Von Gefahrstoffen zur grünen Alternative

Interview mit Iris Zerfaß, Vorstand der FRAGOL AG

Wirtschaftsforum: Frau Zerfaß, seit wann existiert Ihr Unternehmen, und wie hat es sich entwickelt?

Iris Zerfaß: Unser Unternehmen wurde 1962 als eine Tochter der BRENNTAG AG gegründet. 2004 hat mein Vater, der seit mehr als 20 Jahren Geschäftsführer war, die Firma mit einem Management Buyout übernommen. Seitdem sind wir ein Familienunternehmen. 2017 haben wir umfirmiert in eine Aktiengesellschaft. Wir beschäftigen 33 Mitarbeiter und haben 2021 einen Jahresumsatz von 20 Millionen EUR erwirtschaftet, der gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen ist – 2020 waren es noch 16 Millionen EUR. Hier wirken sich natürlich die enormen Preissteigerungen aus, aber auch unser Ertrag ist deutlich gewachsen.

Wirtschaftsforum: Welche Produkte bietet die FRAGOL an?

Iris Zerfaß: Unser erster Geschäftsbereich sind Wärmeträgerflüssigkeiten. Sie werden überall benötigt, wo es um die Übertragung von Wärme und Kälte geht, zum Beispiel in der chemischen Industrie, der Spanplattenindustrie, in Großbäckereien oder in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie. Hier sind wir europaweit der Anbieter mit dem größten Portfolio. Denn neben eigenen Produkten, die wir von Partnern produzieren lassen, verkaufen wir auch zugekaufte. Wir können uns deshalb flexibel danach richten, welche Produkte gerade für die Anwendung am besten sind. Unser zweiter Geschäftsbereich sind Industrieschmierstoffe. Hier sind wir Distributeur für die Marke Anderol und entwickeln auch eigene Produkte. Unser Schwerpunkt liegt auf Schmierstoffen für die Lebensmittelindustrie. Mit dieser Aufstellung sind wir recht krisenunabhängig.

Wirtschaftsforum: Seit wann sind Sie selbst im Unternehmen?

Iris Zerfaß: 2013 bin ich eingestiegen und seit 2014 Geschäftsführerin. Mit der Umfirmierung 2017 wurde ich dann Vorstand. Der Übergang von meinem Vater auf mich war fließend und lief sehr problemlos ab. Meine Aufgabe sehe ich darin, die Infrastruktur dafür zu schaffen, dass jeder im Unternehmen gut arbeiten kann. Ich sorge dafür, dass die Mitarbeiter alles haben, was sie brauchen, und stehe ihnen nicht im Weg. Meine Tür steht immer offen.

Wirtschaftsforum: Welche Themen beschäftigen Sie aktuell besonders?

Iris Zerfaß: Neben der Digitalisierung beschäftige ich mich vor allem mit dem Thema Nachhaltigkeit. Ein Aspekt, der mir persönlich sehr wichtig ist, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. In Deutschland sind wir in dieser Hinsicht noch nicht dort, wo wir sein sollten. Mütter und Väter werden ungleich behandelt. Ich finde es wichtig, dass die Väter ebenso viel Verantwortung in der Kindererziehung übernehmen wie die Mütter und auch die Möglichkeit bekommen, Elternzeit zu nehmen. Das müssten die Arbeitgeber mehr unterstützen. Ich habe selbst zwei Kinder und tolle Mitarbeiter mit Kindern, die auch die schwierige Coronazeit mit Homeoffice und Homeschooling gut gemeistert haben. Die Hauptlast trugen aber die Frauen.

Wirtschaftsforum: Wohin soll die Reise beim Thema Nachhaltigkeit gehen?

Iris Zerfaß: Viele Produkte im Wärmeträgerbereich sind Gefahrstoffe. Wir arbeiten an nachhaltigen und umweltverträglichen Alternativen und haben dazu bereits erste Projekte umgesetzt. Nachhaltig bedeutet zum Beispiel auch, Produktlaufzeiten zu verlängern. Die Kunden sind an solchen Alternativen interessiert, sorgen sich aber um die Performance. Denn das Wärmeträgersystem ist der Kern einer Anlage. Eine hochwertige und kompetente technische Beratung ist deshalb ganz wichtig.

Wirtschaftsforum: Welche Pläne haben Sie für die nächsten Jahre?

Iris Zerfaß: Ein Ziel für die nächsten Jahre ist, ein großes grünes Portfolio anbieten zu können. Wir streben weiterhin stetiges Wachstum an und wollen unser internationales Geschäft ausbauen. Mein oberstes Ziel ist, dass die FRAGOL auch in 30 Jahren noch gesund ist und ich ein erfolgreiches Unternehmen weitergeben kann.

