„Wir sind auch Lieferant von Prozessintelligenz!“

Interview mit Dr. Andreas Widl, CEO der SAMSON AKTIENGESELLSCHAFT

Wirtschaftsforum: Herr Dr. Widl, die SAMSON AKTIENGESELLSCHAFT ist seit 115 Jahren am Markt aktiv. Was macht den Erfolg des Unternehmens aus?

Dr. Andreas Widl: Die wichtigsten Meilensteine finden sich in unserer gerade erschienen Chronik ‘Die Transformation eines starken Unternehmens’. Es beginnt mit einer Familie, einer Innovation und in der Folge treuen Aktionären. Sie haben über Generationen Vertrauen in die Unternehmensführung, einen langen Atem und wissen, dass manche Entwicklungen etwas länger dauern. Wir sind nicht börsennotiert, pflegen eine Familienkultur und keinen Aktionismus. Der Erfolg eines Unternehmens ist der Belegschaft geschuldet. Ich glaube außerdem, dass SAMSON das richtige Management zur richtigen Zeit hatte. Es gab Menschen, die das Unternehmen durch sehr schwierige Zeiten geführt haben. Beispielsweise hat Dr. Heinrich Arndt die Firma nach dem Zweiten Weltkrieg stabilisiert und ausgebaut, Rolf Sandvoss hat sie sukzessive internationalisiert. Aktuell haben wir ein Team, das Chancen und Herausforderungen dieser Welt recht früh erkennt und angstfrei agiert.

Wirtschaftsforum: Welches sind für Sie die aktuellen Herausforderungen?

Dr. Andreas Widl: Es sind sicherlich die aktuellen Lieferengpässe, insbesondere bei elektronischen Bauteilen. Doch schon vor meiner Zeit wurde bei SAMSON immer Wert auf eine hohe Wertschöpfungstiefe gelegt. Sie macht uns weniger abhängig von Lieferanten. Wir selbst produzieren allerdings keine Halbleiterchips und Rohgussteile, hier müssen wir die Lieferkette genau beobachten. Dabei profitieren wir von unserem Verbundansatz: Einkauf, Produktion und Vertrieb arbeiten standortübergreifend zusammen.

Wirtschaftsforum: Wie reagiert SAMSON auf den digitalen Wandel?

Dr. Andreas Widl: Ich arbeite für eine Firma, die sich kontinuierlich weiterentwickelt. SAMSON kam ursprünglich aus der Welt der rein mechanischen, selbstregelnden Systeme. Anfang der 1990er-Jahren hatte SAMSON bereits den ersten digitalen Stellungsregler mit Kommunikation im Programm, danach auch mit Feldbusanschluss. Aufgabe des Stellungsreglers ist es, ein Steuersignal aus dem Leitsystem in eine diskrete Druckluftmenge umzuwandeln, die den pneumatischen Antrieb versorgt und damit das Ventil öffnet oder schließt. Wir haben den Stellungsregler dahingehend weiterentwickelt, dass er ein Teil der Prozessintelligenz beim Kunden wird. Das Auslesen der Stellungsreglerdaten ermöglicht repräsentativ Rückschlüsse auf den Zustand der gesamten Anlage und die Prozesseffizienz. Dadurch entstehen völlig neue Geschäftsmöglichkeiten, mit denen wir uns gegenüber dem Wettbewerb differenzieren können: nicht nur durch die besten Ventile, sondern auch durch die besten Algorithmen. Und genau das ist die Vision, die wir verfolgen. Wir sind damit nicht nur Lieferant von technologisch hochwertigen Produkten, sondern auch von Prozessintelligenz. Die Welt unserer Kunden teilt sich auf in eine Einkaufs- und eine Betriebskostenwelt. Viel zu lange wurde in unserer Industrie der Fokus auf die Einkaufskosten gelegt. Das wirklich Teure sind jedoch die Betriebskosten. Es muss viel nachhaltiger, ressourcenschonender und energieoptimierter produziert werden. Das ist nur möglich, wenn Daten im Feld erfasst werden und wir herausbekommen, wo Ressourcen verschwendet werden. Regelmäßig laufen frequenzgeregelte Pumpen gegen ein geschlossenes Ventil – das verbraucht unnötig Strom und belastet Feldgeräte und Rohrleitungen.

Wirtschaftsforum: Wie definieren Sie Ihre Rolle als Vorstandsvorsitzender von SAMSON?

Dr. Andreas Widl: Ich sehe meine Rolle strategisch und international. Aktuell versuche ich – gerade nach der Coronapandemie – so viel wie möglich zu reisen. Immerhin befinden sich 2.500 unserer Mitarbeiter und auch die meisten unserer Kunden außerhalb von Deutschland, auf der ganzen Welt.

Wirtschaftsforum: Bitte erläutern Sie uns doch kurz Ihre 4-Quadranten-Strategie.

Dr. Andreas Widl: Unsere Überlegung war: Wie können wir die Welt unserer Kunden mit SAMSON-Produkten, -Systemen und -Dienstleistungen bestmöglich bedienen? Wir teilen sie auf in eine Einkaufs- und Betriebskostenwelt. Andererseits bieten wir unseren Kunden Komponenten, also Ventile, Anbaugeräte etc., und ganze Systemlösungen an. So entsteht eine 2x2-Matrix. Beim Verkauf von Komponenten spielen Liefertreue, Lieferzeit und Preis eine wesentliche Rolle.

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