Es kann nicht sein, dass Fehlleistungen honoriert werden!

Interview mit Wolfgang Grupp, Eigentümer und Geschäftsführer der Trigema Inh. W. Grupp e.K.

Wirtschaftsforum: Herr Grupp, Sie haben über die Jahre mit Trigema ein Vorzeigunternehmen mit klarem Bekenntnis zum Standort Deutschland geschaffen. Warum sind Sie so standorttreu?

Wolfgang Grupp:  Wenn Sie mir sagen, ich hätte eine Affinität zum Produktionsstandort Deutschland, dann stelle ich gerne die Gegenfrage: Können Sie mir einen deutschen Textilhersteller nennen, der mit seinen Auslandsproduktionen erfolgreich war? Ist Schiesser damit erfolgreich gewesen? Konkurs! War Jockey erfolgreicher, als alle Arbeitsplätze abgebaut worden waren? Konkurs! Wir hatten hier in Burladingen selbst 26 Textilbetriebe. Die allermeisten haben versucht, im Ausland zu produzieren. Konkurs! Sind Sie wirklich der Meinung, dass ein Poloshirt, das im Geschäft 100 EUR kostet, nicht mehr in Deutschland hergestellt werden kann? Ich verdiene seit 40 Jahren hier in Deutschland gutes Geld. Es gibt überhaupt keinen Grund, aus dem Standort abzuwandern.

Wirtschaftsforum: Der Unternehmenserfolg ist aber auch direkt mit Ihrer Person verknüpft. Wie sorgen Sie als Eigentümer und Geschäftsführer für die positiven Zahlen bei Trigema?

Wolfgang Grupp:  Meine Aufgabe ist es, jeden Tag die kleinen Probleme zu lösen, damit ich kein Großes habe. Ich möchte auf gar keinen Fall dieser ewigen Gier nach Mehr erliegen, sondern rechtzeitig den Wandel der Zeit erkennen und danach handeln. Dreimal habe ich alle meine Kunden austauschen müssen. Wo sind die großen Versandhändler und die großen Kaufhäuser heute? Als ich erkennen musste, dass diese Kunden Preise drückten, wechselte ich in den SB-, dann in den Discountbereich. Am Schluss stellte ich fest, dass ich selbst Teile der Handelsfunktion übernehmen musste, um nicht in die totale Abhängigkeit zu geraten. Vor 25 - 30 Jahren hätte ich mir nicht träumen lassen, als ich noch Zig-Tausend Teile an meine Großkunden liefern durfte, dass ich 20 Jahre später diese einzeln an den Endverbraucher selber liefern muss, um meine Arbeitsplätze auch weiterhin garantieren zu können. Aber: Solange die Menschheit nicht nackt herumläuft, muss ich als Produzent etwas zu produzieren haben. Denn wenn andere das können, muss ich es auch können!  

Wolfgang Grupp
„Ich verdiene seit 40 Jahren hier in Deutschland gutes Geld. Es gibt überhaupt keinen Grund aus dem Standort abzuwandern.“ Wolfgang Grupp

Wirtschaftsforum: Jetzt geht es bei vielen Unternehmen zunehmend um Zukunftsfähigkeit. Wie lässt sich Letztere denn heutzutage überhaupt noch sicherstellen?

Wolfgang Grupp: Ich kann die Zukunft nicht voraussehen [energisch]. Aber ich kann entscheiden, und zwar von Tag zu Tag. Wenn sich die Situation für das Unternehmen ändert, muss ich auch meine Entscheidung dem neuesten Kenntnisstand anpassen und zwar konstant. Der schlimmste Fehler ist es, keine Entscheidung zu treffen! Das ist doch wirklich nicht so schwierig.

Wirtschaftsforum: Sie sind ein profilierter Kopf innerhalb der deutschen Wirtschaft, gleichzeitig auch sozial engagiert. Entspricht dieses Engagement Ihrem Selbstverständnis?

Wolfgang Grupp: Ich bin Kapitalist und Egoist [lacht]. Im Ernst, es ist doch eigentlich ganz einfach: Je besser es meinen Mitarbeitern geht, desto größer ist auch der unternehmerische Erfolg. Ich lege Wert auf Gerechtigkeit und Fairness, das ist ein Geben und Nehmen. Dabei gibt es bei Trigema zum Beispiel keinen Unterschied in der Anrede der Mitarbeiter. Jeder wird korrekt mit dem Nachnamen angesprochen. Das ist für mich ein Zeichen der Wertschätzung. Für mich hat dieser Umgang in diesem Sinne nichts mit sozial zu tun. Sozial ist dagegen mein Engagement mit meiner Stiftung, das macht sich ja konkret an Projekten hier am Ort bemerkbar.

Wirtschaftsforum: Aktuell wird in der öffentlichen Diskussion viel über das Thema Gerechtigkeit gesprochen. Sollten sich Unternehmer in Deutschland diesem Thema besonders verpflichtet fühlen.

Wolfgang Grupp: Ich fordere, dass derjenige, der Fehler in der Marktwirtschaft macht, auch dafür bezahlen muss. Ich befürworte deshalb schon lange die persönliche Haftung für die Entscheidungsträger in der Wirtschaft, wie ich sie selbst auch trage. Denken Sie an die Geschehnisse bei VW, da erhalten Manager für fatale Entscheidungen Ablösesummen in Millionenhöhe. Es kann nicht sein, dass Fehlleistungen honoriert werden. Ich habe dazu einen Vorschlag: Man sollte die Einkommenssteuer auf 60% hochsetzen. Jeder, der mit einer persönlich haftenden Rechtsform auftritt, erhält einen Steuerrabatt von 50%. Die Entscheidung liegt also bei jedem Einzelnen selbst. Dann wird sich die Spreu vom Weizen trennen, denn wer trotz des Rabatts bei den 60% bleibt, traut seiner eigenen Entscheidung nicht. Das würde ich auf allen Ebenen so machen.

Wolfgang Grupp
„Ich fordere, dass derjenige, der Fehler in der Marktwirtschaft macht, auch dafür bezahlen muss.“ Wolfgang Grupp

Wirtschaftsforum: Es ist Wahljahr und das nicht nur in Deutschland. Wie bewerten Sie gegenwärtige politische Entwicklungen auf nationaler sowie internationaler Ebene?

Wolfgang Grupp:  Jetzt ist die Flüchtlingspolitik von Frau Merkel natürlich in der Diskussion. Es war von ihr richtig zu sagen: Wir schaffen das! Aber in den Folgemonaten nach den Anschlägen hätte Sie auch sagen müssen, dass wir ordentliche Grenzkontrollen brauchen, die für Europa im Ganzen noch nicht funktionieren. Prinzipiell ist Europa eine tolle Geschichte, aber so lange einige Dinge auf der Gesamtebene nicht gelöst sind, müssen sie eben auf nationaler Ebene angegangen werden. Aber nochmals: Ich verstehe Europa als ein großes Geschenk, dessen Erhalt auch große Anstrengungen wert ist.

Interview: Markus Büssecker

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