Mehr zum Thema Chemie

„Je ausgefallener, desto lieber!“

Interview mit Gernot Ramsauer, Geschäftsführer der Langguth + Co. GmbH

„Je ausgefallener, desto lieber!“

Erst, wenn es herausfordernd wird, macht es so richtig Spaß. Das ist die Einstellung von Gernot Ramsauer, Geschäftsführer der Langguth + Co. GmbH. Das familiengeführte Unternehmen mit Sitz im Nürnberg…

Problemlöser und Formgeber

Interview mit Thomas Schumacher und Thomas Simon, Geschäftsführer der Berthold Kunrath Gruppe

Problemlöser und Formgeber

Der Werkzeugbau ist eine wichtige Säule der deutschen Industrie und gilt als Rückgrat verschiedener Schlüsseltechnologien; beispielhaft ist die Automobilindustrie. Es sind vor allem kleine und mittelständische Betriebe, die den Sektor…

Die Bewegungskünstler

Interview mit Ralph Breuer, Geschäftsführer der Stromag GmbH

Die Bewegungskünstler

Sie sind unscheinbar, spielen aber in unterschiedlichsten Industrien eine Schlüsselrolle, weil sie im Hintergrund für den reibungslosen Betrieb von Windkraftanlagen, Landmaschinen, Aufzügen, Krananlagen oder Motoren sorgen: schaltbare Kupplungen, Bremsen, hochelastische…

Spannendes aus der Region Mülheim an der Ruhr

Digitale Innovation in der Pflege

Interview mit Dieter Weißhaar, CEO der myneva Group GmbH

Digitale Innovation in der Pflege

Die myneva Group GmbH ist ein europaweit agierendes Softwareunternehmen, das sich auf digitale Lösungen im Pflegebereich spezialisiert hat. Unter der Leitung von CEO Dieter Weißhaar verfolgt das Unternehmen das Ziel,…

Wir gestalten Zuhause

Interview mit Nina Hamann-Hensel, Geschäftsführerin der Möbel Hensel GmbH

Wir gestalten Zuhause

Die Pandemie hat vielen Menschen bewusst gemacht, dass die eigenen vier Wände mehr sind als nur ein Platz zum Wohnen und Übernachten. Sie sind ein Zuhause, ein wichtiger Rückzugsort. Genau…

Durchblick mit Weitblick

Interview mit Thomas Rustige, kaufmännischer Prokurist und Manuel Nicolai, Vertriebsleiter der Gebr. Otto und Heinrich Müller Holzbearbeitung GmbH

Durchblick mit Weitblick

Im Fensterbau geht es heute um weit mehr als nur den Durchblick: Höchste Präzision, nachhaltige Materialien und smarte Technologien bestimmen das Bild. Die Gebr. Otto und Heinrich Müller Holzbearbeitung GmbH…

Das könnte Sie auch interessieren

Der Mut zur Zukunft

Interview mit Thomas Block-Deponte, Prokurist der SCHIELICKE BAU Hoch-, Tief- und Ingenieurbau GmbH

Der Mut zur Zukunft

Seit 120 Jahren prägt die SCHIELICKE BAU Hoch-, Tief- und Ingenieurbau GmbH mit unternehmerischem Weitblick und Pioniergeist die Baubranche in Beelitz und darüber hinaus. Vom kleinen Handwerksbetrieb hat sich das…

„Wir gestalten die Elektro-Infrastruktur der Zukunft“

Interview mit Matthias Gerstberger, Director of Marketing der OBO Bettermann Holding GmbH & Co. KG

„Wir gestalten die Elektro-Infrastruktur der Zukunft“

Im Zuge der Transformation von Bauprojekten, wachsender Nachhaltigkeitsanforderungen, zunehmender Technologiedichte und internationaler Marktdynamiken ist die Elektroinstallationstechnik gefordert wie nie zuvor. Das Familienunternehmen OBO Bettermann aus Menden begegnet diesen Herausforderungen mit…

Transformation greift: Der neue Takt im Küchenmarkt

Interview mit Dr. Mehdi Al-Radhi, Geschäftsführer und Jochen Püls, Vertriebsleiter der Impuls Küchen GmbH

Transformation greift: Der neue Takt im Küchenmarkt

Als Spezialist für Küchenmöbel im Preiseinstieg verbindet die Impuls Küchen GmbH moderne Gestaltung mit industrieller Präzision und Preisbewusstsein mit Qualitätsanspruch. Was braucht es, um ein Traditionsunternehmen zum agilen Vorreiter im…

TOP