„Die Energiewende ist für uns alle eine Chance!“

Interview mit Sebastian Ebert, Prokurist der Südkabel GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Ebert, als einziger deutscher Hoch- und Höchstspannungskabelsystemhersteller sitzt Ihr Unternehmen bei der Energiewende an einer neuralgischen Stelle. Wie ist der aktuelle Stand?

Sebastian Ebert: Beim Ausbau und der Ertüchtigung der Übertragungsnetze stehen wir in Deutschland noch relativ am Anfang. Erste Korridore befinden sich gerade in der Abwicklungsphase, während wir im Rahmen schon vergebener Projekte bereits mit der Produktion entsprechender HVDC-Komponenten beginnen. Diese sollen dann beim Bau des Korridors A-Nord von Nordniedersachsen nach Nordrhein-Westfalen zum Einsatz kommen, nachdem wir dieses Jahr bereits über 60 Kilometer HVDC-Kabel für die Errichtung des Interconnectors von Irland nach Wales geliefert haben. Zudem durchlaufen wir derzeit die entsprechenden Präqualifizierungsverfahren, um für die in den nächsten Jahren folgenden Projekte auch lieferfähig zu sein.

Wirtschaftsforum: Wie gut sind die politischen Entscheidungsträgerinnen sowie die privatwirtschaftlichen Akteure für die anstehenden Aufgaben gerüstet?

Sebastian Ebert: Im Rahmen zahlreicher Gespräche konnten wir klar den Eindruck gewinnen, dass die Politik die tatsächlichen Herausforderungen sehr wohl erkannt hat. Das wurde auch bei einem Besuch des Bundeswirtschaftsministers in unserem Unternehmen deutlich. Allen Beteiligten und auch der allgemeinen Öffentlichkeit muss jedoch klar sein, dass sich eine derart tiefgreifende Transformation nicht ad hoc innerhalb weniger Jahre bewältigen lässt – gleichzeitig müssen aber schon heute die Investitionen getätigt und die personellen wie materiellen Kapazitäten geschaffen werden, um diesen Wandel perspektivisch erfolgreich zu vollziehen und zu gestalten. Um die Ressourcen der privatwirtschaftlichen Akteure wie der Südkabel GmbH effektiv nutzen zu können, sind derweil gewisse flankierende politische Maßnahmen erforderlich, etwa in Form von Bürgschaftsabsicherungen, einer nachhaltigen Innovationsförderung oder auch durch die Schaffung einer besseren Planbarkeit – denn gerade im Hochspannungsnetz ist schon heute ein sehr großer Kabelsystembedarf zu erkennen, dessen genaue Ausgestaltung aber noch konkretisiert werden muss. Selbst unter optimalen Bedingungen wird uns die Energiewende noch mehrere Jahrzehnte beschäftigen – das müssen wir uns stets vergegenwärtigen.

Wirtschaftsforum: Welche Folgen hatten die Krisenjahre seit 2020 auf das weitere Fortschreiten der Energiewende und die Unternehmenstätigkeit von Südkabel?

Sebastian Ebert: Die im Zuge der Pandemie aufgetretenen weitreichenden Verzögerungen bei der Umsetzung und Vergabe von Projekten stellten auch unser Unternehmen vor bedeutsame Herausforderungen, da auf nahezu allen Baustellen auf einmal die Abwicklung stockte. Damit wurde die Energiewende in Deutschland sicherlich um ein oder zwei Jahre zurückgeworfen. Demgegenüber hat der Krieg in der Ukraine allen Menschen vor Augen geführt, welche enorme Gefahr mit der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verbunden sein kann und dass wir die Energiewende gerade in diesem Kontext noch schneller und entschlossener vorantreiben müssen – von der Errichtung neuer Wind- und Solarparks über die Umstellung auf Wärmepumpen bis hin zur Ertüchtigung der Verteilungsnetze, in der die Grundbedingung für alle anderen Maßnahmen liegt. Nach der Corona-Durststrecke folgte deshalb ein doppelt so steiler Aufschwung in unserer Branche, der nun wiederum alle Beteiligten vor die neue Herausforderung stellt, schnellstmöglich entsprechende Kapazitäten zu schaffen.

Wirtschaftsforum: Werden wir diese Herausforderungen auch tatsächlich bewältigen können?

