„Die Energiewende findet auf dem Land statt“

Interview mit Matthias Steiner, Geschäftsführer der Netzgesellschaft Ostwürttemberg DonauRies GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Steiner, was sollte man über Ihr Unternehmen wissen?

Matthias Steiner: Die NGO ist erst zwölf Jahre alt. Sie ist als schlanker Netzbetreiber der EnBW Ostwürttemberger DonauRies AG gegründet worden. Als Strom- und Gasnetzbetreiber sind wir in Baden-Württemberg und Bayern tätig und werden durch die Bundesnetzagentur reguliert. Mit 230.000 Strom-Zählpunkten versorgen wir rund 400.000 Menschen. In unserem Netz betreiben wir 30.000 Gasanschlüsse und verfügen über 160 Strom- und Gaskonzessionen in Partnerschaft mit Gemeinden. Wir fühlen uns als regionales Unternehmen und leben das auch. Unsere Region ist extrem ländlich geprägt und wir können anhand unserer Kennzahlen belegen, dass die Energiewende hier auf dem Land stattfindet.

Wirtschaftsforum: Würden Sie das erläutern?

Matthias Steiner: Der Bund hat für 2030 das Ziel gesetzt, mit einem Anteil von 65% an erneuerbaren Energien die Abnahme in der Stromversorgung zu decken. Das haben wir schon 2020 erreicht. Inzwischen sind wir bei einer EEG-Quote von 71%. Das liegt zum einen daran, dass mehr EEG-Anlagen – fast 2.000 in 2020 – ans Netz gegangen sind. Zum anderen macht sich bemerkbar, dass durch den Corona-Shutdown die von den Industriekunden verbrauchten Mengen zurückgegangen sind. Das fördert bei uns natürlich die Energiewende und zeigt die Volatilität im Netz. Wir werden immer mehr zum Exporteur, indem wir die Energie auch außerhalb unseres Netzgebietes transportieren, dorthin, wo sie benötigt wird. Der Netzausbau war früher lastgeprägt, er erfolgte dort, wo Bedarf entstand. Heute geht es darum, wie viel Energie die Leitungen noch aufnehmen können und wo ein Ausbau notwendig ist, um die EEG-Mengen abzutransportieren.

Wirtschaftsforum: Wie entwickelt sich die NGO wirtschaftlich?

Matthias Steiner: Wir beschäftigen 30 Mitarbeiter. 2021 werden aber alle Einheiten unserer Muttergesellschaft, die für das Netz arbeiten, in die NGO integriert. Dann werden wir 275 Mitarbeiter haben. Unser Jahresumsatz liegt bei 400 Millionen EUR, davon sind 300 Millionen EUR reine EEG-Umlagen, also Ausschüttungen, die wir an unsere EEG-Anlagenbetreiber tätigen. Wie sich das Jahr 2021 entwickeln wird, müssen wir abwarten, denn dann fällt die garantierte EEG-Vergütung. Das wird uns herausfordern.

Wirtschaftsforum: Inwiefern?

Matthias Steiner: Die ersten 200 Anlagen fallen nun nach einer Laufzeit von 20 Jahren aus der EEG-Förderung heraus, und die politische Entscheidung erfolgte erst am 18. Dezember 2020. Es bedarf einer ausgleichenden Regelung, die eine sinnvolle Energiewende und die Reduzierung von CO2 fördert, ohne zu einer ungerechten Verteilung der Kosten zulasten der Verbraucher zu führen. Für uns als Unternehmen bedeutet das, dass wir unsere Systeme an die neuen Bedingungen anpassen müssen und dafür sehr wenig Zeit haben. Es wäre schön gewesen, wenn die entsprechenden politischen Prozesse bereits früher initiiert und transparent diskutiert worden wären.

Wirtschaftsforum: Seit wann sind Sie in Ihrer Position, und worin sehen Sie Ihre Hauptaufgaben?

Matthias Steiner: Ich bin seit beinahe zwei Jahren Geschäftsführer der NGO. Zuvor war ich hier Co-Geschäftsführer. In meinem Bereich müssen sehr viele Dinge initiiert werden, um den gesetzlichen und technischen Anforderungen zu genügen. Es geht aber auch darum, sich strategisch auf die Anforderungen der Energiewende einzustellen. Die Herausforderung ist, mit knappen Ressourcen umzugehen. Bei uns kommen jedes Jahr 1.000 neue Gasanschlüsse hinzu, da sich viele Kunden vom Öl verabschieden. Jetzt denken wir darüber nach, wie Gas grüner werden kann und wie wir nachhaltiger agieren können. Dabei gilt es, eine Ausgewogenheit zwischen Nachhaltigkeit und wirtschaftlichem Erfolg herzustellen.

Wirtschaftsforum: Was treibt Sie persönlich in Ihrem Beruf an?

