„Schweizer Käse ist nicht gleich Schweizer Käse!“

Interview mit Reto Güntensperger, Geschäftsführer der Güntensperger Käse AG

Wirtschaftsforum: Herr Güntensperger, Schweizer Käse steht weltweit für einen unverwechselbaren Geschmack und eine unvergleichliche Qualität. Was zeichnet Sie als Käsehersteller dabei in besonderer Weise aus?

Reto Güntensperger: Güntensperger bezieht seine Milch direkt von den Bauern und wir stehen zu jedem unserer Lieferanten in einer direkten Geschäftsbeziehung. Als vergleichsweise kleines Unternehmen bleibt somit vom nachhaltigen Bezug unserer Rohstoffe bis hin zum Verkauf alles in unserer Hand, wodurch wir unser Qualitätsversprechen auch verlässlich einhalten können. Dieser Ansatz erstreckt sich sogar auf unsere Milchsäurebakterien, die wir eigenständig züchten. Um außerdem eine möglichst hohe Frische zu gewährleisten, produzieren wir auch sonntags.

Dadurch ist die Qualität unserer Produkte kaum vergleichbar mit den Erzeugnissen anderer Hersteller, die diese Mühen nicht in ähnlicher Konsequenz auf sich nehmen.

Wirtschaftsforum: Wodurch unterscheidet sich die Güntensperger Käse AG im Hinblick auf ihre Unternehmensführung von ihren Wettbewerbern?

Reto Güntensperger: Als familiengeführtes Traditionsunternehmen mit einer 130-jährigen Firmengeschichte können wir bestimmt flexibler und damit auch schneller auf neue Entwicklungen reagieren als managementgeführte Betriebe mit viel höheren Abstimmungskosten. Darauf führen wir zumindest unsere große Innovationsfreude zurück. Gleichzeitig können wir von unserem gewachsenen Know-how zehren und dadurch Käse mit einem wirklich unverkennbaren Geschmack erzeugen. Denn am Ende steht und fällt nicht nur die Güntensperger Käse AG, sondern auch die gesamte Schweizer Käsebranche mit unserer besonderen Produktqualität.

Wirtschaftsforum: Mit welchen Produktinnovationen beschäftigen Sie sich derzeit?

Reto Güntensperger: Schon seit einem Jahr stellen wir Grillkäse auch in Würstchenform her, was es so auf dem Markt noch nicht gab. Die bisherige Resonanz fiel sehr positiv aus, sodass wir uns auf diesem Weg nachhaltig bestätigt fühlen. Bei der diesjährigen Anuga haben wir ferner unseren Chipolata vorgestellt, einen würzigen Käse in Form eines Wiener Würstchens – auch diese Entwicklung ist bisher einzigartig im gesamten Käsemarkt, und wir freuen uns schon auf die Reaktion der Konsumentinnen.

Wirtschaftsforum: Dabei exportieren Sie über 70% Ihrer Erzeugnisse ins Ausland. Welchen Veränderungen ist Ihr internationales Geschäft derzeit unterworfen?

Reto Güntensperger: Die permanente Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro und dem US-Dollar ist in den letzten Jahren zu einer zentralen Herausforderung für uns geworden, der wir durch unser eigenes unternehmerisches Handeln jedoch nur bedingt begegnen können. Hinzu kommt die starke Preisinflation in vielen unserer Kernmärkte, insbesondere auch in Deutschland, wo die Verbraucher in den letzten zwei Jahren stark an Kaufkraft eingebüßt und nun weniger Geld für hochwertige und damit auch entsprechend hochpreisige Produkte zur Verfügung haben. Für uns besteht die Konsequenz in einer noch breiteren internationalen Aufstellung, um entsprechende Klumpenrisiken in einzelnen Märkten und Währungen weiter zu reduzieren. Nachdem wir in den letzten Jahren große Investitionen in unsere Fertigung sowie entsprechende Lagerungsmöglichkeiten für unsere Erzeugnisse vorgenommen haben und darüber hinaus auch zahlreiche Produktinnovationen lancieren konnten, befinden wir uns unternehmerisch nun gleichsam in einer Phase der Konsolidierung.

Wirtschaftsforum: Müssen Sie sich dazu in Zukunft auch verstärkt an die unterschiedlichen Geschmackspräferenzen in den einzelnen Märkten anpassen?

Reto Güntensperger: Das tun wir heute schon – schließlich ist Schweizer Käse nicht einfach Schweizer Käse, sondern untergliedert sich in gut 500 Sorten mit verschiedenen Geschmacksprofilen und unterschiedlicher Konsistenz. Was jedoch alle Varianten eint, ist ihr unbedingter Qualitätsanspruch – und der wird weltweit von England bis Japan gleichermaßen geschätzt.

Wirtschaftsforum: Welchen Herausforderungen steht die Schweizer Käseindustrie dabei als Ganzes gegenüber?

Reto Güntensperger: Wahrscheinlich den gleichen wie jede andere Branche in Europa auch: Es kommen immer weniger Arbeitskräfte nach, und die wollen mit einer stärkeren Betonung einer positiven Work-Life-Balance auch nicht mehr so viel arbeiten. Dabei ist mit weniger Arbeit noch niemals mehr Wohlstand geschaffen worden. Dieser Konsequenz müssen wir uns als Wirtschaftsstandort bewusst sein, damit wir in den nächsten Jahrzehnten nicht von anderen Weltregionen abgehängt werden.

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