„Energiewende mit E-Fuels“
Interview mit Henrik Schäfer, Geschäftsführer und Inhaber der SWE Südwestenergie GmbH

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Wirtschaftsforum: Herr Schäfer, können Sie uns einen kurzen Überblick über die Geschichte der SWE Südwestenergie geben?
Henrik Schäfer: Die Vorgängerfirma Bauer + Orth wurde in den 1950er-Jahren gegründet. Sie betrieb ein ESSO-Tanklager. 1999 haben die Betreiber das Unternehmen, das aus drei kaufmännischen Mitarbeitern und drei Fahrern bestand, an den Mineralölhandelskaufmann Thomas Nest verkauft. Er konnte das Geschäft stabilisieren und Handelsgeschäfte hinzukaufen. 2003 sind wir in Kontakt gekommen. Ich war damals bei den Stadtwerken Pforzheim im Energiehandel tätig. Die Stadtwerke haben sich an seiner Firma beteiligt. 2006 bin ich zu Bauer + Orth gewechselt, wo ich 2009 zum Geschäftsführer berufen wurde. 2011 habe ich das Unternehmen durch Management-Buy-out übernommen.
Seit 2007 haben wir stark expandiert, auch durch die Integration weiterer Handelsgeschäfte. Das Produktportfolio wurde immer mehr erweitert. Heute sind wir nahezu ein Vollanbieter und bieten neben unserem Kernprodukt Heizöl auch ein breites Portfolio unter anderem mit Strom, Gas und Pellets sowie viele Servicedienstleistungen rund um die Energieversorgung an. Zusätzlich zu unseren Aktivitäten am Wärmemarkt betreiben wir auch ein kleines Tankstellennetz. Wir beschäftigen inzwischen über 60 Mitarbeiter, haben rund 100.000 aktive Kunden und verzeichnen einen Jahresumsatz von 100 Millionen EUR.
Wirtschaftsforum: Werden Sie Ihren Expansionskurs fortsetzen?
Henrik Schäfer: Wir müssen nicht zwingend expandieren, wichtiger ist uns, unsere Kunden auf Augenhöhe gut zu bedienen. Chancen bieten sich in den Bereichen Produkte und Portfolio. Energiewende und Klimawandel bringen neue Herausforderungen mit sich. Wir sind beispielsweise schon früh in Projekte zur Wasserstoffforschung eingestiegen und arbeiten an der Entwicklung einer E-Fuel-Produktionsanlage mit. Wir sind auch Mitglied der eFuel Alliance, die sich mit der Frage beschäftigt, wie wir Ressourcen schonen können. Ein Teil der Lösung ist sicher die E-Mobilität. Aber Strom sollte in der Region verbraucht werden, in der er produziert wird.
In Deutschland haben wir nur leider nicht die besten klimatischen Voraussetzungen für die Erzeugung regenerativer Energie durch Fotovoltaik und Windkraft. Ein Ziel wird es deshalb sein, umweltfreundlich produzierten Strom in Wasserstoff und dann in Brenn- oder Kraftstoff zu verwandeln, um ihn transportier- und speicherbar zu machen. Auch strukturell und wirtschaftlich schwache Länder mit guten Voraussetzungen für die Erzeugung regenerativer Energie könnten dadurch Wirtschaftskraft aufbauen.
Wirtschaftsforum: Wie würden Sie Ihre Unternehmenskultur beschreiben?
Henrik Schäfer: Wir arbeiten sehr teamorientiert. Unsere Mitarbeiter können ihre Ideen einbringen. Das entspricht unserem Leitbild, das Unternehmen gemeinsam zu entwickeln, mit einer Kultur, die von gegenseitigem Respekt geprägt ist. Dieser Aspekt kommt heutzutage oft zu kurz. Hier sehe ich deshalb auch eine Verantwortung des Mittelstandes, das Wertesystem zu erhalten und den Menschen Orientierung zu geben.
Wirtschaftsforum: Welche Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft?
Henrik Schäfer: Das große Ziel heißt CO2-Reduzierung, zu der wir unseren Teil beitragen. Seit drei Jahren sind wir CO2-neutral. Wir haben unseren internen Fußabdruck ermitteln lassen und kaufen Zertifikate, um die CO2-Erzeugung zu kompensieren. Das gilt auch für die privaten Fahrten der Mitarbeiter zur Arbeitsstelle. Wir brauchen zur Umsetzung aber Leitplanken von der Politik. Unsere Kunden, auch die Tankkunden, können bei uns CO2-kompensierte Brenn- und Kraftstoffe kaufen. Das sollte politisch anerkannt werden.
Stattdessen werden flüssige Energieträger in die Schmuddelecke gestellt, obwohl sie erheblich sauberer geworden und regenerativ hergestellte Brenn- und Kraftstoffe grün sind. Die politische Ausrichtung geht aber allein in Richtung Elektro. Ich bin überzeugt, wenn wir die Technologien miteinander konkurrieren lassen und die Effizienz im Fokus haben, kommen wir schneller voran. Wir wollen bis 2030 erreichen, dass alle Produkte, die Kunden bei uns beziehen, CO2-neutral sind.
Wirtschaftsforum: Welche Botschaft möchten Sie diesbezüglich an die Politik richten?
Henrik Schäfer: Ich wünsche mir im Hinblick auf die ambitionierten Klimaziele Technologieneutralität und -offenheit. E-Mobilität sollte nicht als alleiniges Allheilmittel betrachtet werden. Mit Biofuels und E-Fuels könnten wir künftig flüssige Brenn- und Kraftstoffe einsetzen, die regenerativ und klimaneutral sind. Die Politik sollte das unterstützen und auf dem Weg zur Klimaneutralität miteinbeziehen. Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, müssen wir auch gemeinschaftlich handeln, nicht nur auf nationaler Ebene. Wir stehen vor einer internationalen Herausforderung, die auch international angegangen werden muss.
Ich möchte aber auch einen Appell an die Gesellschaft richten. Wir befinden uns in einem Zeitalter des Alarmismus; alles ist geprägt von Hysterie und Panikmache. Das verängstigt die Menschen. Doch Angst ist bekanntlich der schlechteste Ratgeber. Wir sollten uns wieder erden und auf die wichtigen Themen konzentrieren. Ich habe aber das Gefühl, dass sich viele Menschen jetzt wieder auf die grundlegenden Werte zurückbesinnen. Das macht mich optimistisch für die Zukunft.