Emotionen und Nähe – wichtiger denn je
Interview mit René Ruhland, Gründer und Geschäftsführer der myposter GmbH

Das Interview führte: Manfred Brinkmann
Wirtschaftsforum: Herr Ruhland, welche Neuheiten und Innovationen gab es in der letzten Zeit bei myposter?
René Ruhland: Wir haben neue Märkte für uns entdeckt. Unter anderem haben wir ein Unternehmen gegründet, die Kartenliebe GmbH, mit Fokus auf personalisierte Grußkarten und Weihnachtskarten. Wir möchten mit Kartenliebe die gesamte emotionale Reise unserer Kunden rund um deren Events wie Taufen, Urlaube, Hochzeiten und Ähnliches abbilden, von der Einladungskarte bis zur Danksagung. Wir sehen hier für die nächsten Jahre vielversprechende Wachstumsperspektiven. Aktuell denken wir auch darüber nach, ein Unternehmen zu gründen, das sich ausschließlich um das B2B-Geschäft kümmert. Zurzeit sind wir ja hauptsächlich im B2C-Markt aktiv. Wir kooperieren bereits mit verschiedenen Onlineanbietern im B2B-Bereich, für die wir White Label produzieren. Eine unserer Stärken ist die Entwicklung von Software. Hier sind wir in einem ständigen Weiterentwicklungs- und Optimierungsprozess. Aktuell haben wir gerade eine neue Kalender-Software gelauncht. Die Innovation ist also nicht das Produkt selbst, der Kalender, sondern die Software. Die Endkunden spüren diese Veränderungen zum Beispiel über den Konfigurator. So verändert sich das Kauferlebnis, mobil, per App und am PC.
Wirtschaftsforum: Inwieweit beeinflusst die Corona-Pandemie das Geschäft von myposter?
René Ruhland: Durch die Corona-Krise hat unser Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr eher begonnen. Zudem haben die Menschen das gesamte Jahr über mehr Zeit auf das Dekorieren ihrer Wohnungen und Häuser verwendet. Im März haben wir mit dem erstem Lockdown zwar auch einen kurzen Dämpfer erlitten, aber nach zwei Wochen ging der Trend schon wieder nach oben. Corona reduziert oder verhindert Nähe und persönliche emotionale Erlebnisse. Personalisierte Produkte sind die persönlichsten Geschenke, die man machen kann und immer auch ein Zeichen von Wertschätzung. Familien und Freunde können zu Weihnachten und auch zu anderen Anlässen und Festivitäten in diesem Jahr nicht so zusammen sein wie sonst. Unsere emotionalen Produkte überwinden diese Distanz und ermöglichen trotz Abstandsregeln ein gewisses Maß an Nähe. Was uns auszeichnet ist, dass wir selbst Produzent sind und alle Produkte selbst produzieren. Da ist die Balance zwischen erhöhten Bestellaufkommen und Einhaltung der Hygienevorschriften eine Herausforderung, auf die wir uns aber bisher gut einstellen konnten.
Wirtschaftsforum: Warum produzieren Sie selbst?
René Ruhland: Unser großer USP ist die eigene Software. Diese wird von unseren Entwicklern in allen Bereichen selbst geschrieben, auch in der Produktion. Nur so sind wir in der Lage, auch die Losgröße 1 bis in die Tiefe unserer Produkte effizient abzubilden. Andere Anbieter, die nicht selbst produzieren, sind in der Tiefe nicht so breit aufgestellt. Außerdem macht es uns Spaß, wir lieben Produktion. Im Grunde sind wir ein E-Commerce-Unternehmen mit eigenen Produktionsstätten.
Wirtschaftsforum: In welchen Ländern sind Sie aktiv?
René Ruhland: myposter deckt die gesamte DACH-Region ab. Darüber hinaus sind wir in den Niederlanden und Belgien, in Frankreich, Spanien und Italien tätig, natürlich immer in der jeweiligen Landessprache und mit eigenem Kundenservice.
Wirtschaftsforum: Welche Pläne haben Sie für das Jahr 2021?
René Ruhland: Es ist sehr schwierig, für das nächste Jahr zu planen. Man kann noch nicht abschätzen, wie der Markt 2021 funktionieren wird. Wir müssen bei unserer Planung Maschinen und Kapazitäten planen, beziehungsweise kaufen. Man muss sich in solchen Situationen fragen, was ist Mut und was ist Naivität? Aber insgesamt gehe ich davon aus, dass myposter weiter zweistellig wachsen wird. Sicherlich werden wir bis ins Frühjahr hinein einen positiven Corona-Effekt erleben. Aber es bleibt abzuwarten, was im Sommer passiert, wenn das Wetter besser wird, die Menschen wieder mehr reisen möchten und die Impfungen voranschreiten. Auf der anderen Seite wird es dann wieder mehr Veranstaltungen wie Hochzeiten und Ähnliches geben – und diese Events sind auch wichtige Treiber für unser Geschäft. Insgesamt hoffen wir, dass sich das Kaufverhalten auch längerfristig ändern wird und die Menschen merken, wie schön emotionale Geschenke sind, zum Beispiel unter dem Weihnachtsbaum.
Interview: Manfred Brinkmann