Ein geschlossener Kreis vom Feld bis zum Verbraucher

Interview mit Michael Pooley, CEO der IFCO SYSTEMS GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Pooley, Sie haben am 1. Juli 2020 den Chefsessel von Wolfgang Orgeldinger übernommen, gehören aber sozusagen schon länger zur IFCO-Familie.

Michael Pooley: Das ist richtig. Bevor ich zu IFCO wechselte, arbeitete ich bei CHEP, einem Unternehmen, das auch zum australischen Brambles-Konzern gehört und ein ähnliches Pooling-System für Mehrwegbehälter anbietet. Die Gespräche über einen möglichen Wechsel zu IFCO begannen schon, als Brambles 2019 IFCO zu gleichen Teilen an die Beteiligungsfirma Triton und den Staatsfonds von Abu Dhabi, ADIA, abgab. Ich kannte das Geschäft und auch die Leute bei IFCO sehr gut. So konnte die Nachfolge reibungslos erfolgen. Mein Vorgänger Wolfgang Orgeldinger bleibt der Firma aber als Mitglied des Beirats erhalten.

Wirtschaftsforum: IFCO gilt als weltführender Anbieter von Mehrwegbehältern für Frischprodukte. Können Sie das System kurz erläutern?

Michael Pooley: IFCOs erfolgreiches Geschäftsmodell beruht auf dem Konzept der Kreislaufwirtschaft. Die Basis dafür bilden unsere einzigartigen Mehrwegbehälter aus Kunststoff (RPCs). Die faltbaren Behälter sind für den Einsatz vom Feld bis zum Verbraucher konzipiert. Das heißt, dass ein und derselbe Behälter die Erzeugnisse von der Ernte bis zum Supermarktregal begleitet. Durch unser Pooling-System sorgen wir für eine höhere Effizienz und Nachhaltigkeit entlang der gesamten Lieferkette. Wir kümmern uns um die gesamte Logistik. Angefangen von der Auslieferung der Behälter an den Erzeuger und Verpacker bis hin zur Rückführung, Reinigung und Desinfektion der Behälter in einem von mehr als 89 Servicezentren weltweit. Dort werden die RPCs in automatisierten Anlagen gründlich gewaschen und desinfiziert. Beschädigte Behälter werden aussortiert, recycelt und zu neuen RPCs verarbeitet.

Wirtschaftsforum: Sie nutzen Behälter aus Kunststoff. Welche Vorteile bringt das und können Kunststoffbehälter wirklich umweltfreundlicher als Pappkartons sein?

Michael Pooley: Die Vorteile von Kunststoff liegen sowohl in der Widerstandsfähigkeit und Stabilität des Materials als auch in der Fähigkeit endlos recycelt werden zu können. Unsere RPCs sind sehr robust und schützen empfindliches Obst und Gemüse viel effektiver als Pappkartons. Dank des materialsparenden Designs sorgen die Behälter auch für eine optimale Belüftung, die gleichzeitig den Reifungsprozess unterstützt. IFCO-RPCs reduzieren Produktschäden um über 96%. Für den Rücktransport werden sie platzsparend auf ein Zehntel der Originalgröße zusammengefaltet, wodurch die Energiebilanz positiv beeinflusst wird. Unsere RPCs halten bis zu zehn Jahre und werden im Schnitt zwischen 30 und 120 Mal wiederverwendet. Am Ende seiner Lebensdauer wird der Behälter komplett recycelt und zu neuen IFCO-RPCs verarbeitet. Das ist auch eine Besonderheit unserer Behälter – sie werden aus einem speziellen Kunststoff hergestellt, den wir nur für die Herstellung neuer IFCO-RPCs nutzen. Damit schließt sich der Wertschöpfungskreis. Durch den niedrigeren Energiebedarf bei der Wiederverwertung (bis zu 60% weniger CO2-Ausstoß, circa 64% weniger Energieverbrauch und 80% weniger Wasserverbrauch) und den geringeren Warenverlust beim Transport weisen Kunststoffbehälter wesentliche Vorteile für die Umwelt im Vergleich zu Pappkartons auf.

Wirtschaftsforum: IFCO war 1992 Vorreiter mit dem ausgelagerten RPC-Pooling-System für frisches Obst und Gemüse. Welche Neuerungen sind in den letzten Jahren dazugekommen?

Michael Pooley: Die Firma hat in den letzten Jahren massiv in digitale Technologien investiert. So hat IFCO zum Beispiel geplant, den Behälterpool mit RFID-Tags zu erfassen. Angefangen wird in den USA, wo bis Ende dieses Monats die Tags flächendeckend eingeführt werden. Die dadurch gewonnenen Daten werden uns helfen, die Effizienz der Lieferketten noch weiter zu erhöhen.

Wirtschaftsforum: Welche Auswirkungen hat die anhaltende Corona-Krise auf Ihr Geschäft?

Michael Pooley: Obwohl wir keine Umsatzeinbußen zu verzeichnen hatten, war das vergangene Jahr von extremen Fluktuationen gekennzeichnet, die uns vor besondere Herausforderungen gestellt haben. Die Nachfrage hat sich geografisch und zeitlich verlagert, sodass wir uns operativ umstellen mussten.

Wirtschaftsforum: Die neuen Besitzer haben angekündigt, dass sie die Internationalisierung weiter forcieren wollen. Welche Märkte sind für Sie interessant?

Michael Pooley: Europa ist unser Hauptmarkt, gefolgt von Nord- und Südamerika, China und Japan. Wachstumspotenzial besteht aber überall. Unser Ziel ist es, unsere Marktdurchdringung zu erweitern und zu vertiefen. Wir haben den Vorteil, dass wir sowohl die Erzeuger als auch die Lebensmitteleinzelhändler ansprechen können. An beiden Enden der Lieferkette wird Nachhaltigkeit großgeschrieben. Durch unsere geschlossene Kreislaufwirtschaft sind wir unseren Rivalen ein Stück voraus. Auch durch unsere globale Präsenz bieten wir einen einzigartigen Service.

Wirtschaftsforum: Wo sehen sie die Zukunft für IFCO?

Michael Pooley: Wir sehen noch ein riesiges Potenzial für unser Geschäftsmodell. Unser Ziel ist es, die globale Lieferkette für landwirtschaftliche Erzeugnisse nachhaltiger zu machen. Das ist ein großartiges Unternehmensziel. Wir sind von den Vorteilen unseres Systems fest überzeugt und wollen noch mehr Kunden dazu bewegen, umwelt- und ressourcenschonender zu agieren. Dabei sehen wir auch Erweiterungspotenzial in anderen Bereichen, wie zum Beispiel Backwaren, Fleisch, Molkereierzeugnisse und Fisch. Das wird unser Ziel für die kommenden Jahre.

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