„Ich bin, als Praktiker, eher eine Ausnahme“
Interview mit Managementdenker Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hermann Simon

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Wirtschaftsforum: Herr Prof. Simon, Herzlichen Glückwunsch zur Aufnahme in die Thinkers50 Hall of Fame. Was bedeutet diese Aufnahme für Sie?
Prof. Hermann Simon: Ich sage etwas flapsig, das sei eine Alterserscheinung. Aber ernsthaft, ich fühle mich natürlich geehrt. Die Zeit spielt allerdings eine wichtige Rolle. Wenn man in der Welt des Managements aus Deutschland heraus unterwegs ist, dann dauert es Jahrzehnte, bis man weltweit durchdringt. Das ist ein langer Weg.
Wirtschaftsforum: Die Thinkers50 gelten als die Oscars des Managements. Welche Eigenschaften muss ein Manager überhaupt mitbringen, um aufgenommen zu werden?
Prof. Hermann Simon: Die Thinkers50 sind Managementdenker, keine aktiven Manager, die meisten sind Professoren oder Autoren. Ich bin, als Praktiker, eher eine Ausnahme. Allerdings war ich in meinem „ersten“ Leben ja auch 16 Jahre Universitätsprofessor. Es gibt zwei Bedingungen, um in die Hall of Fame aufgenommen zu werden.
Erstens, man muss ein originelles Konzept in die Welt setzen. Das sind bei mir die „Hidden Champions“. Die zweite Bedingung ist, dass man global kommunizieren muss. Das ist fast noch schwerer als die eigentliche Erfindung eines Konzeptes. Am Beispiel der Hidden Champions: Gibt man diesen Begriff in Google ein, so erscheinen rund 700.000 Einträge. Die Hidden Champions-Bücher sind in 25 Sprachen übersetzt worden und in vielen Ländern Bestseller, zum Beispiel in China und Korea. Weltweit dürften mehr als 5.000 Artikel zu den Hidden Champions erschienen sein. In meinem speziellen Fall kommt ein zweites Thema dazu: das Preismanagement. Das war mein ursprüngliches Forschungsthema und bildete die Basis für die Entwicklung unserer Beratung Simon-Kucher & Partners. Mit 1.500 Mitarbeitern und 39 Büros auf allen Kontinenten sind wir Weltmarktführer in der Preisberatung. Auch in der Pricing-Literatur besitzen wir die Gedankenführerschaft (Thought Leadership). Kürzlich hat eine internationale Zeitschrift die fünf besten Pricing-Bücher rezensiert. Drei davon sind von Simon-Kucher-Autoren.

„Wenn man in der Welt des Managements aus Deutschland heraus unterwegs ist, dann dauert es Jahrzehnte, bis man weltweit durchdringt. Das ist ein langer Weg.“ Prof. Hermann Simon
Wirtschaftsforum: Welche Aufgaben warten nun auf Sie?
Prof. Hermann Simon: An die Aufnahme sind keine festen Verpflichtungen geknüpft. Aber natürlich wird erwartet, dass ich weiter aktiv bleibe. Wie man an www.hermannsimon.com/speaker sieht, werde ich zumindest in den nächsten Monaten dieser Erwartung gerecht. Und beim Thema Bücher geht es auch weiter. Das zuletzt erschienene ist meine Autobiografie mit dem Titel „Zwei Welten, ein Leben – Vom Eifelkind zum Global Player“. Und gerade habe ich ein Manuskript mit dem Arbeitstitel „Am Gewinn ist noch keine Firma kaputt gegangen“ abgeschlossen. Das Buch erscheint im Frühling 2020.
Wirtschaftsforum: Sie sind der erste Deutsche, der diese Anerkennung erhielt. Wen würden Sie in die Hall of Fame aufnehmen?
Prof. Hermann Simon: Die deutschen Managementwissenschaftler haben in den letzten Jahren bei internationalen Publikationen große Fortschritte gemacht. So ist der Prozentsatz von Artikeln deutscher Autoren in den international führenden Marketingzeitschriften in den letzten zehn Jahren von 6 auf 12% gestiegen. Das ist sehr erfreulich. Allerdings gilt das nicht für praxisorientierte deutsche Autoren. Hier wüsste ich keinen zu nennen, der international auch nur ansatzweise den Durchbruch geschafft hätte. Die Thinkers50 Hall of Fame spiegelt aber genau den Einfluss auf die Unternehmenspraxis, nicht die wissenschaftliche Reputation wider. Diese wird eher durch den sogenannten Hirsch-Index gemessen. Der Hirsch-Index misst die Zahl der Publikationen "n", die mindestens n-Mal zitiert worden sind. Dieser Index sagt aber nichts über die Praxiswirkung der Konzepte, sondern nur über die Anerkennung in Wissenschaftskreisen.
Interview: Vera Gaidies | Fotos: Simon-Kucher & Partners