Das smarte Heim: Elektrolösungen von heute

Interview mit Jessika Pernthaler, Geschäftsführerin der Selectra AG

Mitten im Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1944, gründete Hans Pernthaler in Bozen das erste Elektrogeschäft unter dem Namen Electronia. Er importierte Elektrogeräte, wie zum Beispiel Braun-Rasierer, die es seinerzeit in Italien nicht gab, später auch Fernseher. „Wir sind Schritt für Schritt gewachsen“, berichtet Geschäftsführerin Jessika Pernthaler, die heute die dritte Generation vertritt. Ihr Vater Arthur Pernthaler ist alleiniger Inhaber. „Sukzessive haben wir uns immer mehr in den B2B-Bereich und den Verkauf von Elektroinstallationsprodukten entwickelt. So entstand die Großhandelsaktivität“, berichtet sie weiter.

Inzwischen unterhält Selectra neben dem historischen Firmensitz in Bozen zwei weitere Standorte in Trient und Rovereto und erwirtschaftet einen Umsatz von 65 Millionen EUR. „In Südtirol haben wir mit einem Marktanteil von über 66% sozusagen das Monopol, in Trentino sind wir die Nummer 2“, erklärt Jessika Pernthaler. Selectra beschäftigt 150 Mitarbeiter.

Korrekt auch in der Krise

Ab dem 11. März 2020 befand sich Italien im Corona-Lockdown. Selectra durfte weiter öffnen. „Wir haben das Personal auf insgesamt 40 Kräfte in den drei Filialen reduziert, die übrigen sind in Kurzarbeit gegangen. Allerdings gibt es in Italien Liquiditätsprobleme. Die Firmen haben das Kurzarbeitergeld noch nicht bekommen. Wir stehen für Korrektheit, deshalb haben wir den Mitarbeitern das Geld vorgestreckt und auch fällige Prämien ausgezahlt. Glücklicherweise sind wir sehr liquide und haben ein gutes Eingenkapital“, betont Jessika Pernthaler.

Sie beschreibt die derzeitige Situation: „Es wird Cash Inflow benötigt. Die Elektriker fragen alle nach Zahlungsaufschüben und auch wir versuchen, unsere Zahlungsziele zu verlängern. Wir haben das Lager reduziert und eigene Bestellungen auf Eis gelegt. Zurzeit produzieren wir auf 98%.“ Die Umsatzzahlen seien stabil, mit einem leichten Defizit von minus 5% im Vergleich zum Vorjahr.

„Die Entwicklung geht in Richtung digitale Differenzierung. Es werden mehr komplette Lösungen statt Einzelprodukte erwartet.“ Jessika PernthalerGeschäftsführerin
Jessika Pernthaler, Geschäftsführerin der Selectra AG

Export ausbauen

20.000 Produkte hält Selectra auf Lager. Die Hauptsparte bildet das Elektromaterial von Kabeln, Leitungen und Schaltern über Bussysteme bis hin zu ganzen Geräten und Schaltschränken. Im Zusammenhang mit dem Smart Living gewinnt zudem die Beleuchtung an Bedeutung. Der historische, aber heute eher kleine Bereich Haushaltsgeräte wird ebenfalls weitergeführt.

Die Kunden sind Elektriker, meist aus Südtirol und Trient, einige kommen aus Verona. „Für Projekte verkaufen wir auch in Süditalien oder Österreich, je nachdem, wo die Kunden Niederlassungen haben“, sagt Jessika Pernthaler. Geplant ist, das Exportgeschäft in den nächsten Jahren auszubauen. Der Blick ist dabei insbesondere auf Deutschland und Österreich gerichtet.

Trend Smart Living

Die Digitalisierung spielt für ihr Geschäft eine immer größere Rolle, erzählt Jessika Pernthaler: „Die Entwicklung geht immer mehr in Richtung digitale Differenzierung. Es werden mehr komplette Lösungen statt Einzelprodukte erwartet. Smart Living und Smart Home sind die Trends. Unsere Vision ist deshalb, uns über den Verkauf der Produkte hinaus zum Lösungsanbieter zu entwickeln. Heute geht es um Ideen.“

Sie hat auch beobachtet, dass die Architekten den Produkten gegenüber aufmerksamer werden. „Das Design wird wichtiger; es geht um Attraktivität. Die Architekten legen mehr Wert auf Details.“ Nachhaltigkeit sei hingegen noch kein Trend. „Die Energieeffizienz wird allerdings als Verkaufsargument wichtiger“, so ihre Beobachtung.

