Glas mit ganz eigener Note

Interview mit Prof. Dr. Andreas Buske, Inhaber und Geschäftsführer der Zwiesel Kristallglas AG

Wirtschaftsforum: Herr Prof. Buske, in Sachen Kristallglas ist die Zwiesel Kristallglas AG seit 151 Jahren eines der Unternehmen mit der größten Expertise im Markt. Zwiesel Kristallglas kann seit jeher nicht nur mit überaus qualitätvollen Produkten, sondern auch mit etlichen Innovationen aufwarten. Nennen Sie uns doch bitte einige davon.

Prof. Dr. Andreas Buske: 1872 legte Anton Müller mit der Gründung der Tafelglashütte Annathal den Grundstein der heutigen Zwiesel Kristallglas AG. Durch ihn passierte etwas sehr Besonderes, nämlich dass über 700 Jahre traditionelles Glasmacherhandwerk im bayrischen Wald auf einmal mit chemischer und Maschinenkompetenz ‘verheiratet’ wurde und auf diese Weise ein Schmelztiegel an einzigartiger Kompetenz entstand. Deshalb ist nicht verwunderlich, dass hier in Zwiesel aus diesem Schmelztiegel viele Meilensteine der industriellen Glastechnik rund um das Kristallglas hervorgegangen sind. So brachte das Unternehmen 1961 mit der Serie ʿNeckarʾ das erste maschinell hergestellte Glas überhaupt auf den Markt, das mit über 600 Millionen Stück gleichzeitig auch das bis heute meistgefertigte ist. 1985 folgte das erste langstielige Glas: damals eine wirkliche Neuheit, denn zuvor war die Herstellung solcher Gläser produktionstechnisch nicht möglich gewesen. 1990 dann ein weiterer Meilenstein: Es gelang uns nicht nur, Kristallglas ohne Blei herzustellen, sondern dieses bleifreie Kristallglas konnte auch geschliffen werden, ohne dass seine Brillanz verloren ging.

Wirtschaftsforum: Sie haben das Unternehmen 2001 im Zuge eines Management Buy-out gemeinsam mit einem Vorstandskollegen erworben. Was hat Sie damals dazu gebracht?

Prof. Dr. Andreas Buske: Zum einen hatten wir ein tolles Team mit einer unglaublichen Kompetenz und einer großen Leidenschaft für Glas. Zum anderen waren wir davon überzeugt, dass es nicht an der Kompetenz der Mitarbeiter gelegen hatte, dass die Schwierigkeiten entstanden waren, die zum Verkauf des Unternehmens geführt hatten. Und zum dritten sahen wir eine klare Chance für eine erfolgreiche Sanierung und Restrukturierung.

Wirtschaftsforum: Die Sie höchst erfolgreich umgesetzt haben, denn Zwiesel Kristallglas ist heute im Bereich Kristallglas Weltmarktführer und hat für seine Marken und Produkte etliche Auszeichnungen erhalten, unter anderem seit 2017 in sechs aufeinander folgenden Jahren den Global Market Leader Champion der Wirtschaftswoche. Wie kam es zu diesen Erfolgen?

Prof. Dr. Andreas Buske: Wir haben uns nach dem MBO auf die Marke und unsere Kernkompetenz konzentriert: die Herstellung hochwertiger Kristallgläser. Der nächste Meilenstein folgte schon 2002, noch in der Sanierungsphase, mit der Entwicklung von ‘Tritan’, einem sehr hochwertigen Kristallglas, das besonders bruch- und spülmaschinenfest, gleichzeitig aber besonders brillant ist. Auch haben wir eine Internationalisierungsstrategie verfolgt und unsere Produkte aus dem bayrischen Wald in den Weltmarkt gebracht. 2020 haben wir einen umfassenden Marken-Relaunch vorgenommen und neben der Marke Schott Zwiesel die Marke Zwiesel Glas revitalisiert, womit wir zu unseren Wurzeln zurückgekehrt sind. Für diesen Relaunch wurden wir sechsmal mit dem German Brand Award in Gold ausgezeichnet.

Wirtschaftsforum: Sie haben ein ungeheuer umfangreiches Portfolio. Was sind aktuell die wichtigsten Säulen Ihres Geschäfts?

Prof. Dr. Andreas Buske: Von einem oder mehreren wichtigsten Bereichen kann man eigentlich nicht sprechen, denn unsere Kunden und die Bereiche, aus denen sie kommen, sind uns gleich wichtig. Wir sind Vollsortimenter im Consumer- und Professionalbereich und das ist es auch, was uns ausmacht. Wir bilden alle Facetten ab, vom Glas auf dem festlich gedeckten Tisch bis zu dem, aus dem man morgens beim Frühstück trinkt. Was mich persönlich stolz macht, ist unsere Manufaktur; die Gläser, die dort entstehen, sind einzigartige Produkte reiner Handarbeit und echter Handwerkskunst. Unter unseren hochwertigen Maschinengläsern ist die Serie ‘Pure’ unser Topseller: Sie kombiniert ein modernes Design mit Tritan-Produkteigenschaften.

Wirtschaftsforum: Was steht für 2023 auf der Unternehmensagenda?

Prof. Dr. Andreas Buske: Im vergangenen Jahr haben wir einen Merger mit unserem US-Partner Fortessa umgesetzt, der einer der führenden Anbieter für Besteck und Porzellan in Nordamerika ist. Nachdem wir unser Ziel, Weltmarktführer im Bereich Glas zu werden, erreicht haben, ist unsere Vision nun, auch Marktführer für den kompletten gedeckten Tisch im Profibereich zu werden. Mit United Tables haben wir dafür einen Konzeptanbieter im Profibereich für Besteck, Porzellan und Glas gegründet. Diese Distributionsplattform wollen wir nun zum führenden Anbieter für den gedeckten Tisch aufbauen.

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