Wenn Kühe den Takt angeben

Interview mit Martin Huber, Geschäftsführer der DeLaval GesmbH

Wirtschaftsforum: Herr Huber, welche Rolle spielt DeLaval in der österreichischen Milchwirtschaft?

Martin Huber: DeLaval ist ein globales Unternehmen mit einer 140-jährigen Geschichte und seit Jahrzehnten führend bei Innovationen in der Milchviehhaltung. In Österreich und auf dem Westbalkan leite ich seit 2020 ein Team von 20 Mitarbeitern, und zusammen mit unseren Händlern betreuen rund 110 Spezialisten täglich unsere Kunden. Unser Fokus liegt auf automatisierten Lösungen für die Milchproduktion – von Melkrobotern über Fütterungssysteme bis hin zu digitalen Lösungen für das Herdenmanagement.

Wirtschaftsforum: Warum wird Automatisierung in der Milchviehwirtschaft immer wichtiger – und welche Vorteile bringt sie für Kühe und Landwirte?

Martin Huber: Die Milchviehwirtschaft steht vor großen Herausforderungen: Die Zahl der Betriebe sinkt, während die verbleibenden wachsen und gleichzeitig mit einem zunehmenden Fachkräftemangel kämpfen. Viele Landwirte suchen nach Möglichkeiten, Arbeit effizienter zu gestalten und Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Automatisierte Systeme wie Melk-, Fütterungs- oder Entmistungsroboter sowie intelligente Sensorik bieten hier konkrete Entlastung. Die Systeme ermöglichen einen Wandel vom konventionellen Melken, bei dem die Tiere zweimal täglich zu festen Zeiten gemolken werden, hin zu einem System, bei dem sich die Tiere frei bewegen und selbst entscheiden können, wann sie zum Melken oder Fressen gehen. Das steigert das Tierwohl und gibt auch den Landwirten mehr Freiraum. Unsere Lösungen bieten hier konkrete Entlastung und helfen dabei, Rentabilität, Arbeitseffizienz, Tierwohl und Lebensmittelsicherheit besser in Einklang zu bringen.

Wirtschaftsforum: Wie entwickelt sich der Markt für automatisierte Lösungen in Österreich?

Martin Huber: Aktuell melken 10% der österreichischen Milchviehbetriebe mit automatischen Melksystemen. Studien prognostizieren einen Anstieg auf 25% bis 40% in den nächsten zehn Jahren. Allein bei DeLaval haben wir zwischen 2021 und 2024 einen Zuwachs von 70% bei unseren Melkrobotern verzeichnet. Diese Zahlen verdeutlichen den starken Wandel im Markt und das enorme Potenzial für weitere Automatisierung.

Wirtschaftsforum: Ab welcher Betriebsgröße lohnt sich die Anschaffung eines Melkroboters?

Martin Huber: Das variiert stark je nach Betrieb. Manche Landwirte sagen, dass sich ein Melkroboter ab 50 oder 60 Kühen rechnet, andere investieren bereits bei 20 Kühen in die Technologie. Die Beweggründe sind unterschiedlich: Einige treffen ihre Entscheidung basierend auf betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, andere schätzen vor allem die gewonnene Flexibilität. Besonders in Regionen mit Tourismusangeboten wie ‘Urlaub am Bauernhof’ entscheiden sich viele für Automatisierung, um freie Zeiten für andere Tätigkeiten zu schaffen.

Wirtschaftsforum: Müssen Landwirte für die Einführung Ihrer Systeme komplett neu bauen?

Martin Huber: Nein, und das ist ein großer Vorteil. Über 80% unserer automatischen Melk- und Fütterungsanlagen werden in bestehende Ställe eingebaut. Unsere Lösungen sind modular aufgebaut und lassen sich gut in vorhandene Strukturen integrieren. Das ist besonders wichtig, da nach der Coronapandemie die Baukosten und Zinsen stark gestiegen sind, was Neubauten für viele Landwirte erschwert.

Wirtschaftsforum: Wie sieht es mit der Digitalisierung in der Landwirtschaft aus?

Martin Huber: Die Digitalisierung ist in der Landwirtschaft schon viel weiter fortgeschritten, als viele glauben. Mit KI analysieren wir immer mehr Daten von den Tieren, wodurch Landwirte ihre Herden besser verwalten und überwachen können. Daten zu haben ist das eine, sie richtig zu interpretieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen das andere. Hier unterstützt uns bereits KI, aber auch die persönliche Beratung vor Ort bleibt entscheidend.

Wirtschaftsforum: Was ist Ihnen persönlich besonders wichtig zu vermitteln?

Martin Huber: Ein großes persönliches Anliegen ist es mir, das Bild der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit realistischer zu zeigen. Viele Menschen wissen heute nicht, wie unsere Landwirte arbeiten und was alles für Tierwohl und Umweltschutz aufgewendet wird. Hier besteht ein großer Handlungsbedarf, der Bevölkerung bewusst zu machen, welche täglichen Leistungen von unseren Kunden erbracht werden. Die Landwirtschaft und speziell die Milchviehwirtschaft ist heute viel fortschrittlicher und technologisch anspruchsvoller, als viele denken – und leistet einen wesentlichen Beitrag zu unserer Versorgung.

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