Mit Haltung aufs Dach – und darüber hinaus

Interview mit Sebastian Engelskirchen, Geschäftsführer der Otto Lehmann GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Engelskirchen, Sie sind seit Juli 2025 Geschäftsführer der Otto Lehmann GmbH. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt?

Sebastian Engelskirchen: Ich hatte Lehmann zuvor schon über meine Tätigkeit beim Bundesverband Feuerverzinken kennengelernt. Als sich die Gelegenheit ergab, gemeinsam mit Andreas Batzl die Geschäftsführung zu übernehmen, war für mich klar: Das ist ein spannender Schritt. Lehmann ist ein Unternehmen mit langer Tradition, starker DNA und viel Potenzial – genau der richtige Ort, um gemeinsam mit einem engagierten Team neue Impulse zu setzen.

Wirtschaftsforum: Was zeichnet Lehmann Ihrer Meinung nach besonders aus?

Sebastian Engelskirchen: Da gibt es mehrere Punkte. Erstens: Wir sind stark in einer Nische. Unsere Produkte – etwa Sicherheitsdachhaken oder Aufdachmodulhalter für Solarpaneele – sind technisch anspruchsvoll, aber sehr gefragt. 

Zweitens: Wir verfügen über jahrzehntelange Kompetenz in der Metallverarbeitung. Und drittens – und das ist vielleicht das Wichtigste – leben unsere Mitarbeiter das Unternehmen. Viele sind 30 oder mehr Jahre bei uns. „Einmal Lehmann, immer Lehmann“ ist bei uns keine leere Phrase, sondern gelebte Unternehmenskultur.

Wirtschaftsforum: Wie wollen Sie diesen Unternehmensgeist für die Zukunft bewahren und weiterentwickeln?

Sebastian Engelskirchen: Uns ist wichtig, das Zwischenmenschliche in den Mittelpunkt zu stellen – verbunden mit einem klaren Sinn hinter dem, was wir tun. Deshalb haben wir im Rahmen eines Change-Management-Prozesses eine neue Mission und Vision entwickelt. Unsere Vision: Gemeinsam die Welt ein Stück sicherer und klimafreundlicher machen. Unsere Mission: Wir verbinden traditionelle Fertigungstechnik mit innovativem Denken. Das Ziel ist, Qualität und Nachhaltigkeit stetig zu verbessern und Lösungen für Märkte im Wandel zu bieten.

Wirtschaftsforum: Welche Rolle spielt dabei das Thema Innovation konkret?

Sebastian Engelskirchen: Eine sehr zentrale. Unser Anspruch ist es, Technologieführer zu werden. Das bedeutet auch: Wir müssen mehr eigene Patente entwickeln, unser Produktportfolio erweitern und unsere Prozesse noch effizienter gestalten. Wir haben dafür einen Kollegen ins Team geholt, der sich gezielt um den Aufbau von Forschung und Entwicklung kümmert. Und wir wollen mit neuen Produkten auch neue Märkte erschließen. 

Unser Bestseller ist derzeit der Aufdachmodulhalter für Solarpaneele – ein Produkt, das Handwerker schätzen, weil es einfach, robust und effizient ist. Aber wir wollen uns nicht nur auf das Dach konzentrieren. Wenn wir das Dach können, können wir auch andere Bauprodukte. Auch Anwendungen im Bereich erneuerbarer Energien und neue Absatzmärkte wie Frankreich, Spanien, die USA oder Kanada sind für uns im Fokus. Zudem wollen wir perspektivisch beim Wiederaufbau der Ukraine unterstützen – etwa durch unsere Kompetenzen bei dezentralen Energienetzen.

Wirtschaftsforum: Lehmann produziert weiterhin ausschließlich in Deutschland. Ist das ein bewusster Standortentscheid?

Sebastian Engelskirchen: Absolut. Wir sind ein bayerisches Unternehmen – von Bayern in die Welt. Für uns gehört die Produktion hier zur Identität. Natürlich ist das in einem Hochlohnland eine Herausforderung. Aber durch Automatisierung, Effizienz und gute Beziehungen zu unserem Betriebsrat schaffen wir es, wettbewerbsfähig zu bleiben – und gleichzeitig faire Löhne und ein gutes Miteinander zu bieten.

Wirtschaftsforum: Sie selbst sind seit 20 Jahren SPD-Mitglied. Wie sehen Sie die aktuelle politische Lage aus Unternehmersicht?

Sebastian Engelskirchen: Politik und Wirtschaft sollten idealerweise Hand in Hand gehen. Was mir derzeit fehlt, ist der Mut zu tiefgreifenden Reformen – etwa bei Krankenversicherung, Rente oder Steuern. Die größten Kosten für Unternehmen sind nicht Energie oder Rohstoffe, sondern die Sozialversicherungsabgaben, die Arbeitgeber abführen müssen. Wir müssen an die Strukturen ran, sonst fährt das System gegen die Wand. Gleichzeitig ist es gut, dass die Regierung in Zukunft investiert – das unterstützen wir voll.

Wirtschaftsforum: Zum Schluss eine persönliche Frage: Was motiviert Sie, Teil der Wirtschaft zu sein – und nicht etwa Vollzeitpolitiker?

Sebastian Engelskirchen: Als Unternehmer hat man die direkte Verantwortung für Menschen, für Arbeitsplätze, für gesellschaftliche Wirkung. Man sieht, was das eigene Handeln bewirkt. Außerdem habe ich hier die Möglichkeit, Führung neu zu denken – nicht top-down, sondern im Dialog. Das ist herausfordernd, aber auch sinnstiftend. Und wenn man ein Unternehmen wirklich verändern will, geht es nur gemeinsam mit den Menschen.

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