Damit Logistik funktioniert

Interview mit Jörg Sänger, CEO der proLogistik Group

Wirtschaftsforum: Herr Sänger, proLogistik ist ein Experte für die Intralogistik, der sowohl Soft- als auch Hardwaresolutions für unterschiedliche Branchen entwickelt. War das schon immer so?

Jörg Sänger: proLogistik hat sich im Laufe der Zeit mit den Marktherausforderungen weiterentwickelt und konzentriert sich heute auf Systemlösungen für die Intralogistik. Die Anfänge Mitte der 1980er-Jahre lagen in der Infrarot-Technologie, der Datenübertragung per Funk. Das Unternehmen war damals ein Spin-off der Universität Dortmund. Es gab in der Folgezeit verschiedene strukturelle Veränderungen; allerdings lag der Fokus immer auf Lösungen für die Logistikbranche, also Lagerverwaltungssoftware, deren wichtige Rolle man früh erkannt hat. Gleichzeitig hat das Unternehmen neben den Produkten großen Wert auf Sales und Marketing gelegt, das heißt, Basis des Verkaufs war immer ein fundiertes Know-how. Heute verkauft proLogistik funktionierende Logistiklösungen, die spezifische Branchenanforderungen berücksichtigen und sämtliche Prozesse von der Wareneingangsrampe bis zur Warenausgangsrampe abbilden.

Wirtschaftsforum: Gibt es aktuell bestimmte Trends, die das Portfolio widerspiegeln?

Jörg Sänger: Wir haben Trends und neue Marktbedürfnisse immer früh erkannt und reagiert. Beispielhaft ist, dass wir nicht nur in Standardlösungen denken, sondern auch customized solutions anbieten. Dank gezielter Investitionen in die Entwicklung hatten wir bereits zu einem frühen Zeitpunkt webbasierte Software im Portfolio. In den vergangenen zwei Jahren war die Herausforderung, vom Projektansatz stärker zum Produktansatz zu gehen, das heißt, mehr Standards zu entwickeln mit einem hohen Grad an Effizienz und Qualität.

Wirtschaftsforum: proLogistik hat heute 220 Mitarbeiter und setzte 2020 21 Millionen EUR um. Wie beurteilen Sie die weitere Entwicklung auch vor dem Hintergrund der Coronapandemie?

Jörg Sänger: Ich bin seit 2007 im Unternehmen tätig; seitdem hatten wir jährliche Wachstumsraten von 10 bis 12%. 2020 war nicht unser bestes, aber auch nicht unser schlechtestes Jahr. Von Vorteil war sicherlich, dass wir im Lebensmitteleinzelhandel tätig sind und auf Großkunden bauen können. Dennoch war es auch für uns eine herausfordernde Zeit. Momentan sehen wir eine verstärkte Nachfrage nach Intralogistik-Lösungen; die Nachfrage nach digitalen Prozessen im Bereich Lager steigt exorbitant. Hintergrund ist der Trend zum verstärkten Warehousing in Europa beziehungsweise Deutschland, der uns in die Karten spielt.

Wirtschaftsforum: Gibt es besondere Bausteine im Portfolio?

Jörg Sänger: Wir haben heute drei Lösungssäulen. Das Standard Warehouse Management mit kurzen Einführungszeiten, einer transparenten Kostenstruktur und einer hohen Benchmark im Bereich Best of Practise. Daneben bieten wir Lösungen für eine breitere Kundenmasse an, die komplett customized ist. Hier werden individuelle Bedürfnisse umgesetzt wie zum Beispiel die Integration von Automatiklagern oder Automated Roboting. Noch in der Entwicklung befindet sich unser dritter Bereich, der sich mit Cloud-Lösungen für Kunden beschäftigt, die noch schnellere Aufschaltprozesse brauchen und noch flexibler in der Nutzung der Software sein müssen. Die Lagerverwaltungssoftware ist unter dem Namen pL-Store® bekannt.

Wirtschaftsforum: Mit diesen Lösungen ist proLogistik zum führenden Anbieter für unabhängige Warehouse Managementsysteme inklusive Hardware und Service in der DACH-Region avanciert. Gibt es besondere Faktoren, die diese positive Entwicklung begünstigt haben?

Jörg Sänger: Wir haben die Kernbranche des Kunden im Fokus, also eine sehr hohe Branchenintegrität. Vom Erstkontakt an überzeugt proLogistik mit einer hohen Expertise, sodass Kunden den bestmöglichen Nutzen aus der Software herausholen können. Weil die Branchenanforderungen sehr individuell sind, haben wir in den jeweiligen Branchen einen Standard, der immer wieder angepasst, skaliert und weiterentwickelt werden kann, ähnlich einem Baukastenprinzip.

Wirtschaftsforum: Wie beurteilen Sie künftige Chancen am Markt?

