Wege aus dem Wettbewerbsdruck: Automatisieren, diversifizieren, vorangehen

Interview mit Dr. Ronald Bernstein, Geschäftsführer der BERGI-PLAST GmbH

Automatisierung als Treiber der Zukunftsfähigkeit

In der Kunststoffverarbeitung entscheidet heute vor allem die Fähigkeit, Prozesse zu automatisieren und Wertschöpfung gezielt ins Unternehmen zurückzuholen. Darauf hat BERGI-PLAST in den vergangenen Jahren konsequent gesetzt: Externe Handmontagen wurden stark reduziert, Automationskompetenzen systematisch ausgebaut – eine Entwicklung, die das Unternehmen sowohl kostenseitig als auch kapazitiv stärkt.

Ein zentrales Projekt wurde 2025 abgeschlossen: Die komplette Intralogistik wurde neu strukturiert und sorgt heute dafür, dass Bauteile direkt in die Verpackung übergehen und automatisch palettiert werden. „Wir dürfen den Anschluss nicht verlieren – der Automationsgrad in Asien ist enorm“, betont Dr. Ronald Bernstein. Für ein mittelständisches Unternehmen seien solche Projekte finanziell herausfordernd, aber entscheidend für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit.

Breite Aufstellung, starke Märkte und neue Chancenfelder

BERGI-PLAST arbeitet an zwei regional nahen Standorten: In Berggießhübel entstehen Verschlüsse für Tuben-, Flaschen- und Kanisterhersteller, in Dohma technische Bauteile für Nutzfahrzeuge und Sicherheitssysteme. Ein eigener Werkzeugbau – bewusst beibehalten trotz internationalen Preisdrucks – ermöglicht hohe Geschwindigkeit, Flexibilität und ein tiefes Verständnis der gesamten Prozesskette.

Rund 125 Mitarbeitende erwirtschaften aktuell einen Umsatz von etwa 22 Millionen EUR. Während das Automotive-Geschäft spürbare Rückgänge verzeichnet, zeigt sich der Verschlussbereich stabil. Zusätzlich öffnet sich ein aussichtsreiches Zukunftsfeld: die patientennahe Diagnostik. Ein laufendes Projekt untersucht die Fertigung eines Schnelldiagnosesystems aus Biopolymeren – ein Markt mit global wachsendem Bedarf, gerade in Regionen mit begrenzter medizinischer Infrastruktur. Auch die politischen Rahmenbedingungen spielen eine Rolle. Die häufig wechselnden Zielrichtungen in der deutschen Industriepolitik erschweren nach Einschätzung von Dr. Bernstein verlässliche Planung. Am Beispiel des diskutierten Verbrenner-Aus werde sichtbar, wie Richtungswechsel Investitionsentscheidungen behindern.

Er wünscht sich mehr Konsequenz und Stabilität, damit Unternehmen langfristig strategisch agieren können. Nachhaltigkeit bleibt dennoch ein Kernanliegen: Rezyklate, Materialreduktion, Design-for-Recycling und biobasierte Kunststoffe stehen im Fokus mehrerer Forschungskooperationen. Ziel ist nicht nur die Erfüllung regulatorischer Vorgaben, sondern die Entwicklung innovativer Lösungen, die frühzeitig marktfähig sind.

Menschen als Schlüssel – und eine Vision der Vollautomation

Trotz hoher technologischer Ambitionen bleibt der Mensch im Zentrum der Unternehmensstrategie. Viele Mitarbeiter sind seit über 20 Jahren im Betrieb – ein Zeichen für Verbundenheit, Erfahrung und eine stabile Kultur. BERGI-PLAST investiert daher bewusst in Weiterbildungen, Gesundheitsprogramme, ein eigenes Fitnessstudio, Jobrad-Modelle und eine betriebliche Krankenversicherung. Parallel dazu denkt Dr. Ronald Bernstein den Produktionsbereich konsequent weiter: In den nächsten Jahren soll die Fertigung weitgehend automatisiert werden, um monotone Tätigkeiten zu reduzieren und Mitarbeitende in höherwertigen Aufgaben zu entwickeln.

Ziel ist ein effizienter, nahezu durchgängig automatisierter Produktionsfluss – ohne Stellenabbau, sondern mit qualitativer Weiterentwicklung des Teams. Sein persönlicher Antrieb besteht darin, das Unternehmen strategisch voranzubringen und gleichzeitig alle Mitarbeitenden mitzunehmen: ein Gleichgewicht aus Mut, Verantwortung und Veränderungsbereitschaft.

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