellen Bedürfnisse zu erfüllen. 

Wirtschaftsforum: Erleben Sie auch, dass Menschen Vorbehalte haben, wenn es um Nuklearmedizin geht?

Jens Junker: Ja, leider gibt es in Deutschland nach wie vor Vorbehalte gegenüber allem, was mit Nukleartechnologie zu tun hat. In der öffentlichen Wahrnehmung wird oft nicht unterschieden, dass ‘Nuklear’ nicht nur mit Atomkraftwerken verbunden ist. Dabei wird übersehen, dass Radioaktivität gerade im Gesundheitsbereich enorme Vorteile bieten kann. Es ist mir daher besonders wichtig, die vielen positiven Aspekte der Nuklearmedizin – sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie – stärker in den Fokus zu rücken.

Wirtschaftsforum: Sie sind also ein Überzeugungstäter. Was ist es noch, was Sie persönlich antreibt?

Jens Junker: Für mich ist es jeden Tag eine enorme Motivation, dass wir mit unserer Arbeit dazu beitragen können, Patienten zu helfen, gesund zu werden. Indem wir die Diagnostik von Krankheiten vorantreiben und Ärzten die Möglichkeit geben, die richtige Therapie für ihre Patienten auszuwählen, leisten wir einen direkten Beitrag zur Lebensqualität. Schon immer war es für mich auch erfüllend, Teil einer wachsenden Organisation zu sein. Es motiviert mich, Menschen in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung zu unterstützen und als Team gemeinsam etwas zu erreichen. Wie in einer Familie gilt es auch Herausforderungen zu meistern. Doch wenn wir am Ende gemeinsam Erfolge erzielen und sehen, wie Menschen an diesen Aufgaben wachsen, ist das für mich eine große Quelle der Motivation. 

Wirtschaftsforum: Welche Vision haben Sie für das Unternehmen?

Jens Junker: Wir sind mittlerwei­le in Deutschland gut etabliert und bauen nun unseren guten Ruf europaweit weiter aus. Unsere Vision für die nächsten Jahre ist, mit unseren Produkten auch in den USA Fuß zu fassen. Ein kleines Produkt ist bereits seit zwei Jahren von der FDA zugelassen. Unser Ziel ist, drei oder vier weitere Produkte zur Zulassung zu bringen und in den USA eine Marktpräsenz wie in Europa zu erreichen. Angesichts des aktuellen Booms in der onkologischen Therapie wollen wir als Hersteller innovativer Radiopharmaka frühzeitig mitwirken – durch marktreife Produkte und Produktionskapazitäten, die eine breite Patientenversorgung in Europa sicherstellen. Sie beispielsweise in die USA zu lie­fern, hat wegen der Halbwertszeit keinen Sinn. Wenn sie dort ankä­men, hätten sie nicht mehr genug Radioaktivität. Auf dem Campus in Dresden planen wir weitere, für ein Unternehmen mit gerade einmal 170 Beschäftigten erhebliche Investitionen, um unsere Kapazitäten auszu­bauen. Daher begrüße ich, dass im Koalitionsvertrag eine stärkere Unterstützung der Pharmaindustrie vorgesehen ist. Wir sind in Deutschland der einzige Hersteller von SPECT-Produkten und zählen auch in Europa zu den wenigen Produzenten.

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