Präzision in Perfektion
Interview mit Markus Schlein, Geschäftsführer der Sack & Kiesselbach Maschinenfabrik GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Schlein, gerade unter Münzsammlern hat es der Name Sack & Kiesselbach zu einiger Bekanntheit gebracht – worauf ist dieser Ruhm zurückzuführen?
Markus Schlein: Tatsächlich liegt in der Entwicklung und Herstellung von Münzpressen ein gewachsener Schwerpunkt unserer Unternehmenstätigkeit. Nahezu alle Münzstätten dieser Welt setzen Anlagen von uns ein – jedoch nicht für Münzen, die ihren Weg in die Geldbeutel der Verbraucher finden, sondern für Sammlerstücke aus Gold, Silber oder anderen Edelmetallen sowie für Barren und Schmuck. Auch die allermeisten Olympiamedaillen werden auf Anlagen von Sack & Kiesselbach hergestellt. Im klassischen Umlaufgeldsegment kommen unsere Pressen derweil allein bei der Erzeugung der Prägestempel zum Einsatz, wenn dort aufgrund der großen Stückzahlen nicht auf Laser- oder Gravurverfahren zurückgegriffen werden kann.
Wirtschaftsforum: Eine wichtige Marktpositionierung in Zeiten, in denen digitale Bezahlungsmöglichkeiten auf dem Vormarsch sind und die amerikanische Zentralbank gar die Ein-Cent-Münze einstellen will?
Markus Schlein: Trotz all dieser Entwicklungen sind wir überzeugt, dass die Münze nicht aussterben wird, ganz besonders im Sammlerbereich. Dort werden allerdings die Qualitätsansprüche immer höher, was sich hervorragend mit unserem eigenen Unternehmensansatz deckt. Die einschlägigen Zielgruppen reagieren heute auch auf kleinste Kratzer viel sensibler, sodass verlässliche Kamerainspektionssysteme und weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen deutlich an Bedeutung gewinnen. Hier ist natürlich die ganze Innovationskraft unseres Unternehmens gefragt: Lange hieß es, dass derart hochwertige Münzen nie mit einem hohen Automatisierungsgrad hergestellt werden könnten – und heute entstehen mit unseren Automaten 20 Teile pro Minute automatisiert in höchster Prägequalität.
Wirtschaftsforum: Welche Innovationen stehen dabei im Zen-trum Ihrer Aufmerksamkeit?
Markus Schlein: Die Schlagworte KI und VR sind natürlich gerade in aller Munde – dabei ist das für uns eigentlich ein alter Hut. Schon 2014 haben wir weitreichende Fernwartungstools eingeführt, und bereits seit 2012 nutzen wir Tools wie Webex, sodass wir während der Pandemie in kürzester Zeit ins Homeoffice umziehen konnten.
Wirtschaftsforum: Woher stammt diese Innovationsfreude?
Markus Schlein: Von unseren Mitarbeitern, die auch im Tagesgeschäft unseren Family Spirit als traditionsreiches Familienunternehmen leben und diese Werte mit einer starken Zukunftsorientierung verbinden. Entscheidend ist für uns, dass die Menschen in unserem Unternehmen eigenständig mitdenken, ihre Ideen und Kompetenzen voll einbringen und wirksam selbstorganisatorisch tätig werden können, damit Sack & Kiesselbach als wendiges Speedboat schnell und individuell auf die Anfragen seiner Kunden reagieren kann. Ich erlebe immer wieder, wie neue Teammitglieder ernsthaft davon überrascht sind, auf wie viel Entscheidungsfreiheit sie im Rahmen ihrer Tätigkeit bei uns bauen können – doch nur deshalb können wir im Markt bestehen und sind nicht schon lange vom Radar verschwunden.
Wirtschaftsforum: Auch jenseits der Münz- und Edelmetallpressen kommen Ihre Produkte in breiten Marktfeldern zum Einsatz – auf welchen Branchen liegt dabei der Schwerpunkt?
Markus Schlein: Wir engagieren uns in vielen Nischen und stellen unseren Kunden dabei stets die ‘maßgeschneiderten Anzüge’ unter den Pressen zur Verfügung, die wir in enger Zusammenarbeit mit ihnen ausarbeiten – oftmals in langen Entwicklungszyklen auf Basis eines gewachsenen Vertrauensverhältnisses, in dessen Rahmen wir nicht jede Leistung penibel einzeln abrechnen. Von zentraler Bedeutung ist für uns dabei der Pharmabereich, wo viele Hüft- und Kniegelenke sowie weitere Implantate für die Behandlung von Arm- und Beinfrakturen in einbaufertigem Zustand auf Kalibrieranlagen aus unserer Fertigung entstehen. Darüber hinaus werden auf unseren Produkten Stempel hergestellt, die später in Maschinen verbaut werden, mit denen Pulver zu Tabletten gepresst wird – ein Vorgang, bei dem natürlich allerhöchste Präzision im µ-Bereich gefordert ist, um stets die richtige Dosierung zu gewährleisten. Auch hier haben wir in den letzten Jahren vielfältige Investitionen in Robotik und RFID getätigt. Weiteres Wachstumspotenzial sehen wir in technisch verwandten Anwendungsfeldern, bei denen ebenfalls ein höchster Präzisionsgrad entscheidend ist – etwa in der Herstellung von Brillengestellen, Uhren, Schmuck oder Besteck.
Wirtschaftsforum: Dabei können sich Ihre Kunden nicht nur auf innovative Anlagen, sondern auch auf eine langfristige Betreuung verlassen?
Markus Schlein: Absolut! Viele unserer Maschinen sind seit Jahrzehnten im Einsatz. Kürzlich haben wir sogar Ersatzdichtungen für eines unserer Produkte geliefert, das ursprünglich 1951 ausgeliefert wurde und damit fast so alt ist wie die Bundesrepublik. Insgesamt werden derzeit circa 2.000 Pressen aus dem Hause Sack & Kiesselbach im Markt eingesetzt, wobei wir auch viele ältere Anlagen regelmäßig technologisch und in puncto Sicherheit auf den neuesten Stand bringen, indem wir sie mit neuen Werkzeugen sowie Steuerungs- und Transfersystemen ausstatten. Diese langfristige und verlässliche Kundenorientierung mit einem freundschaftlichen Verhältnis zu unseren Partnern ist sicherlich eine unverzichtbare Grundlage für unseren langjährigen Unternehmenserfolg.