Die Zukunft muss nachhaltig sein
Interview mit Nico Rosberg, ehemaliger Formel 1-Weltmeister und jetziger Unternehmer
Wirtschaftsforum: Herr Rosberg, Sie haben in Ihrer langjährigen Karriere im Motorsport alles erreicht; 23 Grand-Prix-Siege, 30 Pole-Positionen sowie der Gewinn der Formel 1-Weltmeisterschaft 2016 mit dem Mercedes AMG Petronas F1-Team. Was treibt Sie nach Ihrem Rücktritt aus der Königsklasse des Motorsports nach wie vor an, neue Projekte anzugehen?
Nico Rosberg: Die Herausforderung treibt mich an. Ich bin ein Mensch, der sich gerne neue Ziele setzt und möchte mein Potenzial voll ausschöpfen. In der Formel 1 habe ich alles erreicht, was ich mir vorgenommen habe und das Gefühl wird mich ein Leben lang tragen. Aber jetzt ist es Zeit für neue Herausforderungen und denen widme ich mich mit Vollgas.
Wirtschaftsforum: Seit Ihrem Ausstieg aus der Formel 1 haben Sie eine weitere erfolgreiche Laufbahn als Unternehmer eingeschlagen und unter anderem in zahlreiche Start-ups wie Lilium, Volocopter, What3Words, TIER oder Lyft investiert. Zudem wurden Sie zwischenzeitlich mit dem Umweltpreis ‘GreenTec Entrepreneur of the Year’ ausgezeichnet. Was ist Ihr Antrieb und Zielfokus bei der Beteiligung an Unternehmen im Bereich grüner Technologien und nachhaltiger Mobilität?
„Mein Antrieb ist es, durch meine unternehmerischen Tätigkeiten Innovationen und Projekte voranzutreiben, die Positives für die Gesellschaft und die Umwelt bewirken.“ Nico Rosberg
Nico Rosberg: Mein Antrieb ist es, durch meine unternehmerischen Tätigkeiten Innovationen und Projekte voranzutreiben, die Positives für die Gesellschaft und die Umwelt bewirken. Die Zukunft muss nachhaltig sein, darin sind sich alle einig. Gerade auch im Bereich Mobilität kann man deshalb mit grünen Technologien und effizienten Ansätzen am meisten bewirken.
Wirtschaftsforum: Welche Erfahrungen aus Ihrer damaligen Zeit im Motorsport können Sie heute als Unternehmer nutzen? Und wo sehen Sie Parallelen?
Nico Rosberg: Sicherlich habe ich gelernt, mit Rückschlägen und Niederlagen umzugehen und dennoch nicht aufzugeben. Ich erinnere mich an eine schwierige Zeit, in der ich mental ganz unten war, weil es nicht so lief, wie ich wollte. Damals habe ich mich einen ganzen Tag im Hotelzimmer eingeschlossen und nachgedacht und an meiner Einstellung gearbeitet. Danach habe ich sieben Rennen gewonnen und die Weltmeisterschaft geholt. Das war ein Schlüsselerlebnis. Es kommt darauf an, wie du mit Krisen umgehst. Gehst du unter, oder sagst du ‘jetzt erst recht’.
„Es kommt darauf an, wie du mit Krisen umgehst. Gehst du unter, oder sagst du ‘jetzt erst recht’.“ Nico Rosberg
Wirtschaftsforum: Das Thema Nachhaltigkeit im Bereich von Wirtschaft und Ökologie steht auch bei Ihren weiteren Unternehmungen stark im Fokus. Erzählen Sie uns doch bitte etwas genauer über Ihr unternehmerisches Engagement in diesen Bereichen.
Nico Rosberg: Ich finde es spannend, Unternehmertum mit Wohltätigkeit zu verbinden. Wo kann ich als Unternehmer durch mein Engagement und mein Investment dazu beitragen, dass sich Verhältnisse verbessern und positiven Wandel bewirken. Ganz offensichtlich ist dies im Bereich Nachhaltigkeit – Produkte und Dienstleistungen müssen so gedacht werden, dass sie sozial, ökologisch, fair und inspirierend sind. Dann haben sie eine Zukunft.
Wirtschaftsforum: E-Mobilität ist ein Thema, was nicht nur die Automobil-Branche schon seit Jahren beschäftigt. Auch hierbei sind Sie als Unternehmer aktiv, zum Beispiel als Investor und Anteilseigner der elektrischen Rennserie Formel-E oder Mitbesitzer des Fahrzeugtechnik-Unternehmens TRE GmbH. Wie sehen Sie persönlich die Zukunftsvision der E-Mobilität und des autonomen Fahrens?
