Wer will schon im Dunkeln backen?

Interview mit Philipp Henrici, Geschäftsführer der BJB GmbH & Co. KG

Hätte der Kühlschrank keine Beleuchtung, würden sich in seinen hintersten Ecken wahrscheinlich noch öfter ‘Lebensmittelleichen’ ansammeln. Die Beleuchtung von Haushaltsgeräten wie Backofen, Mikrowelle, Kühlschrank und Dunstabzugshaube ist nur einer von drei Geschäftsbereichen bei BJB.

Auch Beleuchtungskomponenten wie konventionelle Lichtfassungen, Klemmen und Anschlusstechnik sind nach wie vor gefragt – wenn auch anders als früher. „Aufgrund des Technologiewandels in der Leuchtenindustrie hin zu LED mussten wir uns sehr verändern“, erzählt Geschäftsführer Philipp Henrici, der das 1867 gegründete Unternehmen in der sechsten Generation führt. Er sagt: „Die alte Welt gibt es nicht mehr. In ihr waren wir Weltmarktführer in der Lampenfassung, hatten 2008 einen Umsatz von 118 Millionen EUR, davon die Hälfte in diesem Bereich. Heute liegt unser Umsatz bei 78 Millionen EUR; nur knapp neun Millionen EUR entfallen auf Lampenfassungen. Wir haben keine einfache Zeit hinter uns.“

Ein weiterer Geschäftsbereich, die Automatisierung in der Licht- und Geräteindustrie, ist noch klein und ebenfalls im Wandel. „Ursprünglich ging es um Verdrahtungsroboter, die mit Stecktechnik funktionierten. Heute beschäftigen wir uns im Rahmen von LED auch mit dem automatischen Setzen von Platinen“, so der Geschäftsführer. Zum Angebot auf diesem Gebiet gehören auch Service-Dienstleistungen.

Elektroschrott vermeiden

„Wir mussten neue Produkte entwickeln, basierend auf einem veränderten Geschäftsmodell. Während wir früher mit Partnern standardisierte Produkte hergestellt haben, müssen wir heute selbst entwickeln und kreativ sein, den Markt einschätzen und vorhersehen, was die Kunden brauchen“, erklärt Philipp Henrici.

Der Diplom-Jurist ist 2008 in das Unternehmen seiner Familie eingestiegen. „Schade, dass ich in der Hochzeit noch nicht dabei war“, findet er. Doch die Herausforderungen nimmt er sportlich. Mit ihrem weltweiten Vertriebsnetz ist die Firma, die 550 Mitarbeiter beschäftigt, noch immer eine Ausnahmeerscheinung im Markt.

Philipp Henrici, Geschäftsführer der BJB GmbH & Co. KG
„Brüssel und der Markt fordern austauschbare Lösungen, um den Elektroschrott gering zu halten. Das ist gut für uns, weil wir die entsprechenden Lösungen haben.“ Philipp HenriciGeschäftsführer

Der Exportanteil beträgt 80%. BJB betreibt Niederlassungen in Italien, Japan, Brasilien sowie Katar und Tochtergesellschaften in China, den USA und Spanien. Mit großem Know-how und viel Erfahrung in der Kontakttechnik und Codierung von Elementen hat das Unternehmen in diesem Bereich die Nase vorn. „Schon vor drei Jahren haben wir die ersten Produkte auf den Markt gebracht, bei denen wir Module und Schnittstellen entwickelt haben. Diese haben wir in einem Gremium weltweit standardisieren lassen.“

Das Thema Standardisierung ist hochaktuell. Philipp Henrici erklärt, warum: „Bisher wurde kommuniziert, dass LED eine lange Lebensdauer hat. Das ist auch richtig. Aber diese Produkte sind jetzt seit zehn Jahren am Markt und können ausfallen. Die Lampen werden dann zum Wegwerfprodukt, denn im Gegensatz zu konventionellem Licht können LEDs im Normalfall nicht ausgetauscht werden. Brüssel und der Markt fordern immer mehr austauschbare Lösungen, um den Elektroschrott gering zu halten. Das ist gut für uns, weil wir die entsprechenden Lösungen haben.“

Netzwerkfähig leuchten

Automatisierung spielte schon immer eine Rolle bei BJB. „Wir waren deutschlandweit Vorreiter und haben zu Spitzenzeiten drei Millionen Teile pro Tag hergestellt“, berichtet Philipp Henrici. Alle EDV-Systeme sind schon lange miteinander verbunden.

„Im Rahmen von Industrie 4.0 könnte man viel machen. Man darf aber nicht vergessen, dass sich nicht immer alles rechnet“, gibt er zu bedenken. Auch das Internet der Dinge hält Einzug in die Leuchten- und Hausgeräteindustrie. „Wir beschäftigen uns mit netzwerkfähigen Komponenten, die der Kunde unkompliziert in die Produkte einsetzen kann.“

Philipp Henricis Wunsch war immer, ins Familienunternehmen einzusteigen. „Das ist gleichzeitig eine große Verantwortung und eine Chance. Man muss bereit sein, auch in schlechten Zeiten durchzuhalten. Mit unserem tollen, treuen Team wollen wir an alte Zeiten anknüpfen – auf einem neuen Weg, der Zukunft hat.“

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