Gelebte Nachhaltigkeit

Interview mit Theodor Mahr, Geschäftsführer und Markus Kaufer, Prokurist der Theod. Mahr Söhne GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Mahr, Sie konnten im letzten Jahr das 180. Firmenjubiläum begehen.

Theodor Mahr: Tatsächlich liegt die besondere Stärke unseres Unternehmens in seiner langfristigen Ausrichtung. Seit der Gründung einer Ofenschlosserei durch Theodor Mahr im März 1841 ist es immer in Familienhand geblieben, auch in schwierigen Zeiten. Denken Sie nur an die beiden Weltkriege, als die Fabrikanlagen fast zerstört waren. Man hielt zusammen, und gemeinsam erfolgte der Wiederaufbau – auch der Stadt Aachen. Die Theod. Mahr Söhne GmbH konnte sich im Laufe der Jahre zu einem leistungsstarken Unternehmen für Wärme-, Klima- und Lüftungstechnik mit heute 190 Mitarbeitern und 25 Millionen EUR Umsatz entwickeln.

Markus Kaufer: Hier könnte man ein zweites Jubiläum nennen, nämlich 150 Jahre Kirchenkompetenz. Schon 1871 wurde nämlich die erste Kirchenheizung als sogenannte Luftheizung gebaut, eine später für Mahr patentierte Neuerung.

Theodor Mahr: Die Beheizung von Kirchen hat sich zu unserer Kernkompetenz entwickelt. Heute ist Mahr Europas größter Hersteller von entsprechenden Warmluftheizungen. Viele Kirchen beherbergen wertvolle Kulturgüter, die empfindlich auf ein falsches Maß an Luftfeuchtigkeit reagieren, etwa Gemälde, Skulpturen, Altäre, Orgeln und Wandmalereien. Wir sind in der Lage, für jedes historische Gebäude eine spezielle Lösung zu entwickeln, auch in Abstimmung mit Denkmalpflegern.

Wirtschaftsforum: Welche anderen Bereiche deckt Mahr ab?

Theodor Mahr: Die Anwendungsbereiche sind breit gefächert. Wir sind stark im großen Anlagenbau für Büros, Drogerieketten, Institutionen und Krankenhäuser bis hin zur Reinraumtechnik vertreten. Das Luisenhospital in Aachen betreuen wir schon seit über 100 Jahren. Für die Automobilindustrie planen und bauen wir industrielle Prüfstände für Motoren und Batterien.

Markus Kaufer: Wie engagiert und wie kundenorientiert wir sind, zeigt sich auch im Bereich unseres Wartungsgeschäftes. Der Mahr-Kundenservice im Industrie- und Kirchenbereich begleitet über 5.000 Wartungskunden jährlich in ganz Deutschland, den Beneluxländern sowie Österreich und der Schweiz. Inzwischen sind die Monteure zur optimalen Betreuung mit Tablets ausgestattet. Die Digitalisierung hat auch in Büro und Fuhrpark zu mehr Planungssicherheit geführt.

Wirtschaftsforum: Mahr hat den Anspruch, modernste Lösungen für Heizung und Klimatechnik zu bieten. Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung im Energiesektor?

Theodor Mahr: Gerade unsere Fähigkeit individuelle Lösungen zu entwickeln bedingt auch die Bereitschaft zur Veränderung. Wir haben eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung und erarbeiten neue Möglichkeiten zur Nutzung erneuerbarer Energien, etwa durch die Integration von Wärmepumpen und Photovoltaik. Aktuell stellen die steigenden Gas- und Ölpreise, die Materialknappheit und die Folgen des Kriegs in der Ukraine das Handwerk vor große Herausforderungen.

Markus Kaufer: Die Konstellation von so vielen Effekten gleichzeitig ist extrem. Es gibt ja auch noch Corona, und wir haben den Fachkräftemangel. Das Handwerk ist lange nicht genug beachtet worden, jetzt ist das Problem da.

Wirtschaftsforum: Was tun Sie, um Fachkräfte zu gewinnen?

Markus Kaufer: Wir arbeiten eng mit Berufsschulen zusammen, werben für den Beruf des Anlagen- oder Konstruktionsmechanikers, der eine andere Wertigkeit hat als etwa der klassische Sanitärinstallateur.

Theodor Mahr: Die Gebäude haben sich verändert, heute hat die Technik im Neubau Vorrang, und es handelt sich um einen anspruchsvollen Beruf. Wir haben etwa 10% Auszubildende, auch aus anderen Ländern. Dazu haben wir ein Pilotprojekt gestartet, bei dem eine Deutschlehrerin unsere Mitarbeiter unterrichtet, auch in fachspezifischem Deutsch.

Markus Kaufer: Wir konnten so erfolgreich Flüchtlinge als Anlagen- und Konstruktionsmechaniker ausbilden und an uns binden, sie haben bei uns im Betrieb eine neue Familie gefunden.

Wirtschaftsforum: Kann man sagen, dass das Klima bei Mahr generell sehr positiv und eher familiengeprägt ist?

Markus Kaufer: Ich bin seit drei Jahren im Unternehmen und erlebe es so. Für mich ist es eine Freude, mich auf verschiedenen Ebenen einbringen zu können.