Matthias Steiner: Ohne die Energieversorgung liegt alles brach. Dafür zu sorgen, dass sie funktioniert, ist eine sehr sinnvolle Aufgabe, die mich extrem motiviert. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass wir die Anforderungen, die die Energiewende mit sich bringt, beherrschen und ihnen mit intelligenten Lösungen begegnen. Für die Zukunft wird es wichtig sein, langfristig Anreize zu schaffen, in Energienetze zu investieren und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Rendite und Versorgungsaufgabe zu finden.

Tags
Nach themenverwandten Beiträgen filtern

Mehr zum Thema

Der Käse, der aus der Kälte kommt

Interview mit Dennis van Huet, Geschäftsführer der ZZA B.V.

Der Käse, der aus der Kälte kommt

Die italienische Küche ist beliebt wie eh und je. Pizza, Pasta und Co. sind inzwischen auch die häufigsten Gerichte im Restaurant und auf dem privaten Speiseplan. Auf eine gute Pizza…

Maschinen ein zweites Leben schenken

Interview mit Christian Munzinger, Geschäftsführer und André Elz, Geschäftsführer der GSN Maschinen-Anlagen-Service GmbH

Maschinen ein zweites Leben schenken

Neu bedeutet nicht zwangsläufig besser – insbesondere, wenn man die Kosten berücksichtigt. Als führender, herstellerunabhängiger Anbieter von innovativen Engineering-Lösungen im Bereich der Sondermaschinen und Automatisierungstechnik hat sich die GSN Maschinen-Anlagen-Service…

Rausgehen, um weiterzukommen

Interview mit Jakob Schöffel, CEO der Schöffel Gruppe und Stefan Ostertag, CMO/CDO von Schöffel SPORT

Rausgehen, um weiterzukommen

Wer heute rausgeht, geht nicht einfach nur spazieren. Er sucht Stille, Weite, Ausgleich. Und oft auch ein kleines Stück Selbstvergewisserung in einer Welt, die sich schneller verändert, als uns manchmal…

Spannendes aus der Region Ostalbkreis

Steuerung nach Maß

Interview mit Maurice Müller, Vorstand der SE-Gebäudeautomation AG

Steuerung nach Maß

Trotz der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheiten erlebt die SE Gebäudeautomation AG in Urbach eine starke Nachfrage nach ihren Dienstleistungen. „Wir haben Geschäft ohne Ende“, bringt Maurice Müller, Vorstand des Unternehmens, es…

Exzellenz in der Drucktechnologie

Interview mit Andreas Faget, CFO und Christian Motzke, Director Sales & Marketing der ISIMAT GmbH Siebdruckmaschinen

Exzellenz in der Drucktechnologie

Die ISIMAT GmbH Siebdruckmaschinen ist ein führendes Maschinenbauunternehmen, bekannt für innovative Drucktechnologien zur Dekoration von Kunststoff- und Glasverpackungen und Erfinder des patentierten inLINE FOILING®-Verfahrens. Andreas Faget, CFO, und Christian Motzke,…

Magnetische Lösungen für die Industrie von morgen

Interview mit Christian Assfalg, Geschäftsführer der Assfalg GmbH

Magnetische Lösungen für die Industrie von morgen

Schwere Lasten so einfach anheben und transportieren wie das Betätigen eines Lichtschalters, ganz ohne mechanische Fixierung: Das können nur Magnete. Die familiengeführte Assfalg GmbH aus Schwäbisch Gmünd ist ein weltweit…

Das könnte Sie auch interessieren

Versorgung der Zukunft: nachhaltig, digital, sicher

Interview mit Dino Höll, Geschäftsführer der Dessauer Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH – DVV – Stadtwerke

Versorgung der Zukunft: nachhaltig, digital, sicher

Energie, Mobilität, Wasser und Telekommunikation – die Stadtwerke Dessau sind weit mehr als ein klassischer Versorger. Als einer der größten Arbeitgeber der Region treiben sie nicht nur die Daseinsvorsorge voran,…

Die Energiewende aktiv gestalten

Interview mit Lothar Beckler, Geschäftsführer der stadtWERKE Feuchtwangen

Die Energiewende aktiv gestalten

Die Stadtwerke Feuchtwangen sind als lokaler Anbieter von Strom, Wasser und Gas fest etabliert und spielen eine entscheidende Rolle im Bereich der nachhaltigen Energiegewinnung. Angesichts der rechtlichen Vorgaben zur Erhöhung…

Stadtwerke Südholstein: Als regionaler Energieversorger in der Energiewende

Interview mit Thomas Behler, Geschäftsführer der Stadtwerke Südholstein GmbH

Stadtwerke Südholstein: Als regionaler Energieversorger in der Energiewende

Pandemie, Energiekrise, Infrastrukturprobleme – während viele auf die nächste Krise warten, schaffen die Stadtwerke Südholstein längst Lösungen und trotzen dem Dauerstress der Versorgungsbranche. Geschäftsführer Thomas Behler erklärt, warum er früh…

TOP