„Die Scheu vor der Technik nehmen“
Interview mit Bernd Schober, Geschäftsführer und Iko Miermeister, Vertriebsleiter der add solution GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Schober, Herr Miermeister, wie hat sich add solution bis heute entwickelt?
Bernd Schober: 2001 habe ich das Unternehmen gemeinsam mit Alexander Kellersmann gegründet. Heute haben wir zwei Standorte in Wolfsburg und einen in Osnabrück. Insgesamt beschäftigen wir 125 Mitarbeiter. Die vergangenen Jahre waren von Corona geprägt und daher nicht erwähnenswert. Durch den Krieg in der Ukraine haben wir jetzt wieder genauso wenig Planungssicherheit wie durch Corona.
Iko Miermeister: Als Automobildienstleister sind das für uns nicht die ersten Krisen. Als Zulieferer für OEMs und Tier-1-Lieferanten stehen wir am Ende der Nahrungskette. Erst im November letzten Jahres ging es mit den Aufträgen wieder aufwärts und wir konnten die Kurzarbeit komplett beenden und kamen in die Situation, Aufträge ablehnen zu müssen, weil wir nicht genügend Mitarbeiter hatten. Die Nicht-Planbarkeit ist das größte Problem. Und das Remote-Arbeiten ist für uns eine echte Herausforderung.
Wirtschaftsforum: Inwiefern?
Bernd Schober: Die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen erst geschaffen werden. In den vergangenen zwei Jahren sind quasi keine Fahrzeuge neu entwickelt worden. Die Sicherheit geheimer Daten ist zu Hause nicht gewährleistet. Wir haben eine direkte Datenanbindung zu VW und hohe Sicherheitsstandards. In unserem Büro gibt es separate, besonders abgesicherte Räume mit Kunden-Hardware. Die Verpflichtung zum mobilen Arbeiten war ein Schnellschuss der Regierung, den wir so nicht umsetzen konnten. Wir brauchten dafür Strukturen, die wir zuvor nicht benötigt hatten.
Iko Miermeister: Uns fehlen Standards für das mobile Arbeiten, an die wir uns halten können. Die Digitalisierung ist nicht von heute auf morgen erledigt. Oft fehlen die Voraussetzungen, etwa wenn ein Mitarbeiter auf dem Land wohnt und dort kein Internet hat. Wir wollen alle mobiles Arbeiten, aber die Vorkehrungen, die dafür getroffen werden müssen, können nicht allein auf die Unternehmen abgewälzt werden.
Wirtschaftsforum: Sind Sie ausschließlich für die Automobilindustrie tätig?
Iko Miermeister: Primär sind wir Automotive-nah und wollen in diesem Bereich erst einmal weiterwachsen. Neben VW haben wir auch Kontakte zu Daimler und BMW. 2017 haben wir begonnen, den Bereich Testing Validation aufzubauen. Mit ihm gehen wir neben Automotive jetzt auch in andere naheliegende Bereiche hinein. Generell wollen wir etwas diversifizieren, um weniger abhängig von der Entwicklung im Automotivebereich zu sein. Deshalb sind wir auch in die Gebäudeelektrik eingestiegen.
Wirtschaftsforum: Welche Faktoren sind Ihrer Meinung nach ausschlaggebend für den Erfolg von add solution?
Bernd Schober: Wir sind mit der Bordnetzentwicklung gewachsen; das ist ein Bereich, der sich ständig verändert. Darauf sind wir spezialisiert und auf diesem Gebiet inzwischen eine gesetzte Größe.
Iko Miermeister: Dazu kommt, dass wir bei dem bleiben, was wir können und darüber auch offen und ehrlich sprechen. Dank unserer überschaubaren Größe haben wir kurze Entscheidungswege und können Dinge schneller umsetzen als ein großer Konzern. Wir sind einfach flexibler.
Wirtschaftsforum: Worin liegt Ihre persönliche Motivation für Ihre Arbeit?
Bernd Schober: Das war immer der Spaß am Auto und die Faszination für das Thema. Mich begeistert die Technik. Ich finde es zum Beispiel extrem spannend, wie jetzt das Haus mit dem Auto zusammenwächst, und freue mich auf die Zukunft des Autos. Daran mitzuwirken ist meine Motivation.
Iko Miermeister: Mein Antrieb ist, die Potenziale der Firma und damit auch der Mitarbeiter zu entwickeln. Ich bin überzeugt, dass add solution das Potenzial hat, weiter zu wachsen. Allerdings leiden wir unter dem Fachkräftemangel und suchen Personal, auch Quereinsteiger, die nicht aus dem technischen Bereich kommen. Es gibt mehr Überschneidungen zu anderen Gebieten, als man denkt. Wir möchten den Menschen die Scheu vor der Technik nehmen. Es kommt darauf an, was jemand leistet, und nicht darauf, was er vorher geleistet hat.