Wie eine Käserei Agilität und Herkunft verbindet
Interview mit Sylvia Maria Schindecker, Geschäftsführerin der VÖCKLAKÄSEREI eGen

Wirtschaftsforum: Frau Schind-ecker, die VÖCKLAKÄSEREI blickt auf eine lange Geschichte zurück. Was macht das Unternehmen heute aus – und was macht es besonders?
Sylvia Maria Schindecker: Unsere Wurzeln reichen bis ins Jahr 1931 zurück, und wir sind heute eine kleine, aber sehr lebendige Genossenschaft, die ausschließlich den rund 200 Landwirten gehört, die uns täglich mit Milch beliefern. Diese Nähe zu den Mitgliedern – geografisch wie strukturell – prägt unsere Philosophie und Arbeitsweise. Wir produzieren mit handwerklicher Sorgfalt österreichischen Bergkäse, Emmentaler, Gouda und Schnittkäsesorten wie den Mondseer. Die Qualität unserer Rohmilch – unter anderem durch Heumilch-Zertifizierung – und die lange Reifung machen unsere Produkte besonders geschmackvoll und authentisch.
Wirtschaftsforum: Wie ist die Genossenschaft heute strukturiert?
Sylvia Maria Schindecker: Wir sind bewusst schlank organisiert – das macht uns sehr flexibel und handlungsfähig. Gemeinsam mit meinem Betriebsleiter leite ich die Geschäfte und bin im täglichen Austausch mit unseren sieben Vorständen und sieben Aufsichtsräten. Entscheidungen treffen wir schnell, ohne lange Abstimmungsschleifen. Diese enge Verzahnung mit der Produktion, den Landwirten und unseren 30 Mitarbeitenden ist ein zentraler Erfolgsfaktor. Jährlich verarbeiten wir rund 33 Millionen kg Milch und erwirtschaften einen Umsatz von etwa 24 Millionen EUR – eine beachtliche Leistung, die unsere effiziente Struktur widerspiegelt.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt das Auslandsgeschäft für die VÖCKLAKÄSEREI – und wie gelingt Ihnen die Positionierung auf internationalen Märkten?
Sylvia Maria Schindecker: Etwa 40% unserer Produktion geht in den Export – vor allem nach Deutschland, Frankreich, Italien und in die USA. Unsere Produkte sind dabei zum Großteil unter Handelsmarken bei Edeka, Rewe, Alnatura, Billa oder Spar erhältlich. Nur ein sehr kleiner Anteil wird unter unserem eigenen Namen verkauft, was wir in Zukunft ausbauen möchten. Besonders gefragt ist unser Bergkäse, der durch seine Qualität und Reifung überzeugt. Die Internationalisierung erfolgt bei uns weniger über Messeauftritte – wir setzen eher auf vertrauensvolle Großhandelspartnerschaften, langfristige Zusammenarbeit und die Kraft des Geschmacks.
Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt Digitalisierung in einem traditionell geprägten Betrieb wie Ihrem?
Sylvia Maria Schindecker: Eine zunehmende. Wir müssen heute sehr viele Daten erfassen, etwa für Rückverfolgbarkeit, Zertifizierungen oder Nachhaltigkeitsberichte. Gerade für ein kleineres Unternehmen ist das eine echte Herausforderung – die Systeme sind oft teuer, und viele Softwareanbieter fokussieren sich eher auf große Kunden. Trotzdem investieren wir hier gezielt, weil wir wissen: Ohne Digitalisierung ist auch Transparenz und Weiterentwicklung kaum möglich. Künstliche Intelligenz ist für uns noch kein Thema – aber wer weiß, was in fünf Jahren ist.
Wirtschaftsforum: Nachhaltigkeit ist ein großes Thema in der Lebensmittelbranche. Wie begegnen Sie den steigenden Anforderungen?
Sylvia Maria Schindecker: Nachhaltigkeit ist für uns kein Trend, sondern ein Selbstverständnis. Wir achten auf ökologische Aspekte wie Wasserverbrauch, Reinigungsmittel und Energieeinsatz – ohne dabei die Lebensmittelsicherheit zu vernachlässigen. Gleichzeitig steht soziale Nachhaltigkeit im Fokus: der faire Umgang mit Mitarbeitenden, Partnern und Mitgliedern. Und wirtschaftliche Nachhaltigkeit ist für mich die Basis von allem – ohne gesunde Betriebe keine nachhaltige Landwirtschaft. Was mich allerdings zunehmend beschäftigt: Verbraucher fordern nachhaltige Produkte, sind aber selten bereit, den fairen Preis dafür zu zahlen. Da braucht es dringend mehr Bewusstseinsbildung.
Wirtschaftsforum: Wie begegnen Sie dem Fachkräftemangel?
Sylvia Maria Schindecker: Er trifft auch uns. Vor allem im Handwerk – Milchtechnologen, Elektriker, Maschinenbautechniker – wird es zunehmend schwieriger, gut ausgebildete Fachkräfte zu finden. Die Branche hat hier ein Imageproblem: Akademische Berufe gelten oft als attraktiver, obwohl unsere Produktionstechniker hoch spezialisiertes Wissen mitbringen müssen. Ich selbst komme aus der Agrarökonomie, aber was meine Mitarbeiter täglich leisten, bewundere ich sehr. Wir müssen den Wert von Handwerk und Facharbeit wieder stärker betonen – gesellschaftlich und politisch.
Wirtschaftsforum: Welche strategischen Ziele verfolgen Sie für die kommenden Jahre?
Sylvia Maria Schindecker: Unser Fokus liegt auf Stabilität und Qualität – aber auch auf Weiterentwicklung. Wir wollen unsere Prozesse weiter digitalisieren, unsere Energieeffizienz steigern und vor allem die Loyalität unserer Mitarbeitenden und Mitglieder stärken. Wachstum um jeden Preis ist nicht unser Ziel, aber wir sehen durchaus Potenzial, stärker auf unsere Marke zu setzen und auch die Vermarktung langfristig zu professionalisieren. Gleichzeitig wünsche ich mir mehr politischen Rückhalt für den Produktions-standort Österreich – denn wer regionale Lebensmittelversorgung sichern will, muss sie auch wirtschaftlich ermöglichen.