„Der technische Fortschritt braucht Kupfer!“

Interview mit Bernd Glauner, Geschäftsführender Gesellschafter der Ferd. Haecker GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Glauner, ursprünglich wurde die Ferd. Haecker GmbH & Co. KG im Jahre 1885 als Zulieferer der Schmuck- und Uhrenindustrie gegründet – ein Geschäftsfeld, das für Sie nahezu bedeutungslos geworden ist.

Bernd Glauner: Tatsächlich hat unser Unternehmen bis in die 1980er-Jahre vor allem die Pforzheimer Traditionsindustrie aus Schmuckherstellern, Uhrenfabriken, Kettenmanufakturen und ähnlichen Unternehmen versorgt, bis dann ein harter Strukturwandel einsetzte, bei dem diese Industrien weitgehend an Bedeutung verloren haben. Heute engagieren wir uns stattdessen als Servicecenter und Distributor für Halbzeuge aus NE-Metallen mit technischem Anwendungszweck. Das bedeutet, wir nehmen Bänder, Bleche, Stangen, Drähte, Rohre und Profile vorwiegend aus Kupfer und Kupferlegierungen auf Lager und schneiden diese bedarfsgerecht für unsere Kunden zu. Anschließend kommen unsere Vorprodukte in verschiedensten Branchen zum Einsatz – vom Schwerpunktsegment Automotive über Elektrotechnik und Maschinenbau bis zur Automatisierungstechnik und vielen anderen, wo sie letzten Endes fast immer in stromführende Bauteile einfließen.

Wirtschaftsforum: All diese Branchen haben die gesamtwirtschaftliche Marktkorrektur der letzten Jahre deutlich zu spüren bekommen – was bedeutet das für Ihr Unternehmen?

Bernd Glauner: Wir befinden uns in der industriellen Verarbeitung in Deutschland sicherlich gerade inmitten einer Disruption, in deren Zug durchaus die Gefahr besteht, dass wir als Industriestandort nicht die Bedeutung behalten werden, die wir bislang gehabt haben. Die Ursachen hierfür sind mit Sicherheit multifaktoriell – ich will deshalb auch nicht die Politik als den überragenden Schuldigen ausmachen, auch wenn die überbordende Bürokratie sicherlich viele Unternehmen davon abhält, sich ganz auf das zu konzentrieren, was sie erreichen können und wollen: nämlich sich mit ihren Produkten, Märkten und Kunden zu beschäftigen und ihre Technologien weiterzuentwickeln. Da geht viel Kreativität und wertvolles Know-how verloren, das an anderer Stelle deutlich sinnvoller eingesetzt werden könnte. Vor diesem Hintergrund ist es auch für uns als mittelständisches Unternehmen umso wichtiger, dass wir unsere Hausaufgaben machen und uns auf unsere Stärken besinnen. Dabei ist mir um unsere Zukunft überhaupt nicht bange.

Wirtschaftsforum: Was stimmt Sie optimistisch?

Bernd Glauner: Ich bin überzeugt, dass wir in einer Branche tätig sind, die für die globale technologische Weiterentwicklung unverzichtbar ist – denn der technische Fortschritt braucht Kupfer. Mit einem breit diversifizierten Produkt- und Leistungsspektrum sowie vielfältigen und gewachsenen Kunden- und Lieferantenbeziehungen hat die Ferd. Haecker GmbH & Co. KG beste Voraussetzungen, um weiterhin stabil im Markt zu agieren – eine Perspektive, mit der ich auch dezidiert Zuversicht wecken möchte. Denn ich habe den Eindruck, dass wir uns in Deutschland im Moment in einer Phase befinden, in der alles ein bisschen schlechtgeredet wird, und das finde ich offen gestanden ganz fürchterlich. Anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, brauchen wir deutlich mehr Optimismus und Mut, den unser Unternehmen in jüngster Zeit sehr wohl bewiesen hat.

Wirtschaftsforum: Wodurch?

Bernd Glauner: Trotz der gesamtwirtschaftlichen Eintrübung haben wir uns entschieden, in ein neues Bandschneidcenter zu investieren, wozu wir derzeit ein großes Anbauprojekt realisieren, um 2.500 m² neue Werksfläche zu schaffen. Ende des Jahres sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein, sodass bald darauf die zugehörige Maschinentechnik installiert wird und anlaufen kann. Das Kernstück ist hierbei eine neue Schneidanlage mit automatisierter Verpackungslinie, was für uns einen großen Technologiesprung darstellt, da wir so noch deutlich größere Coils, beziehungsweise mittels einer Vakuumbremse auch spezielle oberflächenbeschichtete Materialien zuschneiden können. Dieses bedeutsame Investitionsprojekt wird dabei von einem Wachstumsprojekt begleitet, in dessen Rahmen wir auch unter Zuhilfenahme externen Fachwissens sämtliche Prozesse in unserem Haus – vom Vertrieb über die Sortimentsgestaltung bis hin zu internen Prozessen – auf den Prüfstand gestellt haben, um sie anschließend nachhaltig zu optimieren. So wollen wir unsere Stärken als familiengeführtes, unabhängiges Unternehmen auch perspektivisch bewahren und weiterhin kompetent und kundennah im Markt auftreten.

