Von Schuhen zu Schläuchen, von Hilden in die Welt
Interview mit Walter Laschet, Geschäftsleitung, und Fabio-Yannick Laschet, Head of Marketing der Hugo Frauenhof GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Laschet, die Firma Frauenhof hat sich als Großhandelsunternehmen für Industriebedarf und Umwelttechnik weltweit einen Namen gemacht; gleichzeitig ist es ein klassisches Familienunternehmen mit einem ausgeprägten Zusammengehörigkeitsgefühl. Wie kam es zu dieser außergewöhnlichen Entwicklung?
Walter Laschet: Als Frauenhof 1887 von Hugo Theodor Frauenhof gegründet wurde, agierte das Unternehmen als Ledergroßhandel für Schäfte für Militärstiefel. Daraus entwickelte sich mit der Zeit ein breiteres Angebot, das auch Sohlen, Absätze und andere Schuhmacherprodukte umfasste.
1935 übernahm Richard Frauenhof das Unternehmen und baute ab 1945 als neuen Bereich den technischen Großhandel auf. 1957 trat mein Schwiegervater Gottfried Osten in den Betrieb ein. Als Vertriebsmitarbeiter besuchte er, wie damals üblich, die Kunden vor Ort. Bei einem Schuhmacher traf er 1958 einen Unternehmer, der zum Absaugen von Sickergruben keine passenden Schläuche fand. Mein Schwiegervater gab ihm drei Musterschläuche, die ihn überzeugten. Zu den Schläuchen kamen schließlich Verbindungselemente wie Kupplungen, womit der Schritt in den Kommunalbedarf vollzogen war. Heute ist genau das neben der Industriereinigung unser Kerngeschäft. Die Schuhmacherabteilung haben wir 2013 veräußert.
Wirtschaftsforum: Wie stellt sich das Portfolio heute dar?
Walter Laschet: Die Kanalreinigung und -sanierung ist in ganz Deutschland ein großes Thema. Wir liefern dafür die entsprechenden Materialien an die Kommunen und Kanalsanierungsunternehmen. Zentrale Produkte sind Kanalspülschläuche; wir sind hier Europas größter Händler. Bei der Industriereinigung, unserem zweiten Standbein, steht die Höchstdruckwasserstrahltechnik im Fokus. Wir haben es hier mit Drücken bis zu 4.000 bar zu tun; eingesetzt wird die Technik unter anderem, zur Reinigung industrieller und petrochemischer Anlagen, in der Oberflächenbearbeitung und der Bauwerkssanierung sowie dem Schneiden von Beton und Stahl. In Deutschland zählen wir zu den Marktführern für die Höchstdruckwassertechnik; international übrigens auch.
Wirtschaftsforum: Frauenhof ist internationaler Marktführer, hat mehr als 40 Mitarbeiter, 17,5 Millionen EUR Umsatz, 13.000 gelistete Produkte, davon 3.500 permanent auf Lager, und um die 10.000 Kunden. Geliefert wird in 57 Länder der Welt – bis Brasilien und Neuseeland. Das sind beeindruckende Fakten. Wie sieht die Marketingstrategie hinter diesen Zahlen aus, die den internationalen Erfolg des Unternehmens mitbegründen?
Fabio-Yannick Laschet: Marketing wird bei uns nicht als Werbung oder Kommunikationsstrategie verstanden, sondern als Führungsphilosophie; das heißt, wir orientieren uns konsequent an den Wünschen der Kunden. Die persönliche Interaktion, das gemeinsame Entwickeln individueller Lösungen, der konstruktive Austausch sind uns extrem wichtig. Der persönliche Kontakt zum Kunden steht immer im Mittelpunkt. Natürlich nutzen wir die sozialen Medien, was inzwischen allerdings eher Standard ist, und CRM-Systeme. Die digitale Transformation im Allgemeinen ist zielgerichtet auf die Kunden. Wir fragen uns sehr genau, wo Bedarf besteht und wie ein Wettbewerbsvorteil für die Kunden generiert werden kann. Für Großkunden haben wir zum Beispiel ein Einkaufsprogramm entwickelt, das mit unserem ERP-System kommuniziert. Es gibt damit intern einen Online-Shop, der Kunden die Arbeit erleichtert und Kosten reduziert.
Wirtschaftsforum: Gibt es Strategien oder eine Philosophie, die den Erfolg begründen und Frauenhof vom Wettbewerb absetzen?
Walter Laschet: Wir haben hier eine Unternehmenskultur etabliert, die wir tagtäglich leben. Unser Firmenleitbild ist geprägt von Grundsätzen wie Ethik, Ehrlichkeit und Fairness. Damit sind wir anerkannter Partner für Kunden und Lieferanten geworden. Uns ist nicht der letzte Euro wichtig; als Familienunternehmen wollen wir nicht unser Gesicht verlieren, authentisch bleiben und in erster Linie für unsere Kunden da sein. Dieser Ansatz ist in den letzten Jahren im Unternehmertum verloren gegangen; für uns spielt er eine zentrale Rolle.
Fabio-Yannick Laschet: Frauenhof ist Synonym für Konstanz, Kontinuität und Verlässlichkeit. Wir bieten hochwertige Produkte und entwickeln uns mit den Anforderungen der Kunden weiter. Diese Qualität erfordert eine entsprechende Preisstellung.
Walter Laschet: Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, in der man sich schwertut, Qualität rüberzubringen. Die Geiz-ist-geil-Mentalität ist im Industriebereich tödlich und geht auf Kosten der Arbeitssicherheit und Nachhaltigkeit. Hier möchten wir uns auf jeden Fall absetzen. Nicht ohne Grund haben wir das Wort ‘Umwelt’ in unserem Namen. Glasfaserlaminat beispielsweise kann man heute online kaufen – ein sehr erklärungsbedürftiges Spezialprodukt. Das ist eine bedenkliche Entwicklung, die nur über den Preis geht. Für uns sollte es zurück zu Qualität gehen.
Wirtschaftsforum: Wie soll es generell für Frauenhof weitergehen?
Fabio-Yannick Laschet: Wir sind nicht an radikalen Sprüngen, sondern an der Entwicklung und Pflege langfristiger Kundenbeziehungen interessiert. Daran werden wir weiterarbeiten. Zudem planen wir eine Expansion im Ausland und werden den Fokus stärker auf kleine Kunden wie Kanalsanierungsunternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern legen.
Walter Laschet: Für mich ist es sehr motivierend zu sehen, dass das, was wir in den letzten 28 Jahren aufgebaut haben, weitergeführt wird. Unser Ziel ist, den Kindern ein Unternehmen zu übergeben, das zukunftsträchtig aufgestellt ist. Wir werden ihnen viel Freiraum geben, um es mit ihren eigenen Ideen und Zielen weiterzuführen.