„Architektur bedeutet gesellschaftliches Engagement!“
Interview mit Architekt Robert Patzschke, Geschäftsführer der Patzschke Planungsgesellschaft mbH
Wirtschaftsforum: Herr Patzschke, Ihr Planungsbüro legt bei seinen Projekten den Fokus auf einen klassisch-traditionellen Architekturstil. Was macht für Sie den besonderen Reiz dieser Formensprache aus?
Robert Patzschke: Wenn wir die moderne Nachkriegsarchitektur betrachten, erkennen wir, dass sie mit ihren kantigen Blöcken und monotonen Gliederungen oft zu unbehaglichen und leblosen Stadträumen geführt hat. Wir setzen uns bewusst von dieser Bewegung ab und sind fest davon überzeugt, dass unser Ansatz den ästhetischen Vorlieben der Mehrheit der Gesellschaft näher kommt. Schließlich reist kaum jemand nach Paris, um sich La Défense anzusehen. Die meisten Besucher europäischer Metropolen möchten vielmehr in das unvergleichliche Flair der historischen Altstädte eintauchen. Daher haben wir uns dazu entschlossen, auf die Essenz dieser traditionellen Architektursprache zurückzugreifen. Unser Ansatz ist keineswegs rückwärtsgewandt, sondern äußerst zukunftsorientiert. Als Planer und Architekten möchten wir einen Beitrag zu einer lebenswerten Umgebung leisten.
Unsere Gebäude drängen sich nicht in den Vordergrund, sondern fügen sich mit dezenter Selbstverständlichkeit in das Stadtbild ein. Nachhaltigkeit bedeutet für mich auch, wenn ein Gebäude nicht binnen kurzer Frist einer neuen Mode weichen muss. Unser ästhetisches Empfinden ist daher auch Ausdruck unseres gesellschaftlichen Engagements.
Wirtschaftsforum: Wie kann sich dieses Engagement angesichts der oft begrenzten Budgets in der Baubranche in der Breite entfalten?
Robert Patzschke: Im Tagesgeschäft erkennen wir durchaus, dass sich die ästhetischen Ansprüche verändert haben. Stilistische Elemente, die vor 20 Jahren noch tabu waren, finden heute breite Zustimmung. Dennoch stellt das Budget häufig eine begrenzende Größe dar und es ist eine Herausforderung, diese ästhetischen und gesellschaftlichen Ansprüche nicht nur im hochwertigen Wohnungs-, Büro- und Hotelbau umzusetzen, sondern auch bei der Entwicklung von sozialem und nachhaltigem Wohnraum. Trotz der angespannten konjunkturellen Lage fühlen wir uns in jedem Kontext verpflichtet, uns um eine vielfältige Gestaltung zu bemühen.
Wirtschaftsforum: Trotz einer immensen Nachfrage stockt der soziale Wohnungsbau schon seit langer Zeit. Was müsste sich ändern, um hier eine Verbesserung zu erzielen?
Robert Patzschke: Aus meiner Sicht bedarf es eines grundlegenden Umdenkens in den Genehmigungsverfahren, um die politischen Ziele langfristig erreichen zu können. Schließlich sollen drei Viertel der von der Bundesregierung angestrebten 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr von privaten Marktteilnehmern bereitgestellt werden. Leider herrscht im Alltag der Branche keine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen privaten Bauträgern und den zuständigen Verwaltungsbehörden. Statt einer permanenten Regelungsflut sollten verlässliche und klare Perspektiven für eine kooperative Zusammenarbeit geschaffen werden. Wenn die Verwaltung Grundstückseigentümer und Bauträger aktiv unterstützen könnte, anstatt ihnen Steine in den Weg zu legen, würden alle Beteiligten davon profitieren. Denn die Schaffung von Wohnraum ist letztendlich ein gemeinschaftliches Projekt mit vielen Interessengruppen.
Wirtschaftsforum: Das Architekturbüro Patzschke wurde bereits 1969 von Ihrem Onkel und Ihrem kürzlich verstorbenen Vater gegründet. Wie stark prägt die Vision der Gründer bis heute den Arbeitsalltag Ihres Unternehmens?
Robert Patzschke: Neben ihrer architektonischen Überzeugung wirkt bis heute das zwischenmenschliche Bedürfnis nach Harmonie, das ihre Persönlichkeiten geprägt hat, in unserem Alltag nach. Mein oberstes Ziel ist es, diese Haltung weiterhin zu bewahren und konsequent nach außen zu tragen, so wie es ihnen über all die Jahre gelungen ist. Diese Freundlichkeit und Offenheit spiegelte sich nicht nur in der Zusammenarbeit aller Planer in unserem Team und unserem Auftreten im Geschäftsumfeld wider, sondern auch in ihrem fachlichen und idealistischen Bestreben, eine Architektur zu schaffen, die Harmonie ausstrahlt und in der sich Menschen wohlfühlen können. Mit ihren Entwürfen haben sie gezeigt, dass auch in der modernen Gegenwart Platz ist für die Schönheit der klassischen Vorbilder. Diese unerschütterliche Grundüberzeugung prägt nach wie vor unser Handeln und bildet die wesentliche Grundlage für unseren anhaltenden Erfolg.
Wirtschaftsforum: Die Architektur befindet sich an der Schnittstelle zwischen kreativer Gestaltungskraft und technischem Know-how. Macht das für Sie persönlich den Reiz Ihrer Tätigkeit aus?
Robert Patzschke: Zweifellos – denn das Schöne an der Architektur ist, dass dass es sich dabei um eine angewandte Kunst und nicht um freie Malerei handelt. Als Architekten müssen wir umfassende Regelwerke, die Wirtschaftlichkeit, die physikalischen Erfordernisse, die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer und die ästhetische Gestaltung gewissenmaßen als „Dirigenten“ miteinander vereinen. Jedes Projekt ist einzigartig, und bei jedem Vorhaben warten neue Herausforderungen. Dadurch müssen wir ständig unsere fachlichen und technischen Fähigkeiten weiterentwickeln, ohne dabei unsere gesellschaftliche Vision aus den Augen zu verlieren!