Mit Stil und dem gewissen Etwas

Interview mit Karsten Oberheide, Geschäftsführer der Bonita GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Oberheide, Sie sind seit 2018 Geschäftsführer der Bonita GmbH. Wie war das Unternehmen zum damaligen Zeitpunkt aufgestellt?

Karsten Oberheide: Bonita ist eine traditionsreiche Damenmodemarke mit Ursprüngen im Drogeriebereich. Der Unternehmensgründer war mit 80, 90 m² großen Stores für Drogerieartikel sehr vertikal organisiert. Später schwenkte er auf den Fashion-Bereich um, wo er größeres Potenzial sah. Von Beginn an hatte er die Best Ager im Fokus, setzte konsequent auf Qualität, gute Passformen und das Thema Kombinierfähigkeit. Er traf damit einen Nerv, sodass das Unternehmen in Deutschland und der DACH-Region rasant wuchs – auf 1.000 Stores 2011. Ein Jahr nach diesem Peak verkaufte er Bonita im Zuge der Nachfolgeregelung an die Tom Tailor-Gruppe. Zwei sehr ungleiche Welten kamen damit zusammen: Tom Tailor als sehr Wholesale-lastige Marke für eine jüngere Zielgruppe und Bonita, eine rein Retailorientierte, stringent geführte Marke. Tom Tailor versuchte, die Marke Bonita zu verjüngen und Kollektionen und Passformen zu verändern, was sich schnell als strategischer Fehler erwies und zu einer wirtschaftlichen Schieflage führte.

Wirtschaftsforum: Als Sie 2018 zu Bonita kamen, lagen damit bereits einige Krisenjahre hinter dem Unternehmen. Kam mit Ihnen ein Change Management?

Karsten Oberheide: Für uns war klar, dass wir Bonita nur mit einer grundlegenden strategischen Änderung und einer harten Sanierung retten konnten. Ein wesentlicher Punkt war, dass wir zwar an Umsatz verloren hatten, die Frequenzen in den Stores jedoch konstant geblieben waren. Kundinnen kamen nach wie vor, da sie eine sehr enge Beziehung zu den Teams vor Ort hatten; sie kauften nur nicht mehr, da die Kollektionen nicht mehr stimmten. Wir haben deshalb Stores geschlossen, Strukturen hinterfragt und Kosten reduziert. Viel wichtiger aber war, dass wir das Produktdesign wieder in den Vordergrund gestellt und uns gefragt haben, wer die Kundin von Bonita ist und was genau sie wünscht.

Wirtschaftsforum: Nachdem Sie 2021 Bonita im Rahmen eines MBOs übernommen hatten, haben Sie das Ruder herumgerissen und auf eine konsequente Kundenzentrierung gesetzt. Was bedeutet das?

Karsten Oberheide: Wir haben nicht allein auf eine betriebswirtschaftliche Sanierung gesetzt, sondern das komplette Geschäftsmodell infrage gestellt, um wieder nachhaltig wachsen zu können. Wir haben Kunden direkt befragt und sind back to the roots gegangen, zum eigentlichen Kern von Bonita, zur Kundin, die 50, 60 Jahre und älter und am Markt eher unterrepräsentiert ist, weil alle jung, modern und sexy sein wollen. Modernität ist wichtig, aber wir haben die Ansprüche der Best Ager im Blick, die einfach anders sind als die einer 30- oder 40-jährigen Frau. Und dieser Markt ist groß; allein in der DACH-Region gibt es 16 Millionen Frauen, die über 60 sind. Einen Teil dieser Frauen wollen wir erreichen, durch Mode, die exakt auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist, die modern ist, aber mit altersgerechten Passformen begeistert und vielfältig kombinierbar ist; das Ganze in einer hochwertigen Qualität. Die neu entwickelten Kollektionen sind ein Punkt. Ein anderer ist soziale Nähe. Kundinnen sind mit den Teams in den Stores vor Ort eng verbunden; diese müssen nicht in Großstädten zu finden sein, sondern vielmehr in kleineren und mittelgroßen Städten. Die Kundin freut sich über Gespräche in den Stores, man kennt sich dort, kommt gerne, ohne zwangsläufig kaufen zu müssen. In der Coronazeit ist hier die Idee des Private Shopping entstanden. Für eine bestimmte Zeit hat eine Kundin einen Store exklusiv für sich. Dieser direkte Kundenkontakt, das persönliche Miteinander – das ist in der Bonita-DNA verankert.

Wirtschaftsforum: Wieviel Stores gibt es heute und wie soll es künftig weitergehen?

Karsten Oberheide: Wir haben 450 Stores, 30 weitere sind geplant. Ziel ist, pointiert zu expandieren. Zum Beispiel durch weitere Absatzkanäle wie das Concession Business. Wir haben 40 Flächen bei Galeria mit eigenen Mitarbeitern und unserer Ware. Mit unserem neuen Onlineshop gibt es einen dritten Verkaufskanal; auch hier haben wir uns unserer Zielgruppe angepasst, zum Beispiel durch eine größere Schrift und einen vereinfachten Bezahlprozess. Wir möchten 24/7 für unsere Kundinnen da sein, bieten die Möglichkeit, Ware nach Hause zu liefern oder in den Store. Uns reicht es nicht, Kundinnen zufriedenzustellen, wir wollen begeistern. Diese Kundenfokussierung soll gelebt und gefühlt werden. Deshalb blicken wir über den modischen Tellerrand hinaus. Wir bieten die Möglichkeit, Geld im Store abzuheben und haben bereits Handyschulungen durchgeführt.