Sebastian Ebert: Es wäre ein großer Fehler, angesichts dieses Wandels immer nur auf mögliche Risiken und Gefahren zu verweisen. Denn in der Energiewende liegt gerade für Deutschland eine große Chance. Als mittelständischer Systemanbieter, der von der Fertigung der erforderlichen Komponenten bis hin zur tatkräftigen Mitwirkung an der Umsetzung von Trassenprojekten eine große Bandbreite an Leistungen im Markt anbietet, wollen wir diesen Wandel unserer Überzeugung „Made in Germany for Germany“ getreu aktiv mitgestalten – und damit unseren Wirtschaftsstandort nachhaltig stärken.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema Industrielle Zulieferer

Präzision aus Metall – Wertschöpfung in Perfektion

Interview mit Rob Paulissen, Managing Director der Doesburg Components B.V.

Präzision aus Metall – Wertschöpfung in Perfektion

Vom Guss bis zum einbaufertigen Bauteil: Die Doesburg Components B.V. steht für metallurgisches Know-how, moderne Fertigung und enge Kundenbeziehungen. Das Unternehmen produziert präzise bearbeitete Gusskomponenten für Motoren, Getriebe und Fahrwerke.…

„Wir denken mit und liefern Lösungen“

Interview mit Christian Hofmann, Vertriebsleiter der Alfred Kron GmbH

„Wir denken mit und liefern Lösungen“

Die Metallverarbeitungsbranche steht unter Druck: Digitalisierung, Fachkräftemangel und globale Lieferketten stellen Unternehmen vor große Herausforderungen. Wer heute erfolgreich sein will, muss flexibel agieren und Prozesse durchdenken. Ein Beispiel für diese…

Ehrlicher Werkstoff, klare Vision

Interview mit Joachim Böttiger, Vorstand der Verallia Deutschland AG

Ehrlicher Werkstoff, klare Vision

Das Material Glas ist hochaktuell. In Zeiten von Klimawandel, Energiekrise und Debatten um Verpackungen steht der Werkstoff im Rampenlicht: unendlich recycelbar, geschmacksneutral, langlebig. Doch wie gelingt eine klimafreundliche Produktion, wenn…

Spannendes aus der Region Mannheim

KI und Cyber­abwehr in Allianz

Interview mit Dr. Ali Mabrouk, Gründer und CEO der SAMA PARTNERS Business Solutions GmbH

KI und Cyber­abwehr in Allianz

Cyberangriffe treffen heute jedes Unternehmen – erst recht in Zeiten generativer KI. Wer Wettbewerb, Compliance und Souveränität sichern will, braucht Security, die Technik und künstliche Intelligenz zusammendenkt. Genau darauf ist…

Die Formel für nachhaltiges Wachstum

Interview mit Marcus Acker, Geschäftsführer der Imhoff & Stahl GmbH

Die Formel für nachhaltiges Wachstum

Die Chemiedistribution ist das verbindende Glied zwischen Herstellern und Industrie. Sie sorgt dafür, dass chemische Rohstoffe sicher, flexibel und termingerecht dorthin gelangen, wo sie gebraucht werden – in nahezu allen…

Die Schlüsseltechnologie der Zukunft

Interview mit Gunnar Clemenz, Geschäftsführer der Frigotrol Kältemaschinen GmbH

Die Schlüsseltechnologie der Zukunft

Das zunehmende Bewusstsein für die Nutzbarkeit erneuerbarer Energien und die schrittweise Abkehr von fossilen Energieträgern bereiten den Weg für die Wärmepumpentechnologie – eine der nachhaltigsten Arten zu heizen, indem Umgebungsenergie…

Das könnte Sie auch interessieren

Die nächste Evolution der Verpackung

Interview mit Lubomir Kroupa, COO der NEXTPACK AG

Die nächste Evolution der Verpackung

Die Notwendigkeit, praktische Alternativen zu Transportverpackungen aus Kunststoff zu finden, ist dringlicher denn je. Um die Gesamtmenge an produziertem Plastik zu reduzieren und zu einem kreislauforientierten System überzugehen, müssen Unternehmen…

Versicherung mit Purpose

Interview mit Michel Höftmann, Geschäftsführer der IC Verzekeringen NV

Versicherung mit Purpose

IC Verzekeringen gilt als der Experte für die Versicherung von Pflegeheimen, Schulen und staatlichen wie gemeinnützigen Einrichtungen in Belgien. Worin in diesem Geschäftsfeld die alltäglichen Besonderheiten liegen, welche Rolle dabei…

Digital denken, menschlich handeln

Interview mit Jaap Merkus, CEO der NetRom Software B.V.

Digital denken, menschlich handeln

Softwareentwicklung ist längst zum Rückgrat moderner Wirtschaft geworden – und doch braucht es für echte Qualität mehr als nur Code. Es braucht Menschen, die verstehen, zuhören und mitdenken. Einer, der…

TOP