Sensortechnik für innovative Anwendungen
Interview mit Dr. Jörn Lützen, CEO der Innovative Sensor Technology IST AG und Benjamin Buchbach, Geschäftsführer der Infrasolid GmbH
Wirtschaftsforum: Herr Dr. Lützen, die Innovative Sensor Technology IST AG zählt heute zu den führenden Spezialisten für Sensortechnik. Entstanden ist das Unternehmen als klassische Garagenfirma.
Dr. Jörn Lützen: Ja, wir haben 1991 mit vier Leuten angefangen, der Schwerpunkt lag damals auf Dünnfilmtechnologie. Dann kamen der Bereich Temperatursensorik sowie weitere Produkte hinzu. Seit 2005 gehören wir zur Endress+Hauser Gruppe. Endress+Hauser ist ein weltweit führender Anbieter von Messgeräten, Dienstleistungen und Lösungen für die industrielle Verfahrenstechnik. Der Einstieg von Endress+Hauser hat uns weiteres Wachstum ermöglicht. Dabei sind wir aber stets unabhängig geblieben in unseren Entscheidungen.
Wirtschaftsforum: Welche Art von Sensoren stellen Sie her?
Dr. Jörn Lützen: Wir entwickeln und produzieren Sensoren für fünf Bereiche: Temperatursensoren, Strömungssensoren für Gase und Flüssigkeiten, Feuchtemodule und -sensoren, Leitfähigkeitssensoren und Biosensoren für die Messung von Glukose, Laktat, Glutamin und Glutamat. Vom Volumen her sind Dünn- und Dickfilm-Temperatursensoren das wichtigste Standbein. Auch wenn man andere Parameter misst, die Temperatur muss man immer mitmessen. Im Bereich Temperatursensorik haben wir kontinuierlich Marktanteile gewonnen. Heute gehören wir zu den drei größten Anbietern. Strömungssensorik ist ein weiteres wichtiges Feld, außerdem kalibrierte Feuchtesensoren und Biosensoren. Wir haben ein sehr breites Portfolio und sind nicht auf eine Branche fokussiert.
Wirtschaftsforum: Bieten Sie hauptsächlich Standardprodukte an oder entwickeln Sie auch individuelle Lösungen?
Dr. Jörn Lützen: Neben einem großen Standardportfolio bieten wir kundenspezifische Lösungen beziehungsweise Variationen von Standardlösungen. Wir haben zum Beispiel ESA-zertifizierte Sensoren, die im Weltraum eingesetzt werden. Hierfür verfügen wir über entsprechende Zertifizierungen. Unsere Philosophie ist: Der Kunde hat eine Frage, ein Problem, und wir entwickeln gemeinsam eine Lösung. Dadurch erreichen wir einen hohen Bindungsgrad.
Wirtschaftsforum: Wie sind Sie bisher durch die Coronakrise gekommen?
Dr. Jörn Lützen: Manche Bereiche wurden schwieriger, aber durch die Akquisition von Innuscreen GmbH, einem Hersteller von Extraktionskits für PCR-Tests, konnten wir dies gut kompensieren. Gleichzeitig sind wir in China zweistellig gewachsen.
Wirtschaftsforum: Und der Krieg in der Ukraine?
Dr. Jörn Lützen: Probleme in den Lieferketten haben sich dadurch für uns bislang nicht ergeben, und das direkte Geschäft dort ist für uns nicht umsatzkritisch.
Wirtschaftsforum: Im Februar haben Sie die Führung der Dresdner Firma Infrasolid übernommen. Was war der Grund für die Übernahme?
Dr. Jörn Lützen: Wir wollten unser Produktportfolio erweitern. Infrasolid ist ein Hersteller von Infrarotstrahlern für die Gasanalyse, Materialerkennung und Spektroskopie.
Benjamin Buchbach: Unsere Infrarotstrahlungsquellen bieten auf kleinster Fläche sehr hohe Leistung. Eine starke Partnerin wie die IST AG erlaubt es uns, Wachstum im Bereich optische Sensorik zu generieren, während wir unser Produktangebot und unsere Fertigungskapazitäten ausweiten können. Unter anderem das starke Vertriebsnetz der IST bietet für uns ein großes Potenzial.
Wirtschaftsforum: Welche Bedeutung hat für Sie der deutsche Markt?
Dr. Jörn Lützen: Wir sind weltweit tätig, zurzeit wächst vor allem der asiatische Markt stark. Deutschland ist ein hervorragender Markt für technische Entwicklungen, hier werden innovative Lösungen verkauft.
Wirtschaftsforum: Haben Sie Probleme, Mitarbeiter zu finden?
Dr. Jörn Lützen: Vor allem Spezialisten für Sensortechnik sind nicht einfach zu finden. Wir haben eine starke Mutter im Hintergrund, die langfristig denkt und in Maschinen und Technik investiert. Aber am Ende sind es die Menschen, die den Unterschied machen. Wir sind ein gutes Team mit flachen Hierarchien, bei uns duzen sich alle.
Wirtschaftsforum: Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Dr. Jörn Lützen: Unser Ziel ist, zum Weltmarktführer in der Sensortechnik zu werden und es unseren Kunden so zu ermöglichen, ihre Märkte weltweit mit neuen Innovationen und Produktdesigns zu beliefern. Unsere Vision ist, als DER Lösungsanbieter für Sensorik wahrgenommen zu werden.