Qualität von Tag eins an

Als alteingesessenes Bozener Unternehmen genießt Selectra in seiner Heimat einen ausgezeichneten Ruf – aus gutem Grund, wie Jessika Pernthaler deutlich macht: „Wir sind seriös, halten unsere Versprechen und bieten einen sehr guten After Sales-Service. Von Tag eins bis heute haben wir immer Qualität abgeliefert. Und wir pflegen mit unseren Kunden Partnerschaften auf Augenhöhe.“ Sie hofft, den Verlust 2020 gering halten zu können. Wichtig ist ihr, dass die Firma langfristig in Familienhand bleibt. „Sie ist unser Diamant“, betont sie.

Mehr zum Thema

Neue Hüfte, neues Knie: Mobilität bis ins hohe Alter

Interview mit Florian Hoffmann, Geschäftsführer der implantcast GmbH

Neue Hüfte, neues Knie: Mobilität bis ins hohe Alter

Die implantcast GmbH aus Buxtehude zählt zu den führenden Herstellern von Endoprothesen und Sonderimplantaten. Seit der Gründung im Jahr 1988 hat sich das Unternehmen zu einem international tätigen Medizintechnik-Spezialisten mit…

„Digitalisierung im Bau voranbringen“

Interview mit Frank Wittig, Geschäftsführer der Euro Massiv Bau GmbH

„Digitalisierung im Bau voranbringen“

Wer baut, wünscht sich ein genau auf ihn zugeschnittenes Eigenheim. Die Euro Massiv Bau GmbH mit Sitz in Duisburg ist spezialisiert auf individuell geplante, schlüsselfertige Einfamilienhäuser. Im Gespräch mit Wirtschaftsforum…

Chlordioxid aus Hannover für die Welt

Interview mit Boris Hinz, Geschäftsführer der Dr. Küke GmbH

Chlordioxid aus Hannover für die Welt

Die Dr. Küke GmbH aus Wedemark bei Hannover hat sich auf einen einzigen Wirkstoff fokussiert: Chlordioxid. Von Brauereien über Krankenhäuser bis zu Industriebetrieben – überall dort, wo desinfiziert werden muss,…

Spannendes aus der Region Bozen

„Entschleunigen und 180 Grad anders denken“

Interview mit Peter Paul Mader, Inhaber der Feuerstein GmbH

„Entschleunigen und 180 Grad anders denken“

Mit der Familie Natur erleben, Kraft tanken und den Alltag hinter sich lassen: Das FEUERSTEIN Nature Family Resort in Südtirol ist ein Ort, an dem der Gast einfach Mensch sein…

Vom Abfüller zum Hersteller für mehr Qualität und Service

Interview mit Daniele Simoni, Geschäftsführer der Schenk Italia SpA

Vom Abfüller zum Hersteller für mehr Qualität und Service

Mehr als ein halbes Jahrhundert hat man sich auf das Abfüllen von Flaschen beschränkt. Vor zehn Jahren wurde der erste Produzent übernommen, um mehr Kontrolle über die gesamte Wertschöpfungskette zu…

„Der Erfolg liegt im Tun“

Interview mit Florian Mader, Geschäftsführender Gesellschafter Bau und Immobilien der Mader GmbH

„Der Erfolg liegt im Tun“

Vielseitig, zuverlässig und qualitätsbewusst, das zeichnet die Mader Gruppe aus. Das Südtiroler Unternehmen umfasst heute vier Standorte in ganz Südtirol: Sterzing, Brixen, Bruneck und Bozen – dabei liegt der Ursprung…

Das könnte Sie auch interessieren

Ein Zwilling sorgt für  Perfektion

Interview mit Ingo Straub, Geschäftsführer und Inhaber der INGELA Ingenieurgesellschaft für elektronische Ausrüstung mbH

Ein Zwilling sorgt für Perfektion

Ob Gebäude, Produktionsstätten oder komplexe Anlagen – ohne elektrotechnische Ausrüstung funktioniert keine moderne Infrastruktur. Mit dieser Kompetenz hat sich die INGELA Ingenieurgesellschaft für elektrotechnische Ausrüstung mbH aus Bisingen einen Namen…

Sicherheit in Reinform

Interview mit Dr. Simon Dietz, Geschäftsführer der GfPS mbH

Sicherheit in Reinform

„Love it, change it or leave it.“ Dieses von Henry Ford stammende Zitat ist für Dr. Simon Dietz, Geschäftsführer der GfPS mbH aus Aachen, ein wichtiger Leitspruch. In dem auf…

Elektrisch. Engagiert. Endenburg.

Interview mit Rik Kant, Geschäftsführer der Endenburg Elektrotechniek B.V.

Elektrisch. Engagiert. Endenburg.

Vom Lampengeschäft zum Elektrotechnik-Spezialisten: Die Geschichte der Endenburg Elektrotechniek B.V. reicht fast 100 Jahre zurück. Im Gespräch mit Wirtschaftsforum gibt Geschäftsführer Rik Kant Einblicke in die Unternehmensstruktur, das besondere Führungsmodell…

TOP