Wirtschaftsforum: Was sind für Sie kommende Herausforderungen?

Karsten Oberheide: Wir müssen von der Restrukturierung jetzt in die Zukunftsgestaltung und uns fragen, was wir heute tun können, um in ein paar Jahren gut dazustehen. Jetzt geht es nicht mehr darum, die Krise zu meistern, sondern darum, die Marke mit neuen Ideen und Inspirationen für die Zukunft aufzuladen.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

Holz, Hightech, Handwerk: Verpackung für den internationalen Erfolg

Interview mit Moritz Krings, künftiger Geschäftsführer der Peter Krings GmbH & Co. KG

Holz, Hightech, Handwerk: Verpackung für den internationalen Erfolg

Seit über 160 Jahren steht die Peter Krings GmbH & Co. KG aus Stolberg für Kompetenz in der industriellen Holzverpackung. Aus einem einstigen Sägewerk entwickelte sich ein moderner Industriedienstleister, der…

„Jammern ist leichter als Handeln“

Interview mit Prof. Dr.-Ing. Dieter Gerling, Gründer der FEAAM GmbH

„Jammern ist leichter als Handeln“

Mit diesem Leitsatz gründete Professor Dieter Gerling 2006 die FEAAM GmbH – eine Ausgründung der Universität der Bundeswehr München. Fast zwei Jahrzehnte später entwickelt sein zehnköpfiges Team elektrische Antriebe für…

Innovative Verpackung für eine nachhaltige Zukunft

Interview mit Philip De Bie, CEO und Bénédicte Soenen, Sales Director der Soenen Golfkarton NV

Innovative Verpackung für eine nachhaltige Zukunft

Ob Verpackungen für Waffeln, Tierfutter oder Hightech-Komponenten – die Soenen Golfkarton NV gehört zu den führenden Anbietern von individuellen Wellpappverpackungen in Nordwesteuropa. Mit zwei hoch automatisierten Standorten und einem klaren…

Spannendes aus der Region Kreis Wesel

Von Emmerich in die Welt

Interview mit Jordi Queralt, Geschäftsführer der H. von Gimborn GmbH

Von Emmerich in die Welt

Vom Arzneimittelhersteller zur internationalen Katzenmarke: Seit 1855 hat sich die H. von Gimborn GmbH vom traditionsreichen Chemiebetrieb zu einem internationalen Spezialisten für Katzensnacks und Katzenstreu entwickelt. Geschäftsführer Jordi Queralt erklärt,…

Roboter im Schwarm

Interview mit David Niedermaier, Geschäftsführer & CTO AGILOX Services GmbH

Roboter im Schwarm

Das Leben der Menschen in ihrer Arbeitsumgebung sicherer zu machen, war die Vision – von Anfang an. Heute ist die AGILOX Services GmbH Technologieführer im Bereich der Autonomen Mobilen Roboter…

Für Sicherheit im Einsatz

Interview mit Kathrin Aster, Geschäftsführerin der Standby GmbH

Für Sicherheit im Einsatz

Ohne Blaulicht, Signaltechnik und modernste Steuerungssysteme stünde so manches Einsatzfahrzeug im Stau. Die Standby GmbH mit Sitz in Dinslaken ist Teil einer international tätigen Unternehmensgruppe, die innovative Lösungen für Polizei,…

Das könnte Sie auch interessieren

„So schmeckt Heimat“ – auch über die Region hinaus

Interview mit Jan-Peter Mehring, Prokurist der Heino Mühlenbeck Fleischwaren GmbH

„So schmeckt Heimat“ – auch über die Region hinaus

Der Anspruch der Heino Mühlenbeck Fleischwaren GmbH ist es, ihre Kunden täglich mit hochwertigen Fleischprodukten und regionalen Spezialitäten zu versorgen. Seit über 100 Jahren steht das Unternehmen für handwerkliche Tradition…

Wenn der Schuh passt: Erfolg im Lizenzgeschäft

Interview mit David Friedrich, CSO und Moritz Hamm, CEO der Hamm Footwear GmbH

Wenn der Schuh passt: Erfolg im Lizenzgeschäft

Die Lizenzierung einer Modemarke im Bereich Accessoires kann das Markenimage erheblich stärken und die Marktpräsenz erweitern. Im Interview mit Wirtschaftsforum erläutern Moritz Hamm, CEO, und David Friedrich, CSO der Hamm…

Blauer Faden, grüne Vision

Interview mit Alberto Candiani, Geschäftsführer der Candiani Denim S.p.A.

Blauer Faden, grüne Vision

Seit über 85 Jahren setzt Candiani Denim aus Italien Maßstäbe in der Herstellung von hochwertigem Denim. Als Familienunternehmen in 4. Generation kombiniert Candiani handwerkliches Geschick mit innovativen Ansätzen für nachhaltige…

TOP