Nico Rosberg: Unsere gesamte Art der Fortbewegung wird im Augenblick neu gedacht. Der Umbruch ist ähnlich groß wie der von der Pferdekutsche zum motorisierten Fahren. Was weltweit passiert, ist unglaublich spannend. Werden wir künftig noch selbst fahren oder steuert uns das Auto? Sind wir auf Straßen unterwegs oder in der Luft? Mit Elektro oder Wasserstoff? Auf zwei oder vier Rädern? Ich glaube, dass Mobilität vernetzter wird, ganz klar. Und sie wird nicht mehr so identitätsstiftend sein. Welches Auto oder welchen Roller wir fahren, wird nichts mehr darüber aussagen, wer wir sind. Das ist ein großer Paradigmenwechsel.
Wirtschaftsforum: Sie sind mit Ihrem sympathischen, authentischen und nahbaren Charakter Markenbotschafter für verschiedene Brands, unter anderem für die Deutsche Bahn oder die Kempinski Hotels. Was macht für Sie eine gute Marke und damit verbunden einen guten Markenbotschafter aus? Und welche Kriterien sind Ihnen persönlich bei der Auswahl der Marken am wichtigsten, für die Sie stehen wollen?
„Ich finde Marken großartig, die inspirierend sind und über das Produkt hinaus starke Werte vermitteln.“ Nico Rosberg
Nico Rosberg: Ich finde Marken großartig, die inspirierend sind und über das Produkt hinaus starke Werte vermitteln. Als Botschafter muss ich mich mit der Marke identifizieren können und das Unternehmen sich mit mir. Dann passe ich zu der Marke, für die ich stehe. Ich schaue bei der Auswahl meiner Partner sehr darauf, dass unsere Werte übereinstimmen und dass ich die Vision des Unternehmens voll vertrete. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Der Kempinski-Chef Martin Smura kam letztes Jahr auf mich zu und erzählte mir, welch große Bedeutung das Thema Nachhaltigkeit in seinem Unternehmen für die Zukunft haben wird. Er hat die Vision von Kempinski in diese Richtung gelenkt, extern wie intern für die 25.000 Mitarbeiter. Ich wurde gebeten, diese Vision zu verkörpern und das war für mich ein hundertprozentiger Fit.
Wirtschaftsforum: Aktuell stellt die aktuelle Corona-Pandemie weltweit nicht nur das Gesundheitssystem und das private Leben, sondern auch das wirtschaftliche Handeln sowie den kompletten Sport vor große Herausforderungen. Auch die Formel 1-Rennwagen stehen momentan still. Wie gehen Sie persönlich mit der aktuell schwierigen Situation um?
Nico Rosberg: Ich persönlich bin sicherlich in einer privilegierten Situation, da ich mir – im Unterschied zu vielen Menschen auf der ganzen Welt – keine Sorgen um meine Familie oder mein Einkommen machen muss. Aber natürlich belastet die Krise auch die Unternehmen, mit denen ich zusammenarbeite. Das schwierigste ist sicherlich, flexibel zu bleiben und neue Lösungsansätze zu finden. Wir haben das mit meinem ‘Greentech-Festival’ ganz gut hinbekommen, indem wir die Veranstaltung von Ende Juni auf den Spätsommer verschoben haben. Dass dennoch alle Partner weiterhin 100% hinter uns stehen, ist für mich das Zeichen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Nachhaltigkeit wird gerade nach der Krise wieder ein wichtiges Thema auf der Agenda der Wirtschaft und der Politik.
„Nachhaltigkeit wird gerade nach der Krise wieder ein wichtiges Thema auf der Agenda der Wirtschaft und der Politik.“ Nico Rosberg
Wirtschaftsforum: Ein persönliche Frage zum Abschluss: Abseits der Wirtschaft engagieren Sie sich in verschiedenen sozialen Projekten, wie zum Beispiel ‘Ein Herz für Kinder’ oder der ‘Laureus-Sport-for-Good-Foundation’, als Botschafter für die Umsetzung wohltätiger Projekte und der dadurch möglichen Unterstützung sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher. Eine Herzensangelegenheit?
Nico Rosberg: Absolut. Kinder sind unsere Zukunft und Bildung und Erziehung sind die wichtigsten Bausteine dahin. Gerade weil ich selbst Vater von zwei Töchtern bin, liegen mir solche Projekte total am Herzen. Meinen eigenen Kindern geht es sehr gut und ich möchte, dass auch andere Kinder eine tolle Kindheit und Jugend haben.
Wirtschaftsforum: Herr Rosberg, haben Sie vielen Dank für das Interview. Und Ihnen und Ihrer Familie weiterhin gute Gesundheit und herzliche Grüße nach Monaco.
Interview: Andreas Detert | Fotos: Tom Ziora, Rosberg Family Office