Tradition und Fortschritt in der Pinselherstellung

Interview mit Sebastian Aulitzky, Geschäftsführer der Pinselmanufaktur Aulitzky- Leonhardy GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Aulitzky, die Pinselmanufaktur Aulitzky-Leonhardy GmbH blickt nun bereits auf eine über 100-jährige Tradition zurück. Wie viel Handwerk steckt noch heute in den Pinseln, die Sie herstellen?

Sebastian Aulitzky: Sämtliche Produkte, die wir in Eigenfertigung erzeugen, entstehen auch heute noch ausschließlich in Handarbeit – wir setzen dabei keinerlei Automaten oder automatisierte Prozesse ein, womit wir uns zunehmend zu einem Unikat in unserer Branche entwickeln. Die meisten unserer Wettbewerber haben ihre Fertigungsprozesse schon vor längerer Zeit umgestellt und sich entsprechend viele investitionsintensive Maschinen und Roboter angeschafft. Zu unserem unternehmerischen Selbstverständnis und zu unserer Marktnische würden derartige Veränderungen aber überhaupt nicht passen.

Wirtschaftsforum: Welche Vorteile gewinnen Sie durch die starke Fokussierung auf das traditionelle Handwerk in Ihrem Geschäftsalltag, die Ihnen bei einer stärkeren Maschinisierung verloren gingen?

Sebastian Aulitzky: Mit Sicherheit könnten wir dann nicht mehr so flexibel agieren wie heute und uns auch nicht mehr so leicht an die individuellen mengenmäßigen oder qualitativen Wünsche unserer Kunden anpassen. Um Pinsel mithilfe moderner Maschinen auch wirtschaftlich sinnvoll fertigen zu können, müssten in einem Produktionsgang mindestens 5.000 Stück des jeweiligen spezifischen Artikels hergestellt werden – die Pinselmanufaktur Aulitzky-Leonhardy GmbH zeichnet sich aber nicht zuletzt durch die große Bandbreite an Stückzahlen aus, die wir an unsere Kunden liefern können. Denn neben der Massenfertigung mit 10.000 Exemplaren und mehr können wir problemlos auch kleinere Mengen mit nur etwa 60 Stück fertigen, und zwar ohne dass dabei Rüstzeiten anfallen. Mit über 6.000 Artikeln im Sortiment können wir dabei auch so gut wie jede individuelle Anforderung an die Produktbeschaffenheit abbilden.

Wirtschaftsforum: Besteht nicht schon allein wegen des allgegenwärtigen Fachkräftemangels auch ein gewisser Druck auf Ihr Unternehmen, sich doch verstärkt der Automatisierung zuzuwenden?

Sebastian Aulitzky: Natürlich können auch wir uns den aktuellen Marktveränderungen nicht entziehen. Aber ich bin zuversichtlich, dass sich unser Unternehmen auch perspektivisch treu bleiben kann und wird. Der Fachkräftemangel ist sicherlich für uns ein Thema, doch auch an dieser Stelle setze ich auf die bewährten Werte eines Familienunternehmens wie Verlässlichkeit und Offenheit, um als attraktiver Arbeitgeber auftreten zu können. Ebenso freue ich mich sehr darüber, dass sich die Pinselmanufaktur Aulitzky-Leonhardy GmbH weiterhin klar als Ausbildungsbetrieb aufstellen möchte – sofern sich die Gelegenheit dazu bietet, würde ich in Zukunft gerne noch verstärkt auf weitere junge Mitarbeiter setzen, die die dreijährige Ausbildung zum Pinsel- und Bürstenmacher durchlaufen möchten.

Wirtschaftsforum: Sind auch Quereinsteiger bei Ihnen willkommen?

Sebastian Aulitzky: Selbstverständlich. Ich habe das große Glück, dass sich viele meiner Mitarbeiter, die keine einschlägige Berufsausbildung absolviert haben, das erforderliche Know-how mit beachtlichem Erfolg aneignen konnten: Zwischen ihren Pinseln und denen einer entsprechend ausgebildeten Fachkraft kann man nach einiger Übung und mit etwas Erfahrung fast keinen Unterschied mehr feststellen. Trotzdem lege ich großen Wert darauf, unseren Auszubildenden die volle Bandbreite des Berufes zu vermitteln, die heute kaum ein regulärer Betrieb noch lehrt. Denn auch wenn gewisse Verfahren bei der modernen Pinselfertigung keine Anwendung mehr finden, darf doch dieses Wissen nicht verloren gehen. Gerade wenn man sich mit Neuentwicklungen beschäftigt, kann die Kenntnis älterer Techniken schließlich sehr nützlich sein.

Wirtschaftsforum: Benötigt man für diese Tätigkeit ein besonderes Talent?

Sebastian Aulitzky: Ein bestimmtes Talent braucht man eigentlich nicht. Die wichtigste Voraussetzung ist wahrscheinlich eine gehörige Portion Geduld, und auch etwas Frustrationstoleranz wäre sicherlich nicht schlecht: Wenn man das erste Mal einen Haarbund in der Hand hält und sich dieser dann bei den ersten Versuchen nicht so leicht in die Zwinge schrauben lässt, darf man nicht aufgeben, sondern muss hartnäckig am Ball bleiben. Hat man sich mit etwas Willen und Biss einmal die nötige Fingerfertigkeit angeeignet, steht einem jedoch ein schöner und erfüllender Beruf offen, bei dem man an einem neuen Kapitel in einer langen Handwerkstradition mitschreiben darf.

Wirtschaftsforum: Sie selbst haben letztes Jahr die Geschäftsführung des Unternehmens übernommen. Welche neuen Impulse stehen für Sie auf der Agenda?

Sebastian Aulitzky: Auch wenn beim Handwerk vieles unverändert bleibt und ich gerade dort auf die Beständigkeit unserer langen Geschichte setzen möchte, konnten wir durch die Einführung einer stringenteren Produktionsplanung und einem etwas offensiveren Vertrieb wichtige neue Weichen stellen. Dabei werden wir aber konsequent ein Familienunternehmen bleiben und weiterhin auf unsere klare Wertestruktur setzen. Meine bisherigen Gespräche mit zufriedenen Kunden aus aller Welt haben mich darin nachhaltig bestärkt.

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