Viele kleine Stellschrauben ersetzen das große Rad
Interview mit Oliver und Roland Kiefer, Geschäftsführer der SEEGER Lasertechnik GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Kiefer, Sie sind mittlerweile seit knapp einem Jahr in der Geschäftsführung Ihres Familienbetriebs tätig. Wie haben Sie diese Zeit erlebt – und welche Impulse konnten Sie bereits setzen?
Oliver Kiefer: Nicht zuletzt aufgrund der Preissteigerungen und der allgemeinen Schwierigkeiten bei der Materialverfügbarkeit war das letzte Jahr wohl für jedes Unternehmen in der Fertigungsindustrie eine große Herausforderung; die SEEGER Lasertechnik GmbH ist da sicherlich keine Ausnahme. Dieses Thema hat damit im Tagesgeschäft auch viele meiner persönlichen Ressourcen gebunden. Ein Bereich, in dem wir 2021 und 2022 sicherlich eine neue Richtung eingeschlagen haben, ist zudem unsere Herangehensweise an das Personalwesen, das in unserem Unternehmen bisher weitgehend ohne formale Strukturen ausgestaltet war. Mittlerweile konnten wir jedoch eine HR-Managerin verpflichten, die sich vom Recruiting über das Onboarding bis hin zur Mitarbeiterbindung um alle Personalbelange kümmern wird. So können auch wir nun besser auf die vielfältigen Herausforderungen des allgemeinen Fachkräftemangels reagieren.
Wirtschaftsforum: Wie spiegelt sich Ihr bisheriger Werdegang in Ihrer aktuellen Funktion in der Geschäftsführung wider?
Oliver Kiefer: Obwohl mein jüngerer Bruder und ich unser Familienunternehmen natürlich von Kindesbeinen an kennen, hatten wir niemals familiären Druck verspürt, in die Firma einzutreten, und konnten unser Studienfach frei nach unseren Interessen wählen. Meine ersten beruflichen Erfahrungen sammelte ich dann auch bei einem namhaften Consulting-Unternehmen, bevor ich bei zwei Private-Equity-Fonds überwiegend in der Akquise von Softwareunternehmen tätig war. Der breite Blick auf Unternehmens- und Marktstrukturen als Ganzes, die strategische Perspektive in der Entscheidungsfindung sowie meine Kompetenz in der Auswertung großer Datenmengen, die ich dort schärfen konnte, bereichern mein unternehmerisches Denken heute enorm – ähnlich wie ich in meinen damaligen Funktionen von den intimen Kenntnissen der Strukturen familiengeführter Unternehmen profitieren konnte. Mein Bruder promoviert derzeit im Maschinenbau mit einer Arbeit über künstliche Intelligenz im Produktionsumfeld und wird unser Unternehmen dadurch mit noch einem zusätzlichen Blickwinkel bereichern können.
Wirtschaftsforum: Nicht nur die unternehmerischen Herausforderungen, sondern auch die zahlreichen technologischen Weiterentwicklungen sorgen für eine immer größer werdende Komplexität. Wo sind diese Veränderungen in Ihrem Unternehmen bemerkbar?
Oliver Kiefer: In den letzten Jahren hat sich der Fiber-Laser dank seiner höheren Leistungsfähigkeit und seines sparsameren Energieverbrauchs als Weiterentwicklung des herkömmlichen CO2-Lasers in der Industrie endgültig etabliert. Jenseits dessen liegt der Fokus der technologischen Innovationen jedoch nicht mehr so sehr auf immer noch stärkeren Leistungsgewinnen, sondern vielmehr auf der Optimierung der Nebenprozesse, nachdem die rasanten technischen Entwicklungen der Ausgestaltung der Produktionsverfahren ein Stück weit davongelaufen waren. Einfach ausgedrückt: Da die Maschine aufgrund der immer stärkeren Laserkraft die entsprechenden Teile in der Fertigung immer schneller geschnitten hat, konnten die entsprechenden Erzeugnisse gar nicht so schnell abgeräumt werden, wie das für einen optimalen Produktionsprozess eigentlich nötig gewesen wäre. Die derzeit stattfindenden Innovationsschritte haben also eher Automatisierungssysteme und bessere Sortiervorrichtungen zum Gegenstand, die an die Lasermaschine angebracht werden können, als weitere Verbesserungen der Lasertechnik an sich.
Wirtschaftsforum: Ein fertigungsintensiver Betrieb wie die SEEGER Lasertechnik GmbH hat derweil auch besondere Herausforderungen in puncto Nachhaltigkeit zu bewältigen. Wie begegnen Sie dieser Problematik?
Oliver Kiefer: Unsere Produktionsprozesse sind sicherlich energieintensiv und werden es immer bleiben – wenn auch noch einmal in deutlich geringerem Maße als bei einem Aluminiumwerk oder einem Konzern wie der BASF. Dennoch ist uns natürlich klar, dass uns in unserer Marktposition und in unserem Geschäftssegment eine besondere Verantwortung zukommt, der wir uns mit allen heute zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auch stellen wollen. Deshalb haben wir unser neu errichtetes Werk in Lorsch von Anfang an so energieeffizient wie möglich ausgelegt. Dazu haben wir etwa alle Laseranlagen, bei deren Betrieb tatsächlich viel Energie verbraucht wird, in die Haustechnik integriert, und im Gebäude zudem eine Geothermieanlage installiert, um konsequent die Abwärme in Form eines Wärmerückgewinnungsverfahrens nutzen und dadurch die Werkshalle bedarfsgerecht kühlen und heizen zu können. Dass sich auf unseren Dächern Photovoltaik-Anlagen befinden und unsere Beleuchtung im ganzen Objekt mit LEDs erfolgt, mag sich nach kleinteiligen Maßnahmen anhören – doch auch diese fallen ins Gewicht. Denn wenn ich in meinem ersten Jahr in der Geschäftsführung von SEEGER Lasertechnik eine Sache gelernt habe, dann wahrscheinlich die Erkenntnis, dass es das eine große Rad, an dem man drehen könnte, oft nicht gibt. Stattdessen kann man viele kleine Stellschrauben justieren, und aus diesen kleinen Veränderungen ergibt sich dann in Summe ein durchschlagender Erfolg.
Wirtschaftsforum: Was gefällt Ihnen an Ihrer Tätigkeit als Unternehmer am meisten?
Oliver Kiefer: Die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten und der große Freiheitsgrad, um zusammen mit unseren Mitarbeitern all das umsetzen zu können, wovon wir überzeugt sind.