„Die Natur in die Flasche bringen“

Interview mit Max Schönleber, Kellermeister der Fritz Allendorf Weinhandel GmbH & Co. KG

Wirtschaftsforum: Herr Schönleber, welche Meilensteine würden Sie in der langen Historie des Weinguts Fritz Allendorf besonders hervorheben?

Max Schönleber: Meine Familie ist seit 1292 im Rheingau verwurzelt. Ein bedeutender Schritt war 1955 die Übernahme und Neuaufstellung des Guts durch meinen Großvater Fritz Allendorf, der den Betrieb vom Neben- in den Vollerwerb führte. Wichtig war für uns auch die Aufnahme in den Verband deutscher Prädikatsweingüter VDP. Das Unternehmen ist immer langsam und gesund gewachsen. Dabei haben wir uns stets an den Markt angepasst. In der Vergangenheit waren wir zum Beispiel deutlich exportlastiger und haben viel nach Asien verkauft. Während wir früher Schwerpunkte auf Gastronomie und Hotellerie gesetzt haben, ist unser Ziel heute, auf vielen Standbeinen zu stehen. Daher setzen wir nun auch auf den Einzelhandel und Lebensmittelmarkt, was uns in der Corona-Krise sehr geholfen hat.

Wirtschaftsforum: Gehören neben dem Weingut noch weitere Betriebe zum Unternehmen?

Max Schönleber: Das Herzstück des Unternehmens ist unser 70 ha großes Weingut im Rheingau, das sich über 25 km den Rhein entlang zieht. Daneben betreiben wir einen Gutsausschank mit Vinothek in unserem Stammhaus, zwei Restaurants sowie eine Vinothek in Rüdesheim. Insgesamt beschäftigen wir knapp 50 Mitarbeiter.

Wirtschaftsforum: Als Mitglied einer Familie, die sich seit Jahrhunderten dem Wein verschrieben hat, haben Sie sicher eine ganz besondere Verbindung zu dem Weingut?

Max Schönleber: Ja, allerdings. Ich wurde in das Gut hineingeboren – und hatte Glück, dass meine Familie in einer so schönen Branche tätig ist. Seit 2012 bin ich als Kellermeister im Unternehmen, nehme aber auch Geschäftsführungsaufgaben wahr. Das Schöne ist, dass man als Winzer nicht viele Aufgaben abgeben muss. Die Idee, die Philosophie und damit das, worin mein Herzblut steckt, nämlich Weine herzustellen und in ihrer Entwicklung zu begleiten, bleiben immer im Fokus. Trotz aller Modernisierung sind wir noch waschechte Handwerker. Die Arbeit ist viel mehr als ein Beruf, sie ist eine Berufung. Man muss sie leben und lieben. Ich mache mir viele Gedanken darüber, wie ein Wein sein soll und wie ich die Landschaft und die Natur in die Flasche bringe. Unsere Weine tragen meine Handschrift.

Wirtschaftsforum: Welche Weine stellen Sie her?

Max Schönleber: Der Rheingau ist sehr geprägt von einer Rebsorte, dem Riesling. Unser zweites Standbein ist der Spätburgunder. In diesen Rebsorten kommt Qualität am besten zur Geltung, und beide stehen für Deutschland. Deutsche Weine sind klimabedingt gekennzeichnet durch einen moderaten Alkoholgehalt; es sind Weine mit Trinkfluss. Nur einen kleinen Teil machen bei uns Chardonnay und Pinot Meunier für unseren Sekt aus, ebenso Roter Riesling und Gewürztraminer. Zu unseren wichtigsten Weinen gehören die Ortsweine, insbesondere der Winkeler Riesling, der zu 100% für unseren Ort steht und der in der Herstellung noch sehr ursprünglich und natürlich ist. Das Pendant dazu ist der Assmannshäuser Spätburgunder. Bei ihm wirken sich die spezielle Bodenbeschaffenheit der Steilhänge, auf denen er wächst, und die Nähe zum Rhein auf einzigartige Weise aus. Diese Rotweine haben eine feine Frucht und einen leicht süßsalzigen Geschmack.

Wirtschaftsforum: Worauf stützen Sie die Vermarktung Ihrer Weine?

Max Schönleber: Wir stellen das Familienthema und die Menschen, die hinter unseren Weinen stehen, sehr in den Vordergrund. Daher ist unser Motto ‚Ohne Mensch kein Wein‘. Mit Familie sind hier auch unsere Mitarbeiter gemeint. Neben den klassischen Weintrinkern sprechen wir mit unserer neuen Lifestyle-Linie ‘Save WATER drink RIESLING’ auch junge Leute an.

Wirtschaftsforum: Was zeichnet das Weingut Fritz Allendorf neben seinen Weinen besonders aus?

Max Schönleber: Ein wesentlicher Punkt ist Innovation: Es ist wichtig, der Zeit immer ein Stück voraus zu sein. Natürlich spielt das Marketing eine große Rolle, aber im Grunde geht es mehr darum, dass das, was man tut, ehrlich ist.

Wirtschaftsforum: Worin liegt Ihr persönlicher Antrieb für das, was Sie tun?

Max Schönleber: Zum einen trage ich natürlich die Verantwortung für ein familiäres Erbe. Aber mein Antrieb ist die bedingungslose Liebe zu der Arbeit, in die ich hineingewachsen bin. Es ist genau das, was ich machen will. Für mich fühlt es sich an, als ob der Rheingauer Riesling schon immer in meinen Adern fließen würde.

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