Theodor Mahr: Für unser gutes Betriebsklima spricht die geringe Fluktuation. In der letzten Zeit hatten wir allein sechs Jubiläen von Mitarbeitern, die 50 Jahre bei uns sind. Wir sind sozial geprägt, unterstützen soziale Projekte, ich selbst bin bei der Freiwilligen Feuerwehr. Die Einstellung zu Kunden und Mitarbeitern ist geprägt von der langfristigen Ausrichtung unseres Familienunternehmens. Auf uns kann man sich auch in Zukunft verlassen. Ein Familienunternehmen kann nur mit Nachhaltigkeit existieren. Die Gesellschafter investieren den Großteil des Erlöses in das Unternehmen und beziehen die nächste Generation ein. So funktioniert das Prinzip Familienunternehmen, das ist gelebte Nachhaltigkeit. Für mich persönlich ist es nicht mein Arbeitsplatz, es ist meine Lebensaufgabe.

Mehr zum Thema

Einzigartige Propeller-Innovation für die Luftfahrt

Interview mit Eric Greindl, Vice President der MT-Propeller Entwicklung GmbH

Einzigartige Propeller-Innovation für die Luftfahrt

Moderne Propellertechnik aus Niederbayern – mit dieser Vision hat sich die MT-Propeller Entwicklung GmbH als Innovationsführer im internationalen Luftfahrtmarkt etabliert. Gegründet von Luftfahrtpionier Gerd Mühlbauer, setzt das Unternehmen auf Hightech,…

Technologie, die Lebensqualität verbessert

Interview mit Larry Jasinski, Geschäftsführer der Lifeward GmbH

Technologie, die Lebensqualität verbessert

Mobilität steht für Selbstständigkeit – für viele selbstverständlich, für andere ein verlorenes Privileg. Nach einem Unfall oder einer neurologischen Erkrankung wird der Alltag oft zur Herausforderung, physisch wie psychisch. Die…

Passion für Veränderungen

Interview mit Volker Brielmann, CEO der Adval Tech Gruppe

Passion für Veränderungen

Gerade im weltweit hart umkämpften Automotive-Segment hat sich Adval Tech mit seiner starken technologischen Expertise als kompetenter Zulieferer von Kunststoff-, Metall- und Hybridkomponenten nachhaltig als geschätzter Partner etablieren können. Welche…

Spannendes aus der Region Städteregion Aachen

SMART/LAB: Laden ohne Grenzen

Interview mit Dr. Mark Steffen Walcher, Geschäftsführer der smartlab Innovationsgesellschaft mbH

SMART/LAB: Laden ohne Grenzen

Drei Stadtwerke, eine Idee, zwölf Jahre Entwicklung: Die smartlab Innovationsgesellschaft hat die deutsche E-Ladeinfrastruktur revolutioniert. Was in Aachen, Duisburg und Osnabrück als Forschungsprojekt startete, verbindet heute 27.000 eigene Ladepunkte mit…

Menschen mit Ideen und Produkte mit Mehrwert

Interview mit Jörg Schulden, Prokurist und Vertriebsleiter der Rodriguez GmbH

Menschen mit Ideen und Produkte mit Mehrwert

Hochwertige Präzisionslager und Lineartechnik für den Maschinen- und Anlagenbau sind das Metier der Rodriguez GmbH. Das Unternehmen aus Eschweiler deckt alles ab, von der einzelnen Komponente bis zur einbaufertigen Systemgruppe.…

Ganzheitliche Architektur von Menschen für Menschen

Interview mit Dipl.-Ing. Harald Schäfer, Geschäftsführer der HHA Planung GmbH

Ganzheitliche Architektur von Menschen für Menschen

Beim Bauen geht es nicht nur um Gebäude, sondern auch immer um Bedürfnisse von Menschen. Genau diesen Ansatz hat die HHA Planung GmbH aus Aachen seit ihrer Gründung vor 30…

Das könnte Sie auch interessieren

Mut zu echter Nachhaltigkeit

Interview mit Michael Oberfeichtner, Geschäftsführer der O. K. Energie Haus GmbH

Mut zu echter Nachhaltigkeit

Die Bauindustrie gilt als größter Umweltverschmutzer der Welt; sie verantwortet 40% des globalen CO2-Ausstoßes. Ein Umdenken ist überfällig. Die O.K. Energie Haus GmbH aus dem österreichischen Großpetersdorf musste nicht umdenken,…

Individuelle Konzepte für moderne Bürolandschaften

Interview mit Karl Leitner, Geschäftsführer der FLW Handels Ges.m.b.H

Individuelle Konzepte für moderne Bürolandschaften

Flexible Arbeitswelten, hybride Bürokonzepte und nachhaltige Einrichtungslösungen – die Anforderungen an moderne Arbeitsumgebungen sind vielfältiger denn je. Die FLW Handels Ges.m.b.H hat sich mit umfassender Expertise auf die Planung und…

„Wir gestalten die Elektro-Infrastruktur der Zukunft“

Interview mit Matthias Gerstberger, Director of Marketing der OBO Bettermann Holding GmbH & Co. KG

„Wir gestalten die Elektro-Infrastruktur der Zukunft“

Im Zuge der Transformation von Bauprojekten, wachsender Nachhaltigkeitsanforderungen, zunehmender Technologiedichte und internationaler Marktdynamiken ist die Elektroinstallationstechnik gefordert wie nie zuvor. Das Familienunternehmen OBO Bettermann aus Menden begegnet diesen Herausforderungen mit…

TOP