Jörg Sänger: Viele Kunden sind keine Ersttäter mehr, sondern haben bereits Systeme, allerdings oft veraltete. Service und Support sind daher wichtige Themen. Momentan arbeiten wir vor allem für Kunden aus dem Handel, in erster Linie dem Lebensmittelhandel. Künftig könnten wir uns auch die Pharma- und Medicalbranche vorstellen. Auch was die Märkte angeht, sehen wir weiteres Internationalisierungspotenzial über die DACH-Region und angrenzende Länder hinaus, vor allem in den Benelux Ländern und Osteuropa. Eine zentrale Herausforderung wird die Suche nach Fachkräften sein. Sie sind essenziell, um weiterhin ein starker Provider für die Logistik zu sein und unseren organischen und anorganischen Wachstumsprozess fortzusetzen.

Mehr zum Thema Transport & Logistik

Globales Logistik-Netzwerk

Interview mit Martijn van der Geer, Direktor der Skynet Worldwide Express B.V.

Globales Logistik-Netzwerk

Die Welt rückt immer näher zusammen. Mit ihrer Spezialisierung auf weit entfernte Destinationen und herausfordernde Transporte trägt die Skynet Worldwide Express ihren Teil dazu bei. Das Logistikunternehmen mit Sitz in…

Schleifen, Bänder und mehr

Interview mit Kevin Maar, Geschäftsführer und Stephanie Peskov, Head of Business Development und Key Account Manager der Sopp Industrie GmbH

Schleifen, Bänder und mehr

Ingenieure auf der ganzen Welt sind damit beschäftigt, Roboter zu trainieren, um Aufgaben nachzuahmen, die Menschen leichtfallen – wie das Binden ihrer Schnürsenkel – mit bisher begrenztem Erfolg. Genau hier…

Umzug und Relocation heißt  Menschen bewegen, nicht Dinge

Interview mit Michael Donath, Geschäftsführer der Donath GmbH & Co. KG

Umzug und Relocation heißt Menschen bewegen, nicht Dinge

Was 1904 im ostdeutschen Görlitz begann, ist bis heute ein mittelständisches Familienunternehmen durch und durch. Die Donath GmbH & Co. KG verbindet klassische Umzugslogistik mit wachsendem Relocation-Geschäft. Im Gespräch geben…

Spannendes aus der Region Dortmund

Projekte aus Liebe zur Gestaltung

Interview mit Dipl.-Ing. Johannes Klein, Geschäftsführender Gesellschafter der Kemper · Steiner & Partner Architekten GmbH

Projekte aus Liebe zur Gestaltung

Architekten sind die Visionäre unserer gebauten Umgebung, die Künstler des Raumes und die Ingenieure der Ästhetik. Durch ihre kreativen Köpfe und ihre technische Expertise formen sie unsere Städte und Landschaften,…

Familiäre Werte und Professionalität

Interview mit Michael Stein, Geschäftsführer der Securess Versicherungsmakler GmbH

Familiäre Werte und Professionalität

Die Securess Versicherungsmakler GmbH setzt nicht nur auf Professionalität, sondern auch auf persönliche Beziehungen – das wird im Gespräch mit Michael Stein deutlich. Für den Geschäftsführer und sein Unternehmen stehen…

Stark in der Gemeinschaft

Interview mit Michael Rolf und Jörg Axel Simon, Vorstand der NORDWEST Handel AG

Stark in der Gemeinschaft

Handelsgenossenschaften spielen seit jeher eine bedeutende Rolle in der Wirtschaft, insbesondere für den Mittelstand. Als Zusammenschlüsse von Händlern und Unternehmen bieten sie nicht nur eine Plattform für den gemeinsamen Einkauf…

Das könnte Sie auch interessieren

IT-Komplettanbieter mit familiären Werten

Interview mit Dr. Benjamin Strehl, Geschäftsführer der USU GmbH

IT-Komplettanbieter mit familiären Werten

Wer als Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig bleiben will, muss die digitale Transformation aktiv gestalten. Dabei geht es um mehr als ein technologisches Update; es geht um einen tiefgreifenden Wandel, der alle…

Industrie 5.0 beginnt beim Menschen

Interview mit Andreas Tobisch, Operativer Geschäftsführer der DE software & control GmbH

Industrie 5.0 beginnt beim Menschen

In der modernen Fertigung ist Software weit mehr als ein Werkzeug – sie ist der Schlüssel für Effizienz, Flexibilität und Zukunftsfähigkeit. Doch echte Innovation entsteht dort, wo Technologie auf Nutzerfreundlichkeit…

Daten, die bewegen

Interview mit Sebastian Stute, Geschäftsführer der SmartMakers GmbH

Daten, die bewegen

Für die wirksame Steuerung von Logistik- und Produktionsprozessen werden Daten benötigt, die idealerweise möglichst nahe am Produkt erhoben werden: etwa an den einzelnen Bauteilen oder zumindest an den Ladungsträgern, in…

TOP