Wirtschaftsforum: Worin sehen Sie langfristig die größten Herausforderungen für die Marktsegmente, in denen Ihr Unternehmen aktiv ist?

Bernd Glauner: Ich glaube, wir dürfen uns angesichts der jüngsten politischen Ereignisse keine Illusionen mehr machen: Wir müssen dringend lernen, als Europäer geeint aufzutreten, und das Klein-Klein, in dem jeder nur seine eigenen Interessen vertritt, schleunigst hinter uns lassen. Ohne diesen Zusammenhalt und entsprechende Strukturen werden wir unsere Stellung in der Welt nicht halten können – und wir werden nur dann erfolgreich sein, wenn wir alle gemeinsam in Europa auf einer starken Wirtschaft aufbauen können. Wenn uns das gelingt – und jeder bereit ist, seinen individuellen Beitrag hierzu zu leisten – blicke ich trotz aller Herausforderungen mit großer Zuversicht in die Zukunft.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Industrielle Zulieferer

Lokale Stärke, globale Vision

Interview mit Maria Wünsch-Guaraldi, CEO und Alfred Wagner, Finance Director der Sanden International (Europe) GmbH

Lokale Stärke, globale Vision

Der japanische Klimaanlagen-Spezialist Sanden navigiert in Europa mit 1.650 Mitarbeitern und 450 bis 500 Millionen EUR Umsatz durch turbulente Zeiten. Während die Automobilindustrie zwischen Elektromobilität, regulatorischen Unsicherheiten und chinesischer Konkurrenz…

Polymer-modifizierte Bitumen (PMB) für besondere Fälle

Interview mit Nick Brouwer, Direktor der Ooms Producten B.V.

Polymer-modifizierte Bitumen (PMB) für besondere Fälle

Bitumen ist ein vielseitiges Material, das in vielen Bereichen unverzichtbar ist. Je nach Anwendung werden unterschiedliche Anforderungen an das Produkt gestellt. Um optimale Produkteigenschaften für die jeweilige Anwendung zu gewährleisten,…

„Draht ist unser roter Faden“

„Draht ist unser roter Faden“

Drähte, egal in welcher Form oder in welcher Ausführung, begegnen uns in der Mikrowelle, im Gartenzaun oder beim Reisekoffer, den wir auf Rollen durch den Flughafen ziehen. Es ist diese…

Spannendes aus der Region Pforzheim

Mit neuem Antrieb die  Zukunft bewegen

Interview mit Jacques Guyon, Geschäftsführer und Alexis Trouillet, Geschäftsführer der REDEX GmbH

Mit neuem Antrieb die Zukunft bewegen

Intelligente Mechatroniklösungen sind der Schlüssel für nachhaltige Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit. ‘Made in Europe‘ steht dabei nicht nur für höchste Qualitätsstandards, sondern auch für technologische Innovationskraft, zuverlässige Lieferketten und verantwortungsbewusste Produktion.…

Erneuerbare im Fokus: 110.000 Messebesucher

Interview mit Markus Elsässer, Geschäftsführer der Solar Promotion GmbH

Erneuerbare im Fokus: 110.000 Messebesucher

Was haben Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft – The smarter E Europe –, die Tagung Zukünftige Stromnetze und die Intersolar Mexico gemeinsam? Die Antwort ist ganz einfach: Alle drei…

Ringe für den perfekten Tag

Interview mit Markus Reichert, Geschäftsführer der EGF - Eduard G. Fidel GmbH

Ringe für den perfekten Tag

Die Pforzheimer Manufaktur EGF wächst seit Jahren kontinuierlich und setzt mit individuell gestaltbaren Trauringen neue Maßstäbe im Premiumsegment. Mit 187 Mitarbeitern, einem Umsatz von 44,4 Millionen EUR und einem Exportanteil…

Das könnte Sie auch interessieren

Wenn Standard nicht reicht

Interview mit Hubert Romoth, Geschäftsführer der TTS Transport- und Trennwandsysteme GmbH

Wenn Standard nicht reicht

Ob in Logistikzentren, Fertigungshallen oder der Automobilindustrie – Schutz- und Trennwandsysteme sind unverzichtbar für Sicherheit und Effizienz. Die TTS Transport- und Trennwandsysteme GmbH aus Werther setzt dabei seit 30 Jahren…

Glänzende Aussichten für die  Metallverarbeitung

Interview mit Alexander Döring, Geschäftsführer der OTTO FUCHS Dülken GmbH & Co. KG

Glänzende Aussichten für die Metallverarbeitung

Ob Automobilbau, Bauwesen oder Energietechnik – erst durch präzise gefertigte Metallbauteile entstehen langlebige, sichere und leistungsfähige Produkte für den Alltag und die Zukunft. Seit über 80 Jahren steht die OTTO…

„Draht ist unser roter Faden“

„Draht ist unser roter Faden“

Drähte, egal in welcher Form oder in welcher Ausführung, begegnen uns in der Mikrowelle, im Gartenzaun oder beim Reisekoffer, den wir auf Rollen durch den Flughafen ziehen. Es ist diese…

TOP